Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.Obrigkeit motu proprio und zu ihrem eigenen Unterricht einholen lässet, keines weges aber auf diejenigen sententias zu ziehen, die, wie allhier geschehen, ad plena acta auf der Inquisiten Kosten, und auf deren Anhalten, eingeholet werden; Ferner derselbe besage Rotuli defensionalis 1. bonam famam, auch als ein alter 70. jähriger Priester praesumtionem juris für sich hat, und mala fama eines Rei dem gewöhnlichen Proceß nach per testes zu erhärten, nicht aber durch eigenseitige Registraturen oder den Urtheils-Fragen eingeruckte, gehäßige und nicht ex Actis zu verificirende Umstände zu nehmen; Uber dieses allhier wohl zu erwegen, daß die Herren Consistoriales in diesem Casu injuriati und pars laesa seynd, auch die Acta in den Schöppen-Stuhl, darinnen die absolutoria gesprochen worden, selbsten willkührlich gesendet, auch für sothanen Schöppen-Stuhl absonderlich, weil dessen Bericht nach derselbige dem Landes-Herrn mit Pflichten verwandt, zu praesumiren, daß er unpartheyisch gesprochen habe; zu geschweigen, daß allen Umständen nach, und weil derselbige noch nicht ad articulos respondiret, sondern in defensione pro avertenda ocoupiret ist, die letzte fentenz nullitate zu laboriren scheinet, indem die sententiae juramentum purgatorium imponentes auff gewisse Masse pro definitivis zu achten; keine sententia definitiva aber, ehe der reus ad articulos respondiret, und sonsten was dem Proceß gemäß, vollführet worden / ergehen kan; Endlich bey dieser Bewandniß derselbe ex prima fententia ein jus quaesitum erlanget, und daraus von denen Herren Consistorialibus nicht gesetzet werden mag; So kan auch derselbige mit Bestande Rechtens zur Eydes-Reinigung nicht angehalten werden, sondern es wird ihm das erste Urtheil von denen Herren Consistorialibus billig publiciret und es darbey gelassen; Auff die dritte Frage; Ob wieder den Substitutum und beyde Schulmeister wegen der vermittelst eydlicher Zeugnisse und attestaten dargethanen Verbrechen, die Inquisition anzuordnen: erachten W. V. R. Ob wohl von jeder Obrigkeit dahin zu sehen, daß die Mißhandlung gebührend gestrafft, und wieder anrüchtige Personen inquiriret werde; Dieweil aber dennoch die bey der ersten Frage benenneten Anschuldigungen, damit derselbe seinen Substitutum und die beyden Schulmeister beleget, also beschaffen, daß auff dieselben wegen vieler varirenden Umstände auff eine eintzele Frage nicht zugleich geantwortet werden mag, indem etliche zu übersehen, und nur bloß fidem testium minuiren; etliche ohne weitläufftige inquifition eine Vorhaltung oder einen Verweiß verdienen, wegen der gröbsten aber, als daß Heinrich W. Forellen gestohlen, und der Kirchen zu Warenburg 8. Thlr. entwendet haben soll, der sothane Anschuldigung bescheinigende Rotulus testium, aus dem die hier zu wissen nöthige Umstände zu ersehen, nicht mitgesendet worden; und in übrigen diese Frage mehr das interesse publicum, als desselben privat interesse angehet; So ist demselben zwar unbe- Obrigkeit motu proprio und zu ihrem eigenen Unterricht einholen lässet, keines weges aber auf diejenigen sententias zu ziehen, die, wie allhier geschehen, ad plena acta auf der Inquisiten Kosten, und auf deren Anhalten, eingeholet werden; Ferner derselbe besage Rotuli defensionalis 1. bonam famam, auch als ein alter 70. jähriger Priester praesumtionem juris für sich hat, und mala fama eines Rei dem gewöhnlichen Proceß nach per testes zu erhärten, nicht aber durch eigenseitige Registraturen oder den Urtheils-Fragen eingeruckte, gehäßige und nicht ex Actis zu verificirende Umstände zu nehmen; Uber dieses allhier wohl zu erwegen, daß die Herren Consistoriales in diesem Casu injuriati und pars laesa seynd, auch die Acta in den Schöppen-Stuhl, darinnen die absolutoria gesprochen worden, selbsten willkührlich gesendet, auch für sothanen