Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.tenb) Disser. de judic. prin- cip. juxta solam facti veritat. §. 3. circa sin.unerfahrne, die aber eine natürliche Klugheit und Erfahrenheit in öffentlichen Geschäfften haben, zu dieser Arbeit gebraucht würden, damit dieselben nach Anleitung ihrer natürlichen Klugheit eine Art vorschrieben, nach welcher die Streitigkeiten derer Unterthanen mit erhabenen Segeln, wie in l. 5. C. de Naufrag. diese Formul gebraucht wird, (daß ist wie die folgende Worte anzeigen, wenn man nur dieses, was die Warheit einer geschehenen Sache zu erweisen gehöret, annimmt,) beygeleget werden. Da denn dieses Werck mit eben solcher Glückseeligkeit würde erreichst werden, als die Schweden und Dänen in ihren Ländern geniessen, allwo ein jedweder sein Recht auf das kürtzeste suchen kan, und die weitläufftigen und verwirreten Processe gantz unbekannt seyn. §. II. Alleine hierauf ist leichtlich vielerley zu antworten. Die Gelehrten haben zwar die Rechtsgelahrheit und Verwaltung der Justiz verfälschet, und thun solches auch ietzo noch, iedoch ist solches nicht der wahren Gelehrsamkeit und Lehre beyzumessen, sondern weil man bißher eine Wissenschafft subtiler, unnützer und schädlicher Dinge vor Gelehrsamkeit gehalten; ingleichen weil man dieses vor Gelahrheit ausgegeben, wenn man viele Sätze und Meynungen, die entweder halb und halb, oder wohl gar nicht recht zusammen gehangen / oder nichts zur Sache gethan, auswendig herzusagen gewust, oder wenn man einen Rathschlag oder etwa ein Buch aus seinen locis communibus, darinnen lauter Flickwerck, gleichwie seidene, wollene und leinene Flecke von allerhand Fabrique und hunderterley Farben in einem Kasten beysammen gelegen, nebst beygefügter approbation gleichgesinnter Gesellen, zusammen gestoppelt; mit einem Worte: die falsche und unnütze Gelehrsamkeit ist schuld daran. Dahero muß man nicht flugs von einem extremo auf das andre fallen, und einen solchen Artzt zur Verbesserung der Justiz verlangen, der nichts von der wahren Gelehrsamkeit besitzet. Es muß vielmehr umgekehrt werden, und weil die falsche Gelehrsamkeit der Kranckheit Ursache ist, muß man die wahre ergreiffen, damit so wohl die falsche Gelehrsamkeit nicht weiter, wie bißhero herrsche, als auch diese Kranckheit geheilet werde. Also wenn z. E. die Marckt-schreyer eine Kranckheit durch ihre falschen Artzeneyen verschlimmert haben, nimmt man deßwegen zur Verbesserung dieses Schadens nicht solche Leute, welche ein gutes natürliches Judicium und Erfahrenheit haben, im übrigen aber der Medicin gantz unerfahren seyn, sondern man suchet billig hierzu rechtschaffene gelehrte und geschickte Medicos aus. Her tenb) Disser. de judic. prin- cip. juxta solam facti veritat. §. 3. circa sin.unerfahrne, die aber eine natürliche Klugheit und Erfahrenheit in öffentlichen Geschäfften haben, zu dieser Arbeit gebraucht würden, damit dieselben nach Anleitung ihrer natürlichen Klugheit eine Art vorschrieben, nach welcher die Streitigkeiten derer Unterthanen mit erhabenen Segeln, wie in l. 5. C. de Naufrag. diese Formul gebraucht wird, (daß ist wie die folgende Worte anzeigen, wenn man nur dieses, was die Warheit einer geschehenen Sache zu erweisen gehöret, annimmt,) beygeleget werden. Da denn dieses Werck mit eben solcher Glückseeligkeit würde erreichst werden, als die Schweden und Dänen in ihren Ländern geniessen, allwo ein