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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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ores ad lenitatem judices esse debent, in gravioribus poenis severitatem legum cum alioquo temperamento benignitatis subsequi &c.

§. XLII. Ob nun wohl die Herren JCti Wittebergenses der ReaeDas Urtheil der löbl. Juristen-Facultät zu Wittenberg. nicht, wie gebeten, das juramentum purgatorium, sondern territionem verbalem Mense Majo 1685. Actor. fol. 215. seq. in verbis:

Daraus allenthalben so viel zu befinden, daß Anna, in Fall sie auf gütl. Zureden, ihr Bekäntniß richtiger zu thun sich ferner verweigern solte, dem Scharff-Richter vorzustellen, und vermittelst desselben, als solte und wolte er sie angreiffen, jedoch noch zur Zeit nicht angegriffen, zu befragen, ob sie nicht An. 1681. umb Mich. ein lebendiges Kind zur Welt bracht? Ob sie nicht Hand an dasselbe geleget, und es ermordet? Oder ob nicht solches ihre Mutter Maria, gethan? Wie es damit zugegangen, und was jedes darbey gethan! Darauff und wenn ihre Aussage, auch wie sie sich darbey geberdet, mit Fleiß, immassen zu beschehen, zu den Acten verzeichnet wird, der Bestraffung halber oder sonst ferner ergehet, was Recht ist.

zuerkandt; so ware doch in Betrachtung dessen, was allbereit oben §. 2. & 5. angeführet worden, absonderlich aber, weil in delictis ejusmodi capitalibus und zwar bey dergleichen indiciis das juramentum purgatorium nicht wohl pfleget erkandt zu werden, bey der Sache auff meiner Seite weiter nichts zu thun, zumahlen da ohnedem es sich noch sehr disputiren liesse: Ob nicht certo respectu es öffters besser pro reo sey, wenn auff die territionem verbalem oder wenn auff ein juramentum purgatorium gesprochen wird. Solcher gestalt nun finde ich auch in meinen excerptis weiter nichts als das letzte definitiv Urtheil.

§. XLIII. Dieses ware nun abermahls von denen Herren SchöppenDas letzte Definitiv Urtheil. zu Leipzig, und zwar erst mense Junio 1687. (Actorum fol. 284.) verfertiget worden.

Dieweil Inquisitin Anna, als sie dem fol. 215. Vol. 2. befindlichen Urtheil zu folge dem Scharff-Richter vorgestellet worden, vor demselben erhalten, daß Sie Ano 1681. umb Michaelis kein lebendig Kind zur Welt gebohren, Sie auch an dasselbe Hand nicht angeleget, und es ermordet, noch solches ihre Mutter gethan, sondern es wäre das Kind todt auff die Welt kommen, nach mehrern Inhalt der überschickten Inquisitions-Acten; So mag zwar nunmehro wegen der beygemessenen Ermordung weder wieder Sie noch der Mutter, ingleichen dem Vater etwas weiter vorgenommen werden, Sie Anna ist aber gleichwohl, daß sie sich damahls in Unehren schwängern lassen, die Schwängerung auch gegen ihren Vater beständig verneinet, und sowohl die Geburt ausser gegen die Mutter gantz heimlich gehalten, und nachgehends als sie des Kindes genesen, ein Küssen auff den Leib gebunden, zu dem Ende,

ores ad lenitatem judices esse debent, in gravioribus poenis severitatem legum cum alioquo temperamento benignitatis subsequi &c.

§. XLII. Ob nun wohl die Herren JCti Wittebergenses der ReaeDas Urtheil der löbl. Juristen-Facultät zu Wittenberg. nicht, wie gebeten, das juramentum purgatorium, sondern territionem verbalem Mense Majo 1685. Actor. fol. 215. seq. in verbis:

Daraus allenthalben so viel zu befinden, daß Anna, in Fall sie auf gütl. Zureden, ihr Bekäntniß richtiger zu thun sich ferner verweigern solte, dem Scharff-Richter vorzustellen, und vermittelst desselben, als solte und wolte er sie angreiffen, jedoch noch zur Zeit nicht angegriffen, zu befragen, ob sie nicht An. 1681. umb Mich. ein lebendiges Kind zur Welt bracht? Ob sie nicht Hand an dasselbe geleget, und es ermordet? Oder ob nicht solches ihre Mutter Maria, gethan? Wie es damit zugegangen, und was jedes darbey gethan! Darauff und wenn ihre Aussage, auch wie sie sich darbey geberdet, mit Fleiß, immassen zu beschehen, zu den Acten verzeichnet wird, der Bestraffung halber oder sonst ferner ergehet, was Recht ist.

zuerkandt; so ware doch in Betrachtung dessen, was allbereit oben §. 2. & 5. angeführet worden, absonderlich aber, weil in delictis ejusmodi capitalibus und zwar bey dergleichen indiciis das juramentum purgatorium nicht wohl pfleget erkandt zu werden, bey der Sache auff meiner Seite weiter nichts zu thun, zumahlen da ohnedem es sich noch sehr disputiren liesse: Ob nicht certo respectu es öffters besser pro reo sey, wenn auff die territionem verbalem oder wenn auff ein juramentum purgatorium gesprochen wird. Solcher gestalt nun finde ich auch in meinen excerptis weiter nichts als das letzte definitiv Urtheil.