Schöppen-Stuhl absonderlich, weil dessen Bericht nach derselbige dem Landes-Herrn mit Pflichten verwandt, zu praesumiren, daß er unpartheyisch gesprochen habe; zu geschweigen, daß allen Umständen nach, und weil derselbige noch nicht ad articulos respondiret, sondern in defensione pro avertenda ocoupiret ist, die letzte fentenz nullitate zu laboriren scheinet, indem die sententiae juramentum purgatorium imponentes auff gewisse Masse pro definitivis zu achten; keine sententia definitiva aber, ehe der reus ad articulos respondiret, und sonsten was dem Proceß gemäß, vollführet worden / ergehen kan; Endlich bey dieser Bewandniß derselbe ex prima fententia ein jus quaesitum erlanget, und daraus von denen Herren Consistorialibus nicht gesetzet werden mag; So kan auch derselbige mit Bestande Rechtens zur Eydes-Reinigung nicht angehalten werden, sondern es wird ihm das erste Urtheil von denen Herren Consistorialibus billig publiciret und es darbey gelassen; Auff die dritte Frage; Ob wieder den Substitutum und beyde Schulmeister wegen der vermittelst eydlicher Zeugnisse und attestaten dargethanen Verbrechen, die Inquisition anzuordnen: erachten W. V. R. Ob wohl von jeder Obrigkeit dahin zu sehen, daß die Mißhandlung gebührend gestrafft, und wieder anrüchtige Personen inquiriret werde; Dieweil aber dennoch die bey der ersten Frage benenneten Anschuldigungen, damit derselbe seinen Substitutum und die beyden Schulmeister beleget, also beschaffen, daß auff dieselben wegen vieler varirenden Umstände auff eine eintzele Frage nicht zugleich geantwortet werden mag, indem etliche zu übersehen, und nur bloß fidem testium minuiren; etliche ohne weitläufftige inquifition eine Vorhaltung oder einen Verweiß verdienen, wegen der gröbsten aber, als daß Heinrich W. Forellen gestohlen, und der Kirchen zu Warenburg 8. Thlr. entwendet haben soll, der sothane Anschuldigung bescheinigende Rotulus testium, aus dem die hier zu wissen nöthige Umstände zu ersehen, nicht mitgesendet worden; und in übrigen diese Frage mehr das interesse publicum, als desselben privat interesse angehet; So ist demselben zwar unbe- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0226" n="210"/> Obrigkeit motu proprio und zu ihrem eigenen Unterricht einholen lässet, keines weges aber auf diejenigen sententias zu ziehen, die, wie allhier geschehen, ad plena acta auf der Inquisiten Kosten, und auf deren Anhalten, eingeholet werden; Ferner derselbe besage Rotuli defensionalis 1. bonam famam, auch als ein alter 70. jähriger Priester praesumtionem juris für sich hat, und mala fama eines Rei dem gewöhnlichen Proceß nach per testes zu erhärten, nicht aber durch eigenseitige Registraturen oder den Urtheils-Fragen eingeruckte, gehäßige und nicht ex Actis zu verificirende Umstände zu nehmen; Uber dieses allhier wohl zu erwegen, daß die Herren Consistoriales in diesem Casu injuriati und pars laesa seynd, auch die Acta in den Schöppen-Stuhl, darinnen die absolutoria gesprochen worden, selbsten willkührlich gesendet, auch für sothanen Schöppen-Stuhl absonderlich, weil dessen Bericht nach derselbige dem Landes-Herrn mit Pflichten verwandt, zu praesumiren, daß er unpartheyisch gesprochen habe; zu geschweigen, daß allen Umständen nach, und weil derselbige noch nicht ad articulos respondiret, sondern in defensione pro avertenda ocoupiret ist, die letzte fentenz nullitate zu laboriren scheinet, indem die sententiae juramentum purgatorium imponentes auff gewisse Masse pro definitivis zu achten; keine sententia definitiva aber, ehe der reus ad articulos respondiret, und sonsten was dem Proceß gemäß, vollführet worden / ergehen kan; Endlich bey dieser Bewandniß derselbe ex prima fententia ein jus quaesitum erlanget, und daraus von denen Herren Consistorialibus nicht gesetzet werden mag; So kan auch derselbige mit Bestande Rechtens zur Eydes-Reinigung nicht angehalten werden, sondern es wird ihm das erste Urtheil von denen Herren <hi rendition="#i">Consistorialibus</hi> billig <hi rendition="#i">publicir</hi>et und es darbey gelassen;</p> <p>Auff die dritte Frage; Ob wieder den <hi rendition="#i">Substitutum</hi> und beyde Schulmeister wegen der vermittelst eydlicher Zeugnisse und attestaten dargethanen Verbrechen, die <hi rendition="#i">Inquisition</hi> anzuordnen: erachten W. 