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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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tori (Principi) concessum, & leges interpretari soli dignum imperio esse oportet. Tam Conditor, quam interpres legum solus Imperator (Princeps) juste existimatur. Dann dieses gehöret eigentlich ad interpretationem authenticam und nicht ad judiciariam oder doctrinalem, zudem aber, wann es gleich auf eine usualem mit denen offterwehnten observantien angesehen seyn solte, dennoch auch wieder deren Natur und Eigenschafft, ja contra ipsam sanam rationem lauffen würde, daß man eine observanz contra legem praeteritam, den man vorhero pro valida erkennet, so bald ex primo actu und da noch kein einiger actus in contrarium retro verhanden ist, vor ungültig halten wolte, oder sich auch nur siguriren könte, und so man auch gleich solche observantien unter die Constitutiones non editas rechnen wolte, so ist es doch damit gleichfalls nicht ausgemacht, sondern heist dargegen: quod Lex Civilis sine promulgatione nulla sit, nec vim obligandi ullam habeat, anderer denenselben anklebenden Mängeln zu geschweigen, was bishero, wann es ad hypothesin kommen / vor bedenckliche Exempel und Consequentien unter diesen Colore erwachsen seyn, so gar, daß mancher rathsamer befunden, seine gerechte Sache unter den angefangenen Proceß ersitzen zu lassen, als sich der Gewalt seines mächtigen Gegentheils unter solchen ungemäßigten und seine Colores so offt ändernden Observanz-Ubel weiter zu exponiren, wie man dann auch ehrliche und geschickte Leute / die in hohen Collegiis sitzen, darüber klagen höret, und mögen deren auch wohl gewesen seyn, die andern, welche unter der Macht der Observanzen ihre Beherrschung treiben, lieber weichen, und ihr Amt quittiren, als mit besorglicher Gefahr des Gewissens länger dabey bleiben wollen, so ist höchstnöthig, solches bey Zeiten aus dem Grunde zu heben, und die vorgeschriebene Rechte und Gesetze, gegen diesen, sich über sie schwingenden Feind genugsam und dergestalt zu waffnen, daß nicht nur quoad praeterita alle contra leges publicas eingeführte observanzen, als dehonestamenta so wohl Legum & justitiae, als ipsius potestatis Legislatoriae gäntzlich abgeschaffet, sondern auch die Judicia dahin angewiesen werden, damit sie sich dererselben Erfindung ins künfftige in alle Wege, so wohl praeter als contra legem, und auch in dubio enthalten, hingegen aber die observationes Legum & veritatis, als die einige schon berührte Regul und Richtschnur ihres Ambts juxta L. 14. C. de Jud. mit Ausschliessung alles observantien-Wesens seyn lassen, und wann ja casus sich ereignen, darinnen sie Zweifel haben, was mens & intentio Legislatoris eigentlich gewesen sey, solche an den Landes-Herrn mit angeführter unmaßgeblicher Eröffnung ihres Gutachtens berichten,

tori (Principi) concessum, & leges interpretari soli dignum imperio esse oportet. Tam Conditor, quam interpres legum solus Imperator (Princeps) juste existimatur. Dann dieses gehöret eigentlich ad interpretationem authenticam und nicht ad judiciariam oder doctrinalem, zudem aber, wann es gleich auf eine usualem mit denen offterwehnten observantien angesehen seyn solte, dennoch auch wieder deren Natur und Eigenschafft, ja contra ipsam sanam rationem lauffen würde, daß man eine observanz contra legem praeteritam, den man vorhero pro valida erkennet, so bald ex primo actu und da noch kein einiger actus in contrarium retro verhanden ist, vor ungültig halten wolte, oder sich auch nur siguriren könte, und so man auch gleich solche observantien unter die Constitutiones non editas rechnen wolte, so ist es doch damit gleichfalls nicht ausgemacht, sondern heist dargegen: quod Lex Civilis sine promulgatione nulla sit, nec vim obligandi ullam habeat, anderer denenselben anklebenden Mängeln zu geschweigen, was bishero, wann es ad hypothesin kommen / vor bedenckliche Exempel und Consequentien unter diesen Colore erwachsen seyn, so gar, daß mancher rathsamer befunden, seine gerechte Sache unter den angefangenen Proceß ersitzen zu lassen, als sich der Gewalt seines mächtigen Gegentheils unter solchen ungemäßigten und seine Colores so offt ändernden Observanz-Ubel weiter zu exponiren, wie man dann auch ehrliche und geschickte Leute / die in hohen Collegiis sitzen, darüber klagen höret, und mögen deren auch wohl gewesen seyn, die andern, welche unter der Macht der Observanzen ihre Beherrschung treiben, lieber weichen, und ihr Amt quittiren, als mit besorglicher Gefahr des Gewissens länger dabey bleiben wollen, so ist höchstnöthig, solches bey Zeiten aus dem Grunde zu heben, und die vorgeschriebene Rechte und Gesetze, gegen diesen, sich über sie schwingenden Feind genugsam und dergestalt zu waffnen, daß nicht nur quoad praeterita alle contra leges publicas eingeführte observanzen, als dehonestamenta so wohl Legum & justitiae, als ipsius potestatis Legislatoriae gäntzlich abgeschaffet, sondern auch die Judicia dahin angewiesen werden, damit sie sich dererselben Erfindung ins künfftige in alle Wege, so wohl praeter als contra legem, und auch in dubio enthalten, hingegen aber die observationes Legum & veritatis, als die einige schon berührte Regul und Richtschnur ihres Ambts juxta L. 14. C. de Jud. mit Ausschliessung alles observantien-Wesens seyn lassen, und wann ja casus sich ereignen, darinnen sie Zweifel haben, was mens & intentio Legislatoris eigentlich gewesen sey, solche an den Landes-Herrn mit angeführter unmaßgeblicher Eröffnung ihres Gutachtens berichten,

