Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Väter bescheiniget, und um admittirung ad s. coenam angehalten, auch allbereit Urtheil aus unpartheyischen Collegiis vor sich erhalten, dennoch bloß unter dem praetext, daß Ihre wiederwärtige calumnianten das Urtheil geleutert hätten, abgewiesen worden, ja darinnen die disjusstirte Consisstoriales, denen die ad Acta cum rationibus gesprochene Urtheil nicht anständig gewesen, so viel an Ihnen gewesen, genungsam bezeuget haben, daß, wenn es bey Ihnen gestanden hätte, Sie lieber die Collegia juridica selbst, die die Urtheile abgefasset, und Ihnen mit Bescheidenheit die nullität Ihrer Bescheide vorgestellet, und selbige corrigiret, zur Inquisition gebracht und gestrafft hätten, etc.

Summarische Haupt-Ursachen, woraus dieselben entstanden.

§. V. Die Ursachen sind vielerley. Die vornehmsten scheinen folgende zu seyn. 1. Die noch in vielen Consistorial-Ordnungen beybehaltene reliquiae Papatus Politici ex jure Canonico, davon ich in meinen notis ad Lancelottum vielfältig gehandelt, und davon der Herr Hofrath Ludovici in seinem Consistorial-Proceß cap. 15. §. 2. seq. p. 160. seq. das Exempel, daß in Ehe-Sachen der Kläger der Beklagtin die Klage nicht in das Gewissen schieben könne, kurtz und deutlich ausgeführt. 2. Die von denen Evangelischen Theologis und JCtis über dem noch in praxin Consistoriorum eingeführte und vertheydigte gantz offenbahr nach dem politischen Pabstthum schmeckende, ja solche zuweilen übertreffende Meinungen, wie davon eines Theils Carpzovii Jurisprudentia Consistorialis, und das von dem seel. Cantzler Fritsch zusammen getragene Jus Ecclesiasticum, fürnehmlich aber D. Christian Webers de jure Consistoriorum darinnen befindlicher Tractat genungsam bezeugen kan. Und hat Herr Hoffrath Ludovici löblich und wohl gethan, daß er in besagten seinem Consistorial-Process a §. 1. ad §. 8. capitis 2. dem Manne seine Blösse, Boßheit oder Unverstand, wiewohl nur in einer einigen zu seinem Zweck dienenden Frage cordate gezeiget, und sich billig gewundert, daß dieses gefährliche (und allen Evangelischen Fürsten und dero Juri circa sacra höchst praejudicirliche) Buch in Evangelischen Landen zum Druck gelassen worden, und daß sich noch niemand gefunden, der die darinnen enthaltene grobe Papistische Sätze zu wiederlegen sich unternommen hätte. 3. Die menschlichen Schwachheiten, die auch denen Herren Consistorialibus ankleben, und die sie gar füglich durch die beyden ersten Ursachen bedecken können. 4. Daß öffters die Consistoria mehrentheils mit Theologis besetzt sind, oder diese doch das directorium entweder öffentlich oder in geheim darinnen haben, und denen es über die allbereit vorher angemerckte Ursachen, auch noch, wiewohl ohne Ihre Schuld, an gnungsamer Wissen-

Väter bescheiniget, und um admittirung ad s. coenam angehalten, auch allbereit Urtheil aus unpartheyischen Collegiis vor sich erhalten, dennoch bloß unter dem praetext, daß Ihre wiederwärtige calumnianten das Urtheil geleutert hätten, abgewiesen worden, ja darinnen die disjusstirte Consisstoriales, denen die ad Acta cum rationibus gesprochene Urtheil nicht anständig gewesen, so viel an Ihnen gewesen, genungsam bezeuget haben, daß, wenn es bey Ihnen gestanden hätte, Sie lieber die Collegia juridica selbst, die die Urtheile abgefasset, und Ihnen mit Bescheidenheit die nullität Ihrer Bescheide vorgestellet, und selbige corrigiret, zur Inquisition gebracht und gestrafft hätten, etc.

Summarische Haupt-Ursachen, woraus dieselben entstanden.