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Thlr. entwendet haben soll, der sothane Anschuldigung bescheinigende Rotulus testium, aus dem die hier zu wissen nöthige Umstände zu ersehen, nicht mitgesendet worden; und in übrigen diese Frage mehr das interesse publicum, als desselben privat interesse angehet; So ist demselben zwar unbe- </p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0226]
Obrigkeit motu proprio und zu ihrem eigenen Unterricht einholen lässet, keines weges aber auf diejenigen sententias zu ziehen, die, wie allhier geschehen, ad plena acta auf der Inquisiten Kosten, und auf deren Anhalten, eingeholet werden; Ferner derselbe besage Rotuli defensionalis 1. bonam famam, auch als ein alter 70. jähriger Priester praesumtionem juris für sich hat, und mala fama eines Rei dem gewöhnlichen Proceß nach per testes zu erhärten, nicht aber durch eigenseitige Registraturen oder den Urtheils-Fragen eingeruckte, gehäßige und nicht ex Actis zu verificirende Umstände zu nehmen; Uber dieses allhier wohl zu erwegen, daß die Herren Consistoriales in diesem Casu injuriati und pars laesa seynd, auch die Acta in den Schöppen-Stuhl, darinnen die absolutoria gesprochen worden, selbsten willkührlich gesendet, auch für sothanen Schöppen-Stuhl absonderlich, weil dessen Bericht nach derselbige dem Landes-Herrn mit Pflichten verwandt, zu praesumiren, daß er unpartheyisch gesprochen habe; zu geschweigen, daß allen Umständen nach, und weil derselbige noch nicht ad articulos respondiret, sondern in defensione pro avertenda ocoupiret ist, die letzte fentenz nullitate zu laboriren scheinet, indem die sententiae juramentum purgatorium imponentes auff gewisse Masse pro definitivis zu achten; keine sententia definitiva aber, ehe der reus ad articulos respondiret, und sonsten was dem Proceß gemäß, vollführet worden / ergehen kan; Endlich bey dieser Bewandniß derselbe ex prima fententia ein jus quaesitum erlanget, und daraus von denen Herren Consistorialibus nicht gesetzet werden mag; So kan auch derselbige mit Bestande Rechtens zur Eydes-Reinigung nicht angehalten werden, sondern es wird ihm das erste Urtheil von denen Herren Consistorialibus billig publiciret und es darbey gelassen;
Auff die dritte Frage; Ob wieder den Substitutum und beyde Schulmeister wegen der vermittelst eydlicher Zeugnisse und attestaten dargethanen Verbrechen, die Inquisition anzuordnen: erachten W. V. R.
Ob wohl von jeder Obrigkeit dahin zu sehen, daß die Mißhandlung gebührend gestrafft, und wieder anrüchtige Personen inquiriret werde;
Dieweil aber dennoch die bey der ersten Frage benenneten Anschuldigungen, damit derselbe seinen Substitutum und die beyden Schulmeister beleget, also beschaffen, daß auff dieselben wegen vieler varirenden Umstände auff eine eintzele Frage nicht zugleich geantwortet werden mag, indem etliche zu übersehen, und nur bloß fidem testium minuiren; etliche ohne weitläufftige inquifition eine Vorhaltung oder einen Verweiß verdienen, wegen der gröbsten aber, als daß Heinrich W. Forellen gestohlen, und der Kirchen zu Warenburg 8. Thlr. entwendet haben soll, der sothane Anschuldigung bescheinigende Rotulus testium, aus dem die hier zu wissen nöthige Umstände zu ersehen, nicht mitgesendet worden; und in übrigen diese Frage mehr das interesse publicum, als desselben privat interesse angehet; So ist demselben zwar unbe-
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