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[6/0014] tori (Principi) concessum, & leges interpretari soli dignum imperio esse oportet. Tam Conditor, quam interpres legum solus Imperator (Princeps) juste existimatur. Dann dieses gehöret eigentlich ad interpretationem authenticam und nicht ad judiciariam oder doctrinalem, zudem aber, wann es gleich auf eine usualem mit denen offterwehnten observantien angesehen seyn solte, dennoch auch wieder deren Natur und Eigenschafft, ja contra ipsam sanam rationem lauffen würde, daß man eine observanz contra legem praeteritam, den man vorhero pro valida erkennet, so bald ex primo actu und da noch kein einiger actus in contrarium retro verhanden ist, vor ungültig halten wolte, oder sich auch nur siguriren könte, und so man auch gleich solche observantien unter die Constitutiones non editas rechnen wolte, so ist es doch damit gleichfalls nicht ausgemacht, sondern heist dargegen: quod Lex Civilis sine promulgatione nulla sit, nec vim obligandi ullam habeat, anderer denenselben anklebenden Mängeln zu geschweigen, was bishero, wann es ad hypothesin kommen / vor bedenckliche Exempel und Consequentien unter diesen Colore erwachsen seyn, so gar, daß mancher rathsamer befunden, seine gerechte Sache unter den angefangenen Proceß ersitzen zu lassen, als sich der Gewalt seines mächtigen Gegentheils unter solchen ungemäßigten und seine Colores so offt ändernden Observanz-Ubel weiter zu exponiren, wie man dann auch ehrliche und geschickte Leute / die in hohen Collegiis sitzen, darüber klagen höret, und mögen deren auch wohl gewesen seyn, die andern, welche unter der Macht der Observanzen ihre Beherrschung treiben, lieber weichen, und ihr Amt quittiren, als mit besorglicher Gefahr des Gewissens länger dabey bleiben wollen, so ist höchstnöthig, solches bey Zeiten aus dem Grunde zu heben, und die vorgeschriebene Rechte und Gesetze, gegen diesen, sich über sie schwingenden Feind genugsam und dergestalt zu waffnen, daß nicht nur quoad praeterita alle contra leges publicas eingeführte observanzen, als dehonestamenta so wohl Legum & justitiae, als ipsius potestatis Legislatoriae gäntzlich abgeschaffet, sondern auch die Judicia dahin angewiesen werden, damit sie sich dererselben Erfindung ins künfftige in alle Wege, so wohl praeter als contra legem, und auch in dubio enthalten, hingegen aber die observationes Legum & veritatis, als die einige schon berührte Regul und Richtschnur ihres Ambts juxta L. 14. C. de Jud. mit Ausschliessung alles observantien-Wesens seyn lassen, und wann ja casus sich ereignen, darinnen sie Zweifel haben, was mens & intentio Legislatoris eigentlich gewesen sey, solche an den Landes-Herrn mit angeführter unmaßgeblicher Eröffnung ihres Gutachtens berichten,

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/14>, abgerufen am 26.04.2024.