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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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verschweigen solte; wie denn auch beyderseits Inquisiten Anfangs von dem Umstande des selbst erhenckens nichts gemeldet; über dieses derselbe (nemlich der quaerent) in seinen beyden Berichten sub dato 28. Febr. und 16. Martii dieses Jahrs so wohl wieder den Esaias, als auch wieder den judicem ordinarium, Ambtmann zu W. ingleichen wieder den Prediger zu G. folgende praesumtiones angegeben, daß die Ertödtete eben an dem Tag und nach empfangenen Ohrfeigen bey dem Mittages-Essen lustiges humeurs gewesen, und deswegen kein Selbstmord bey ihr zu vermuthen, auch daß durch des Predigers zu G. verweigerten Auffschub der den andern Tag nach dem Todes-Fall vorgenommenen Begräbniß ein zimlicher Verdacht entstehe, daß man diese That vertuschen wolle; der judex inquirens aber sich in processu zimlich übereilet, indem Er inquisitum auf des Vaters Anhalten so fort von dem Fuß loßschliessen lassen, und denselben noch selben Tag summarisch vernommen, hiernechst Inquisit in seinen Aussagen in etlichen von ihme angemerckten puncten variiret, oder von der Mit-Inquisitin und den Zeugen discrepiret, und der judex über solche contradictiones und variationes keine confrontation angestellet, auch der fol. 10. Act. von dem Ambtmann verfertigte Bericht und fol. 6. gehaltene Registraturen ihn nicht wenig verdächtig machten, weil diese letzte der section und judicio medico zuwieder sey, zu geschweigen, daß die fol. 20. seqq. verfertigte Zeugen-articuli mehr defensionales als Inquisitionales wären, auch des Amtmanns Bruder die partes defensoris übernommen, wie nicht weniger, nachdem derselbe (scil. quaerens) tanquam judex adjunctus so wohl die Inquisiten als Zeugen über noch einige articul vernommen, ein und andre Umstände, so zuvor nicht bey den Actis gewesen, heraus gebracht worden, auch die Gerichts-Personen, als er sie wegen der Kringel um der Entleibten ihre beyden Arme, ob solche wohl von der auff dem Leibe gestülpten Schüssel hergerühret? befraget, zur Antwort gegeben, daß zwar die Kringel innewendig an dem Arme von dem Rande der Schüssel etwas herrühren könten, man könte aber nicht penetriren, wo die, so auswendig am Arme und wohl eines Fingers breit gewesen, herkommen: Ingleichen als sie wegen der Bänder befraget worden, geantwortet, daß sie diese Bänder an der Entleibten Armen angefühlet, die wären gantz schlaff gewesen, dergestalt daß Er (Zeuge) seine Finger zwischen diese und der Entleibten Arm durchstecken können; So wären auch die Bänder hinter den Kringeln gewesen, und die Kringel forn nach den Händen zu, daß also diese nicht von den Bändern herrühren können; Ingleichen, daß um der Entleibten Halß zwo mit Blut unterkauffene Striche befunden worden, davon der erste unter dem Kinbacken neben den Ohren auf beyden Backen hinauf gegangen, der andre aber unten am Halß rund herum; endlich von selbigen nach Besichtigung des Stricks, woran die Todte gehangen haben solle, nicht das geringste vestigium zu befinden gewesen;

D. a. d. wieder Johannen Christinen kein genugsames indicium ad inquisitionem oder capturam bey den Acten zu befinden, Esaias aber besage der Actorum fol.

