Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.ter eingetheiler sind, wohin man Richter gesetzet / welche die Dänischen Gesetze wohl inne haben. Denn daselbst werden die Streit-Händel der Unterthanen nicht nach dem Justinianeischen oder Päbstlichen Recht entschieden, sondern bloß nach den Dänischen Gesetzen, welche Waldemarus II. soll haben in ein Corpus zusammen bringen lassen. Dieses Cimbrische Recht ist unter dem König Christiano IV. verbessert und eingeführet worden / dahero in diesem Reiche vor die Juristen und Advocaten nicht viel zu thun ist, weil alles auf die alten statuta ankommt. Und von den Schweden schreibt er also: In Schweden gilt kein Römisches Jus civile. Die vorkommende Streit-Sachen werden nach ihrem National-Recht ausgemacht, welches schon fast vor dreyhundert Jahren aus denen Upländischen und West-Gothischen Gesetzen zusammen gelesen ist. Siehe noch ferner von den Schweden Loccenium g) und von den Dänen den unbenannteng) Histor. Suec. l. 8. ad an. 1615. p. 524. & Antiquit. Suec. Goth. c. 2. 3. 4. Autorem der Vertheidigung des Dänischen Staats h) Weit anders ist es nun mit andern Europaeischen Völckern bewandt, welche, nachdem sie ihre alten Sitten und Gesetze weggeworffen, oder dieselben mit fremden Rechten vermenget, schon eine geraume Zeit mit verdrießlichen Processen sind geplagt gewesen. Die gesunden pflegen eine gantz andere Diaet zu halten, als die Krancken, als welche leicht hinfallen würden,h) Vertheid. des Staats von Dännemarck. F. 1. 6. u. R. 3. a. wenn ihnen in ihrer Kranckheit eine solche Lebens-Art vorgeschrieben würde, welche gesunde Menschen in acht nehmen. Es scheinet auch, als wenn der berühmte Autor, welcher diesen Rath giebt, solches alles schon eingesehen. Denn was wäre sonst nöthig gewesen, daß er den Nachdruck der Clausul: Sola facti veritate inspecta, aus dem Canonischen Rechte, welches er doch selbst vor die Qvelle der Weitläuftigkeit in Processen hält i) oder aus denen Canonisten k) mit grosseri) D. Disp. §. 1. Mühe und Arbeit erzehlete und untersuchete? und dennoch nach geschehener Sache wenig dadurch erlanget, gleich als in einer dunckelnk) ibid. §. 7. seq. und zweiffelhafften Handlung. Warum hat man nicht das Schwedische und Dänische Corpus Juris zum Gebrauch vorgeschlagen, oder warum ist nicht zum wenigsten aus demselbigen, oder aus denen Processen, wie sie in Schweden und Dännemarck gewöhnlich sind, als aus einer gewisseren und vernünfftigern Qvelle, und die nicht in der Juristen ihrer blossen Einbildung bestehet die Krafft und Nachdruck dieser Formul erklähret und bewiesen worden? ter eingetheiler sind, wohin man Richter gesetzet / welche die Dänischen Gesetze wohl inne haben. Denn daselbst werden die Streit-Händel der Unterthanen nicht nach dem Justinianeischen oder Päbstlichen Recht entschieden, sondern bloß nach den Dänischen Gesetzen, welche Waldemarus II. soll haben in ein Corpus zusammen bringen lassen. Dieses Cimbrische Recht ist unter dem König Christiano IV. verbessert und eingeführet worden / dahero in diesem Reiche vor die Juristen und Advocaten nicht viel zu thun ist, weil alles auf die alten statuta ankommt. Und von den Schweden schreibt er also: In Schweden gilt kein Römisches Jus civile. Die vorkommende Streit-Sachen werden nach ihrem National-Recht ausgemacht, welches schon fast vor dreyhundert Jahren aus denen Upländischen und West-Gothischen Gesetzen zusammen gelesen ist. Siehe noch ferner von den Schweden Loccenium g) und von den Dänen den unbenannteng) Histor. Suec. l. 8. ad an. 1615. p. 524. & Antiquit. Suec. Goth. c. 2. 