§. XLIII. Dieses ware nun abermahls von denen Herren SchöppenDas letzte Definitiv Urtheil. zu Leipzig, und zwar erst mense Junio 1687. (Actorum fol. 284.) verfertiget worden.

Dieweil Inquisitin Anna, als sie dem fol. 215. Vol. 2. befindlichen Urtheil zu folge dem Scharff-Richter vorgestellet worden, vor demselben erhalten, daß Sie Ano 1681. umb Michaelis kein lebendig Kind zur Welt gebohren, Sie auch an dasselbe Hand nicht angeleget, und es ermordet, noch solches ihre Mutter gethan, sondern es wäre das Kind todt auff die Welt kommen, nach mehrern Inhalt der überschickten Inquisitions-Acten; So mag zwar nunmehro wegen der beygemessenen Ermordung weder wieder Sie noch der Mutter, ingleichen dem Vater etwas weiter vorgenommen werden, Sie Anna ist aber gleichwohl, daß sie sich damahls in Unehren schwängern lassen, die Schwängerung auch gegen ihren Vater beständig verneinet, und sowohl die Geburt ausser gegen die Mutter gantz heimlich gehalten, und nachgehends als sie des Kindes genesen, ein Küssen auff den Leib gebunden, zu dem Ende,

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[103/0119] ores ad lenitatem judices esse debent, in gravioribus poenis severitatem legum cum alioquo temperamento benignitatis subsequi &c. §. XLII. Ob nun wohl die Herren JCti Wittebergenses der Reae nicht, wie gebeten, das juramentum purgatorium, sondern territionem verbalem Mense Majo 1685. Actor. fol. 215. seq. in verbis: Das Urtheil der löbl. Juristen-Facultät zu Wittenberg. Daraus allenthalben so viel zu befinden, daß Anna, in Fall sie auf gütl. Zureden, ihr Bekäntniß richtiger zu thun sich ferner verweigern solte, dem Scharff-Richter vorzustellen, und vermittelst desselben, als solte und wolte er sie angreiffen, jedoch noch zur Zeit nicht angegriffen, zu befragen, ob sie nicht An. 1681. umb Mich. ein lebendiges Kind zur Welt bracht? Ob sie nicht Hand an dasselbe geleget, und es ermordet? Oder ob nicht solches ihre Mutter Maria, gethan? Wie es damit zugegangen, und was jedes darbey gethan! Darauff und wenn ihre Aussage, auch wie sie sich darbey geberdet, mit Fleiß, immassen zu beschehen, zu den Acten verzeichnet wird, der Bestraffung halber oder sonst ferner ergehet, was Recht ist. zuerkandt; so ware doch in Betrachtung dessen, was allbereit oben §. 2. & 5. angeführet worden, absonderlich aber, weil in delictis ejusmodi capitalibus und zwar bey dergleichen indiciis das juramentum purgatorium nicht wohl pfleget erkandt zu werden, bey der Sache auff meiner Seite weiter nichts zu thun, zumahlen da ohnedem es sich noch sehr disputiren liesse: Ob nicht certo respectu es öffters besser pro reo sey, wenn auff die territionem verbalem oder wenn auff ein juramentum purgatorium gesprochen wird. Solcher gestalt nun finde ich auch in meinen excerptis weiter nichts als das letzte definitiv Urtheil. §. XLIII. Dieses ware nun abermahls von denen Herren Schöppen zu Leipzig, und zwar erst mense Junio 1687. (Actorum fol. 284.) verfertiget worden. Das letzte Definitiv Urtheil. Dieweil Inquisitin Anna, als sie dem fol. 215. Vol. 2. befindlichen Urtheil zu folge dem Scharff-Richter vorgestellet worden, vor demselben erhalten, daß Sie Ano 1681. umb Michaelis kein lebendig Kind zur Welt gebohren, Sie auch an dasselbe Hand nicht angeleget, und es ermordet, noch solches ihre Mutter gethan, sondern es wäre das Kind todt auff die Welt kommen, nach mehrern Inhalt der überschickten Inquisitions-Acten; So mag zwar nunmehro wegen der beygemessenen Ermordung weder wieder Sie noch der Mutter, ingleichen dem Vater etwas weiter vorgenommen werden, Sie Anna ist aber gleichwohl, daß sie sich damahls in Unehren schwängern lassen, die Schwängerung auch gegen ihren Vater beständig verneinet, und sowohl die Geburt ausser gegen die Mutter gantz heimlich gehalten, und nachgehends als sie des Kindes genesen, ein Küssen auff den Leib gebunden, zu dem Ende,

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/119>, abgerufen am 25.04.2024.