§. V. Die Ursachen sind vielerley. Die vornehmsten scheinen folgende zu seyn. 1. Die noch in vielen Consistorial-Ordnungen beybehaltene reliquiae Papatus Politici ex jure Canonico, davon ich in meinen notis ad Lancelottum vielfältig gehandelt, und davon der Herr Hofrath Ludovici in seinem Consistorial-Proceß cap. 15. §. 2. seq. p. 160. seq. das Exempel, daß in Ehe-Sachen der Kläger der Beklagtin die Klage nicht in das Gewissen schieben könne, kurtz und deutlich ausgeführt. 2. Die von denen Evangelischen Theologis und JCtis über dem noch in praxin Consistoriorum eingeführte und vertheydigte gantz offenbahr nach dem politischen Pabstthum schmeckende, ja solche zuweilen übertreffende Meinungen, wie davon eines Theils Carpzovii Jurisprudentia Consistorialis, und das von dem seel. Cantzler Fritsch zusammen getragene Jus Ecclesiasticum, fürnehmlich aber D. Christian Webers de jure Consistoriorum darinnen befindlicher Tractat genungsam bezeugen kan. Und hat Herr Hoffrath Ludovici löblich und wohl gethan, daß er in besagten seinem Consistorial-Process a §. 1. ad §. 8. capitis 2. dem Manne seine Blösse, Boßheit oder Unverstand, wiewohl nur in einer einigen zu seinem Zweck dienenden Frage cordate gezeiget, und sich billig gewundert, daß dieses gefährliche (und allen Evangelischen Fürsten und dero Juri circa sacra höchst praejudicirliche) Buch in Evangelischen Landen zum Druck gelassen worden, und daß sich noch niemand gefunden, der die darinnen enthaltene grobe Papistische Sätze zu wiederlegen sich unternommen hätte. 3. Die menschlichen Schwachheiten, die auch denen Herren Consistorialibus ankleben, und die sie gar füglich durch die beyden ersten Ursachen bedecken können. 4. Daß öffters die Consistoria mehrentheils mit Theologis besetzt sind, oder diese doch das directorium entweder öffentlich oder in geheim darinnen haben, und denen es über die allbereit vorher angemerckte Ursachen, auch noch, wiewohl ohne Ihre Schuld, an gnungsamer Wissen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0228" n="212"/>
Väter bescheiniget, und um admittirung ad s. coenam angehalten, auch                      allbereit Urtheil aus unpartheyischen Collegiis vor sich erhalten, dennoch bloß                      unter dem praetext, daß Ihre wiederwärtige calumnianten das Urtheil geleutert                      hätten, abgewiesen worden, ja darinnen die disjusstirte Consisstoriales, denen                      die ad Acta cum rationibus gesprochene Urtheil nicht anständig gewesen, so viel                      an Ihnen gewesen, genungsam bezeuget haben, daß, wenn es bey Ihnen gestanden                      hätte, Sie lieber die Collegia juridica selbst, die die Urtheile abgefasset, und                      Ihnen mit Bescheidenheit die nullität Ihrer Bescheide vorgestellet, und selbige                      corrigiret, zur Inquisition gebracht und gestrafft hätten, etc.</p>
        <note place="left"><hi rendition="#i">Summari</hi>sche Haupt-Ursachen, woraus                      dieselben entstanden.</note>
        <p>§. V. Die Ursachen sind vielerley. Die vornehmsten scheinen folgende zu seyn. 1.                      Die noch in vielen Consistorial-Ordnungen beybehaltene reliquiae Papatus                      Politici ex jure Canonico, davon ich in meinen notis ad Lancelottum vielfältig                      gehandelt, und davon der Herr Hofrath Ludovici in seinem Consistorial-Proceß                      cap. 15. §. 2. seq. p. 160. seq. das Exempel, daß in Ehe-Sachen der Kläger der                      Beklagtin die Klage nicht in das Gewissen schieben könne, kurtz und deutlich                      ausgeführt. 2. Die von denen Evangelischen Theologis und JCtis über dem noch in                      praxin Consistoriorum eingeführte und vertheydigte gantz offenbahr nach dem                      politischen Pabstthum schmeckende, ja solche zuweilen übertreffende Meinungen,                      wie davon eines Theils Carpzovii Jurisprudentia Consistorialis, und das von dem                      seel. Cantzler Fritsch zusammen getragene Jus Ecclesiasticum, fürnehmlich aber                      D. Christian Webers de jure Consistoriorum darinnen befindlicher Tractat                      genungsam bezeugen kan. Und hat Herr Hoffrath Ludovici löblich und wohl gethan,                      daß er in besagten seinem Consistorial-Process a §. 