3. 4. Autorem der Vertheidigung des Dänischen Staats h) Weit anders ist es nun mit andern Europaeischen Völckern bewandt, welche, nachdem sie ihre alten Sitten und Gesetze weggeworffen, oder dieselben mit fremden Rechten vermenget, schon eine geraume Zeit mit verdrießlichen Processen sind geplagt gewesen. Die gesunden pflegen eine gantz andere Diaet zu halten, als die Krancken, als welche leicht hinfallen würden,h) Vertheid. des Staats von Dännemarck. F. 1. 6. u. R. 3. a. wenn ihnen in ihrer Kranckheit eine solche Lebens-Art vorgeschrieben würde, welche gesunde Menschen in acht nehmen. Es scheinet auch, als wenn der berühmte Autor, welcher diesen Rath giebt, solches alles schon eingesehen. Denn was wäre sonst nöthig gewesen, daß er den Nachdruck der Clausul: Sola facti veritate inspecta, aus dem Canonischen Rechte, welches er doch selbst vor die Qvelle der Weitläuftigkeit in Processen hält i) oder aus denen Canonisten k) mit grosseri) D. Disp. §. 1. Mühe und Arbeit erzehlete und untersuchete? und dennoch nach geschehener Sache wenig dadurch erlanget, gleich als in einer dunckelnk) ibid. §. 7. seq. und zweiffelhafften Handlung. Warum hat man nicht das Schwedische und Dänische Corpus Juris zum Gebrauch vorgeschlagen, oder warum ist nicht zum wenigsten aus demselbigen, oder aus denen Processen, wie sie in Schweden und Dännemarck gewöhnlich sind, als aus einer gewisseren und vernünfftigern Qvelle, und die nicht in der Juristen ihrer blossen Einbildung bestehet die Krafft und Nachdruck dieser Formul erklähret und bewiesen worden? <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0173" n="165"/> ter eingetheiler sind, wohin man Richter gesetzet / welche die Dänischen Gesetze wohl inne haben. Denn daselbst werden die Streit-Händel der Unterthanen nicht nach dem Justinianeischen oder Päbstlichen Recht entschieden, sondern bloß nach den Dänischen Gesetzen, welche Waldemarus II. soll haben in ein Corpus zusammen bringen lassen. Dieses Cimbrische Recht ist unter dem König Christiano IV. verbessert und eingeführet worden / dahero in diesem Reiche vor die Juristen und Advocaten nicht viel zu thun ist, weil alles auf die alten statuta ankommt. Und von den Schweden schreibt er also: In Schweden gilt kein Römisches Jus civile. Die vorkommende Streit-Sachen werden nach ihrem National-Recht ausgemacht, welches schon fast vor dreyhundert Jahren aus denen Upländischen und West-Gothischen Gesetzen zusammen gelesen ist. Siehe noch ferner von den Schweden Loccenium g) und von den Dänen den unbenannten<note place="right">g) Histor. Suec. l. 8. ad an. 1615. p. 524. & Antiquit. Suec. Goth. c. 2. 3. 4.</note> Autorem der Vertheidigung des Dänischen Staats h) Weit anders ist es nun mit andern Europaeischen Völckern bewandt, welche, nachdem sie ihre alten Sitten und Gesetze weggeworffen, oder dieselben mit fremden Rechten vermenget, schon eine geraume Zeit mit verdrießlichen Processen sind geplagt gewesen. Die gesunden pflegen eine gantz andere Diaet zu halten, als die Krancken, als welche leicht hinfallen würden,<note place="right">h) Vertheid. des Staats von Dännemarck. F. 1. 6. u. R. 3. a.</note> wenn ihnen in ihrer Kranckheit eine solche Lebens-Art vorgeschrieben würde, welche gesunde Menschen in acht nehmen. Es scheinet auch, als wenn der berühmte Autor, welcher diesen Rath giebt, solches alles schon eingesehen. Denn was wäre sonst nöthig gewesen, daß er den Nachdruck der Clausul: Sola facti veritate inspecta, aus dem Canonischen Rechte, welches er doch selbst vor die Qvelle der Weitläuftigkeit in Processen hält i) oder aus denen Canonisten k) mit grosser<note place="right">i) D. Disp. §. 