jedweder sein Recht auf das kürtzeste suchen kan, und die weitläufftigen und verwirreten Processe gantz unbekannt seyn. §. II. Alleine hierauf ist leichtlich vielerley zu antworten. Die Gelehrten haben zwar die Rechtsgelahrheit und Verwaltung der Justiz verfälschet, und thun solches auch ietzo noch, iedoch ist solches nicht der wahren Gelehrsamkeit und Lehre beyzumessen, sondern weil man bißher eine Wissenschafft subtiler, unnützer und schädlicher Dinge vor Gelehrsamkeit gehalten; ingleichen weil man dieses vor Gelahrheit ausgegeben, wenn man viele Sätze und Meynungen, die entweder halb und halb, oder wohl gar nicht recht zusammen gehangen / oder nichts zur Sache gethan, auswendig herzusagen gewust, oder wenn man einen Rathschlag oder etwa ein Buch aus seinen locis communibus, dariñen lauter Flickwerck, gleichwie seidene, wollene und leinene Flecke von allerhand Fabrique und hunderterley Farben in einem Kasten beysam̃en gelegen, nebst beygefügter approbation gleichgesinnter Gesellen, zusammen gestoppelt; mit einem Worte: die falsche und unnütze Gelehrsamkeit ist schuld daran. Dahero muß man nicht flugs von einem extremo auf das andre fallen, und einen solchen Artzt zur Verbesserung der Justiz verlangen, der nichts von der wahren Gelehrsamkeit besitzet. Es muß vielmehr umgekehrt werden, und weil die falsche Gelehrsamkeit der Kranckheit Ursache ist, muß man die wahre ergreiffen, damit so wohl die falsche Gelehrsamkeit nicht weiter, wie bißhero herrsche, als auch diese Kranckheit geheilet werde. Also wenn z. E. die Marckt-schreyer eine Kranckheit durch ihre falschen Artzeneyen verschlimmert haben, nimmt man deßwegen zur Verbesserung dieses Schadens nicht solche Leute, welche ein gutes natürliches Judicium und Erfahrẽheit haben, im übrigen aber der Medicin gantz unerfahren seyn, sondern man suchet billig hierzu rechtschaffene gelehrte und geschickte Medicos aus. 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Da denn dieses Werck mit eben solcher Glückseeligkeit würde erreichst werden, als die Schweden und Dänen in ihren Ländern geniessen, allwo ein jedweder sein Recht auf das kürtzeste suchen kan, und die weitläufftigen und verwirreten Processe gantz unbekannt seyn.</p> <note place="left">Die Antworthierauf.</note> <p>§. II. Alleine hierauf ist leichtlich vielerley zu antworten. Die Gelehrten haben zwar die Rechtsgelahrheit und Verwaltung der Justiz verfälschet, und thun solches auch ietzo noch, iedoch ist solches nicht der wahren Gelehrsamkeit und Lehre beyzumessen, sondern weil man bißher eine Wissenschafft subtiler, unnützer und schädlicher Dinge vor Gelehrsamkeit gehalten; ingleichen weil man dieses vor Gelahrheit ausgegeben, wenn man viele Sätze und Meynungen, die entweder halb und halb, oder wohl gar nicht recht zusammen gehangen / oder nichts zur Sache gethan, auswendig herzusagen gewust, oder wenn man einen Rathschlag oder etwa ein Buch aus seinen locis communibus, dariñen lauter Flickwerck, gleichwie seidene, wollene und leinene Flecke von allerhand Fabrique und hunderterley Farben in einem Kasten beysam̃en gelegen, nebst beygefügter approbation gleichgesinnter Gesellen, zusammen gestoppelt; mit einem Worte: die falsche und unnütze Gelehrsamkeit ist schuld daran. Dahero muß man nicht flugs von einem extremo auf das andre fallen, und einen solchen Artzt zur Verbesserung der Justiz verlangen, der nichts von der wahren