1. ad §. 8. capitis 2. dem                      Manne seine Blösse, Boßheit oder Unverstand, wiewohl nur in einer einigen zu                      seinem Zweck dienenden Frage cordate gezeiget, und sich billig gewundert, daß                      dieses gefährliche (und allen Evangelischen Fürsten und dero Juri circa sacra                      höchst praejudicirliche) Buch in Evangelischen Landen zum Druck gelassen worden,                      und daß sich noch niemand gefunden, der die darinnen enthaltene grobe                      Papistische Sätze zu wiederlegen sich unternommen hätte. 3. Die menschlichen                      Schwachheiten, die auch denen Herren Consistorialibus ankleben, und die sie gar                      füglich durch die beyden ersten Ursachen bedecken können. 4. Daß öffters die                      Consistoria mehrentheils mit Theologis besetzt sind, oder diese doch das                      directorium entweder öffentlich oder in geheim darinnen haben, und denen es über                      die allbereit vorher angemerckte Ursachen, auch noch, wiewohl ohne Ihre Schuld,                      an gnungsamer Wissen-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0228] Väter bescheiniget, und um admittirung ad s. coenam angehalten, auch allbereit Urtheil aus unpartheyischen Collegiis vor sich erhalten, dennoch bloß unter dem praetext, daß Ihre wiederwärtige calumnianten das Urtheil geleutert hätten, abgewiesen worden, ja darinnen die disjusstirte Consisstoriales, denen die ad Acta cum rationibus gesprochene Urtheil nicht anständig gewesen, so viel an Ihnen gewesen, genungsam bezeuget haben, daß, wenn es bey Ihnen gestanden hätte, Sie lieber die Collegia juridica selbst, die die Urtheile abgefasset, und Ihnen mit Bescheidenheit die nullität Ihrer Bescheide vorgestellet, und selbige corrigiret, zur Inquisition gebracht und gestrafft hätten, etc. §. V. Die Ursachen sind vielerley. Die vornehmsten scheinen folgende zu seyn. 1. Die noch in vielen Consistorial-Ordnungen beybehaltene reliquiae Papatus Politici ex jure Canonico, davon ich in meinen notis ad Lancelottum vielfältig gehandelt, und davon der Herr Hofrath Ludovici in seinem Consistorial-Proceß cap. 15. §. 2. seq. p. 160. seq. das Exempel, daß in Ehe-Sachen der Kläger der Beklagtin die Klage nicht in das Gewissen schieben könne, kurtz und deutlich ausgeführt. 2. Die von denen Evangelischen Theologis und JCtis über dem noch in praxin Consistoriorum eingeführte und vertheydigte gantz offenbahr nach dem politischen Pabstthum schmeckende, ja solche zuweilen übertreffende Meinungen, wie davon eines Theils Carpzovii Jurisprudentia Consistorialis, und das von dem seel. Cantzler Fritsch zusammen getragene Jus Ecclesiasticum, fürnehmlich aber D. Christian Webers de jure Consistoriorum darinnen befindlicher Tractat genungsam bezeugen kan. Und hat Herr Hoffrath Ludovici löblich und wohl gethan, daß er in besagten seinem Consistorial-Process a §. 1. ad §. 8. capitis 2. dem Manne seine Blösse, Boßheit oder Unverstand, wiewohl nur in einer einigen zu seinem Zweck dienenden Frage cordate gezeiget, und sich billig gewundert, daß dieses gefährliche (und allen Evangelischen Fürsten und dero Juri circa sacra höchst praejudicirliche) Buch in Evangelischen Landen zum Druck gelassen worden, und daß sich noch niemand gefunden, der die darinnen enthaltene grobe Papistische Sätze zu wiederlegen sich unternommen hätte. 3. Die menschlichen Schwachheiten, die auch denen Herren Consistorialibus ankleben, und die sie gar füglich durch die beyden ersten Ursachen bedecken können. 4. Daß öffters die Consistoria mehrentheils mit Theologis besetzt sind, oder diese doch das directorium entweder öffentlich oder in geheim darinnen haben, und denen es über die allbereit vorher angemerckte Ursachen, auch noch, wiewohl ohne Ihre Schuld, an gnungsamer Wissen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/228
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/228>, abgerufen am 19.04.2024.