1.</note> Mühe und Arbeit erzehlete und untersuchete? und dennoch nach geschehener Sache wenig dadurch erlanget, gleich als in einer dunckeln<note place="right">k) ibid. §. 7. seq.</note> und zweiffelhafften Handlung. Warum hat man nicht das Schwedische und Dänische Corpus Juris zum Gebrauch vorgeschlagen, oder warum ist nicht zum wenigsten aus demselbigen, oder aus denen Processen, wie sie in Schweden und Dännemarck gewöhnlich sind, als aus einer gewisseren und vernünfftigern Qvelle, und die nicht in der Juristen ihrer blossen Einbildung bestehet die Krafft und Nachdruck dieser Formul erklähret und bewiesen worden?</p> </div> </body> </text> </TEI> [165/0173]
ter eingetheiler sind, wohin man Richter gesetzet / welche die Dänischen Gesetze wohl inne haben. Denn daselbst werden die Streit-Händel der Unterthanen nicht nach dem Justinianeischen oder Päbstlichen Recht entschieden, sondern bloß nach den Dänischen Gesetzen, welche Waldemarus II. soll haben in ein Corpus zusammen bringen lassen. Dieses Cimbrische Recht ist unter dem König Christiano IV. verbessert und eingeführet worden / dahero in diesem Reiche vor die Juristen und Advocaten nicht viel zu thun ist, weil alles auf die alten statuta ankommt. Und von den Schweden schreibt er also: In Schweden gilt kein Römisches Jus civile. Die vorkommende Streit-Sachen werden nach ihrem National-Recht ausgemacht, welches schon fast vor dreyhundert Jahren aus denen Upländischen und West-Gothischen Gesetzen zusammen gelesen ist. Siehe noch ferner von den Schweden Loccenium g) und von den Dänen den unbenannten Autorem der Vertheidigung des Dänischen Staats h) Weit anders ist es nun mit andern Europaeischen Völckern bewandt, welche, nachdem sie ihre alten Sitten und Gesetze weggeworffen, oder dieselben mit fremden Rechten vermenget, schon eine geraume Zeit mit verdrießlichen Processen sind geplagt gewesen. Die gesunden pflegen eine gantz andere Diaet zu halten, als die Krancken, als welche leicht hinfallen würden, wenn ihnen in ihrer Kranckheit eine solche Lebens-Art vorgeschrieben würde, welche gesunde Menschen in acht nehmen. Es scheinet auch, als wenn der berühmte Autor, welcher diesen Rath giebt, solches alles schon eingesehen. Denn was wäre sonst nöthig gewesen, daß er den Nachdruck der Clausul: Sola facti veritate inspecta, aus dem Canonischen Rechte, welches er doch selbst vor die Qvelle der Weitläuftigkeit in Processen hält i) oder aus denen Canonisten k) mit grosser Mühe und Arbeit erzehlete und untersuchete? und dennoch nach geschehener Sache wenig dadurch erlanget, gleich als in einer dunckeln und zweiffelhafften Handlung. Warum hat man nicht das Schwedische und Dänische Corpus Juris zum Gebrauch vorgeschlagen, oder warum ist nicht zum wenigsten aus demselbigen, oder aus denen Processen, wie sie in Schweden und Dännemarck gewöhnlich sind, als aus einer gewisseren und vernünfftigern Qvelle, und die nicht in der Juristen ihrer blossen Einbildung bestehet die Krafft und Nachdruck dieser Formul erklähret und bewiesen worden?
g) Histor. Suec. l. 8. ad an. 1615. p. 524. & Antiquit. Suec. Goth. c. 2. 3. 4.
h) Vertheid. des Staats von Dännemarck. F. 1. 6. u. R. 3. a.
i) D. Disp. §. 1.
k) ibid. §. 7. seq.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/173>, abgerufen am 16.02.2025. |