Gelehrsamkeit besitzet. Es muß vielmehr umgekehrt werden, und weil die falsche Gelehrsamkeit der Kranckheit Ursache ist, muß man die wahre ergreiffen, damit so wohl die falsche Gelehrsamkeit nicht weiter, wie bißhero herrsche, als auch diese Kranckheit geheilet werde. Also wenn z. E. die Marckt-schreyer eine Kranckheit durch ihre falschen Artzeneyen verschlimmert haben, nimmt man deßwegen zur Verbesserung dieses Schadens nicht solche Leute, welche ein gutes natürliches Judicium und Erfahrẽheit haben, im übrigen aber der Medicin gantz unerfahren seyn, sondern man suchet billig hierzu rechtschaffene gelehrte und geschickte Medicos aus. Her </p> </div> </body> </text> </TEI> [162/0170]
ten unerfahrne, die aber eine natürliche Klugheit und Erfahrenheit in öffentlichen Geschäfften haben, zu dieser Arbeit gebraucht würden, damit dieselben nach Anleitung ihrer natürlichen Klugheit eine Art vorschrieben, nach welcher die Streitigkeiten derer Unterthanen mit erhabenen Segeln, wie in l. 5. C. de Naufrag. diese Formul gebraucht wird, (daß ist wie die folgende Worte anzeigen, wenn man nur dieses, was die Warheit einer geschehenen Sache zu erweisen gehöret, annimmt,) beygeleget werden. Da denn dieses Werck mit eben solcher Glückseeligkeit würde erreichst werden, als die Schweden und Dänen in ihren Ländern geniessen, allwo ein jedweder sein Recht auf das kürtzeste suchen kan, und die weitläufftigen und verwirreten Processe gantz unbekannt seyn.
b) Disser. de judic. prin-
cip. juxta solam facti veritat. §. 3. circa sin. §. II. Alleine hierauf ist leichtlich vielerley zu antworten. Die Gelehrten haben zwar die Rechtsgelahrheit und Verwaltung der Justiz verfälschet, und thun solches auch ietzo noch, iedoch ist solches nicht der wahren Gelehrsamkeit und Lehre beyzumessen, sondern weil man bißher eine Wissenschafft subtiler, unnützer und schädlicher Dinge vor Gelehrsamkeit gehalten; ingleichen weil man dieses vor Gelahrheit ausgegeben, wenn man viele Sätze und Meynungen, die entweder halb und halb, oder wohl gar nicht recht zusammen gehangen / oder nichts zur Sache gethan, auswendig herzusagen gewust, oder wenn man einen Rathschlag oder etwa ein Buch aus seinen locis communibus, dariñen lauter Flickwerck, gleichwie seidene, wollene und leinene Flecke von allerhand Fabrique und hunderterley Farben in einem Kasten beysam̃en gelegen, nebst beygefügter approbation gleichgesinnter Gesellen, zusammen gestoppelt; mit einem Worte: die falsche und unnütze Gelehrsamkeit ist schuld daran. Dahero muß man nicht flugs von einem extremo auf das andre fallen, und einen solchen Artzt zur Verbesserung der Justiz verlangen, der nichts von der wahren Gelehrsamkeit besitzet. Es muß vielmehr umgekehrt werden, und weil die falsche Gelehrsamkeit der Kranckheit Ursache ist, muß man die wahre ergreiffen, damit so wohl die falsche Gelehrsamkeit nicht weiter, wie bißhero herrsche, als auch diese Kranckheit geheilet werde. Also wenn z. E. die Marckt-schreyer eine Kranckheit durch ihre falschen Artzeneyen verschlimmert haben, nimmt man deßwegen zur Verbesserung dieses Schadens nicht solche Leute, welche ein gutes natürliches Judicium und Erfahrẽheit haben, im übrigen aber der Medicin gantz unerfahren seyn, sondern man suchet billig hierzu rechtschaffene gelehrte und geschickte Medicos aus. Her
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/170>, abgerufen am 16.07.2024. |