verschweigen solte; wie denn auch beyderseits Inquisiten Anfangs von dem Umstande des selbst erhenckens nichts gemeldet; über dieses derselbe (nemlich der quaerent) in seinen beyden Berichten sub dato 28. Febr. und 16. Martii dieses Jahrs so wohl wieder den Esaias, als auch wieder den judicem ordinarium, Ambtmann zu W. ingleichen wieder den Prediger zu G. folgende praesumtiones angegeben, daß die Ertödtete eben an dem Tag und nach empfangenen Ohrfeigen bey dem Mittages-Essen lustiges humeurs gewesen, und deswegen kein Selbstmord bey ihr zu vermuthen, auch daß durch des Predigers zu G. verweigerten Auffschub der den andern Tag nach dem Todes-Fall vorgenommenen Begräbniß ein zimlicher Verdacht entstehe, daß man diese That vertuschen wolle; der judex inquirens aber sich in processu zimlich übereilet, indem Er inquisitum auf des Vaters Anhalten so fort von dem Fuß loßschliessen lassen, und denselben noch selben Tag summarisch vernommen, hiernechst Inquisit in seinen Aussagen in etlichen von ihme angemerckten puncten variiret, oder von der Mit-Inquisitin und den Zeugen discrepiret, und der judex über solche contradictiones und variationes keine confrontation angestellet, auch der fol. 10. Act. von dem Ambtmann verfertigte Bericht und fol. 6. gehaltene Registraturen ihn nicht wenig verdächtig machten, weil diese letzte der section und judicio medico zuwieder sey, zu geschweigen, daß die fol. 20. seqq. verfertigte Zeugen-articuli mehr defensionales als Inquisitionales wären, auch des Amtmanns Bruder die partes defensoris übernommen, wie nicht weniger, nachdem derselbe (scil. quaerens) tanquam judex adjunctus so wohl die Inquisiten als Zeugen über noch einige articul vernommen, ein und andre Umstände, so zuvor nicht bey den Actis gewesen, heraus gebracht worden, auch die Gerichts-Personen, als er sie wegen der Kringel um der Entleibten ihre beyden Arme, ob solche wohl von der auff dem Leibe gestülpten Schüssel hergerühret? befraget, zur Antwort gegeben, daß zwar die Kringel innewendig an dem Arme von dem Rande der Schüssel etwas herrühren könten, man könte aber nicht penetriren, wo die, so auswendig am Arme und wohl eines Fingers breit gewesen, herkommen: Ingleichen als sie wegen der Bänder befraget worden, geantwortet, daß sie diese Bänder an der Entleibten Armen angefühlet, die wären gantz schlaff gewesen, dergestalt daß Er (Zeuge) seine Finger zwischen diese und der Entleibten Arm durchstecken können; So wären auch die Bänder hinter den Kringeln gewesen, und die Kringel forn nach den Händen zu, daß also diese nicht von den Bändern herrühren können; Ingleichen, daß um der Entleibten Halß zwo mit Blut unterkauffene Striche befunden worden, davon der erste unter dem Kinbacken neben den Ohren auf beyden Backen hinauf gegangen, der andre aber unten am Halß rund herum; endlich von selbigen nach Besichtigung des Stricks, woran die Todte gehangen haben solle, nicht das geringste vestigium zu befinden gewesen;

D. a. d. wieder Johannen Christinen kein genugsames indicium ad inquisitionem oder capturam bey den Acten zu befinden, Esaias aber besage der Actorum fol.

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verschweigen solte; wie denn auch beyderseits Inquisiten Anfangs                      von dem Umstande des selbst erhenckens nichts gemeldet; über dieses derselbe                      (nemlich der quaerent) in seinen beyden Berichten sub dato 28. Febr. und 16.                      Martii dieses Jahrs so wohl wieder den Esaias, als auch wieder den judicem                      ordinarium, Ambtmann zu W. ingleichen wieder den Prediger zu G. folgende                      praesumtiones angegeben, daß die Ertödtete eben an dem Tag und nach empfangenen                      Ohrfeigen bey dem Mittages-Essen lustiges humeurs gewesen, und deswegen kein                      Selbstmord bey ihr zu vermuthen, auch daß durch des Predigers zu G. verweigerten                      Auffschub der den andern Tag nach dem Todes-Fall vorgenommenen Begräbniß ein                      zimlicher Verdacht entstehe, daß man diese That vertuschen wolle; der judex                      inquirens aber sich in processu zimlich übereilet, indem Er inquisitum auf des                      Vaters Anhalten so fort von dem Fuß loßschliessen lassen, und denselben noch                      selben Tag summarisch vernommen, hiernechst Inquisit in seinen Aussagen in                      etlichen von ihme angemerckten puncten variiret, oder von der Mit-Inquisitin und                      den Zeugen discrepiret, und der judex über solche contradictiones und                      variationes keine confrontation angestellet, auch der fol. 10. Act. von dem                      Ambtmann verfertigte Bericht und fol. 6. gehaltene Registraturen ihn nicht wenig                      verdächtig machten, weil diese letzte der section und judicio medico zuwieder                      sey, zu geschweigen, daß die fol. 20. seqq. verfertigte Zeugen-articuli mehr                      defensionales als Inquisitionales wären, auch des Amtmanns Bruder die partes                      defensoris übernommen, wie nicht weniger, nachdem derselbe (scil. quaerens)                      tanquam judex adjunctus so wohl die Inquisiten als Zeugen über noch einige                      articul vernommen, ein und andre Umstände, so zuvor nicht bey den Actis gewesen,                      heraus gebracht worden, auch die Gerichts-Personen, als er sie wegen der Kringel                      um der Entleibten ihre beyden Arme, ob solche wohl von der auff dem Leibe                      gestülpten Schüssel hergerühret? befraget, zur Antwort gegeben, daß zwar die                      Kringel innewendig an dem Arme von dem Rande der Schüssel etwas herrühren                      könten, man könte aber nicht penetriren, wo die, so auswendig am Arme und wohl                      eines Fingers breit gewesen, herkommen: Ingleichen als sie wegen der Bänder                      befraget worden, geantwortet, daß sie diese Bänder an der Entleibten Armen                      angefühlet, die wären gantz schlaff gewesen, dergestalt daß Er (Zeuge) seine                      Finger zwischen diese und der Entleibten Arm durchstecken können; So wären auch                      die Bänder hinter den Kringeln gewesen, und die Kringel forn nach den Händen zu,                      daß also diese nicht von den Bändern herrühren können; Ingleichen, daß um der                      Entleibten Halß zwo mit Blut unterkauffene Striche befunden worden, davon der                      erste unter dem Kinbacken neben den Ohren auf beyden Backen hinauf gegangen, der                      andre aber unten am Halß rund herum; endlich von selbigen nach Besichtigung des                      Stricks, woran die Todte gehangen haben solle, nicht das geringste vestigium zu                      befinden gewesen;</p>
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[189/0205] verschweigen solte; wie denn auch beyderseits Inquisiten Anfangs von dem Umstande des selbst erhenckens nichts gemeldet; über dieses derselbe (nemlich der quaerent) in seinen beyden Berichten sub dato 28. Febr. und 16. Martii dieses Jahrs so wohl wieder den Esaias, als auch wieder den judicem ordinarium, Ambtmann zu W. ingleichen wieder den Prediger zu G. folgende praesumtiones angegeben, daß die Ertödtete eben an dem Tag und nach empfangenen Ohrfeigen bey dem Mittages-Essen lustiges humeurs gewesen, und deswegen kein Selbstmord bey ihr zu vermuthen, auch daß durch des Predigers zu G. verweigerten Auffschub der den andern Tag nach dem Todes-Fall vorgenommenen Begräbniß ein zimlicher Verdacht entstehe, daß man diese That vertuschen wolle; der judex inquirens aber sich in processu zimlich übereilet, indem Er inquisitum auf des Vaters Anhalten so fort von dem Fuß loßschliessen lassen, und denselben noch selben Tag summarisch vernommen, hiernechst Inquisit in seinen Aussagen in etlichen von ihme angemerckten puncten variiret, oder von der Mit-Inquisitin und den Zeugen discrepiret, und der judex über solche contradictiones und variationes keine confrontation angestellet, auch der fol. 10. Act. von dem Ambtmann verfertigte Bericht und fol. 6. gehaltene Registraturen ihn nicht wenig verdächtig machten, weil diese letzte der section und judicio medico zuwieder sey, zu geschweigen, daß die fol. 20. seqq. verfertigte Zeugen-articuli mehr defensionales als Inquisitionales wären, auch des Amtmanns Bruder die partes defensoris übernommen, wie nicht weniger, nachdem derselbe (scil. quaerens) tanquam judex adjunctus so wohl die Inquisiten als Zeugen über noch einige articul vernommen, ein und andre Umstände, so zuvor nicht bey den Actis gewesen, heraus gebracht worden, auch die Gerichts-Personen, als er sie wegen der Kringel um der Entleibten ihre beyden Arme, ob solche wohl von der auff dem Leibe gestülpten Schüssel hergerühret? befraget, zur Antwort gegeben, daß zwar die Kringel innewendig an dem Arme von dem Rande der Schüssel etwas herrühren könten, man könte aber nicht penetriren, wo die, so auswendig am Arme und wohl eines Fingers breit gewesen, herkommen: Ingleichen als sie wegen der Bänder befraget worden, geantwortet, daß sie diese Bänder an der Entleibten Armen angefühlet, die wären gantz schlaff gewesen, dergestalt daß Er (Zeuge) seine Finger zwischen diese und der Entleibten Arm durchstecken können; So wären auch die Bänder hinter den Kringeln gewesen, und die Kringel forn nach den Händen zu, daß also diese nicht von den Bändern herrühren können; Ingleichen, daß um der Entleibten Halß zwo mit Blut unterkauffene Striche befunden worden, davon der erste unter dem Kinbacken neben den Ohren auf beyden Backen hinauf gegangen, der andre aber unten am Halß rund herum; endlich von selbigen nach Besichtigung des Stricks, woran die Todte gehangen haben solle, nicht das geringste vestigium zu befinden gewesen; D. a. d. wieder Johannen Christinen kein genugsames indicium ad inquisitionem oder capturam bey den Acten zu befinden, Esaias aber besage der Actorum fol.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/205>, abgerufen am 24.04.2024.