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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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und unwahrscheinlichen Dingen.
fen werden/ so wird in Zweiffel geschlossen/
daß sie auch bey denen andern sich befinden
lassen/ biß man das Gegentheil behauptet.

53. Und also entstehet daraus eine War-
scheinligkeit/
weil es sehr wahrscheinlich ist/
daß ein individuum eine soche Natur habe
als viel andere/ aber es ist doch nicht unstreitig
wahr/ weil mich mein concept zugleich ver-
sichert/ daß die Sache von der die Rede ist/
ohne Verletzung des Wesens doch sich anders
verhalten könne

54. Denn es ist kein Zweiffel/ daß die pro-
position,
die mehrentheils eintrifft der pro-
positioni universali,
die nichts anders als ei-
ne idee ist/ zwar am nechsten komme/ aber
gleichwohl bleibt sie particularis, wenn man
nur eine instantz darauff geben kan.

55. Also würde in Zweiffel davor gehal-
ten/ daß alle Raben schwartz sind/ daß alle
Menschen zwey Füsse haben u. s. w.

56. Jemehr nun individua seyn/ bey
denen der concept verificirt werden kan/
je wahrscheinlicher ist derselbe/ und je we-
niger dieselben seyn/ je unwahrscheinlicher
läst sich derselbe bey andern praesumiren.

57. Am unwahrscheinlichsten ists/ wenn

man
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und unwahrſcheinlichen Dingen.
fen werden/ ſo wird in Zweiffel geſchloſſen/
daß ſie auch bey denen andern ſich befinden
laſſen/ biß man das Gegentheil behauptet.

53. Und alſo entſtehet daraus eine War-
ſcheinligkeit/
weil es ſehr wahrſcheinlich iſt/
daß ein individuum eine ſoche Natur habe
als viel andere/ aber es iſt doch nicht unſtreitig
wahr/ weil mich mein concept zugleich ver-
ſichert/ daß die Sache von der die Rede iſt/
ohne Verletzung des Weſens doch ſich anders
verhalten koͤnne

54. Denn es iſt kein Zweiffel/ daß die pro-
poſition,
die mehrentheils eintrifft der pro-
poſitioni univerſali,
die nichts anders als ei-
ne idee iſt/ zwar am nechſten komme/ aber
gleichwohl bleibt ſie particularis, wenn man
nur eine inſtantz darauff geben kan.

55. Alſo wuͤrde in Zweiffel davor gehal-
ten/ daß alle Raben ſchwartz ſind/ daß alle
Menſchen zwey Fuͤſſe haben u. ſ. w.

56. Jemehr nun individua ſeyn/ bey
denen der concept verificirt werden kan/
je wahrſcheinlicher iſt derſelbe/ und je we-
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man
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[233/0251] und unwahrſcheinlichen Dingen. fen werden/ ſo wird in Zweiffel geſchloſſen/ daß ſie auch bey denen andern ſich befinden laſſen/ biß man das Gegentheil behauptet. 53. Und alſo entſtehet daraus eine War- ſcheinligkeit/ weil es ſehr wahrſcheinlich iſt/ daß ein individuum eine ſoche Natur habe als viel andere/ aber es iſt doch nicht unſtreitig wahr/ weil mich mein concept zugleich ver- ſichert/ daß die Sache von der die Rede iſt/ ohne Verletzung des Weſens doch ſich anders verhalten koͤnne 54. Denn es iſt kein Zweiffel/ daß die pro- poſition, die mehrentheils eintrifft der pro- poſitioni univerſali, die nichts anders als ei- ne idee iſt/ zwar am nechſten komme/ aber gleichwohl bleibt ſie particularis, wenn man nur eine inſtantz darauff geben kan. 55. Alſo wuͤrde in Zweiffel davor gehal- ten/ daß alle Raben ſchwartz ſind/ daß alle Menſchen zwey Fuͤſſe haben u. ſ. w. 56. Jemehr nun individua ſeyn/ bey denen der concept verificirt werden kan/ je wahrſcheinlicher iſt derſelbe/ und je we- niger dieſelben ſeyn/ je unwahrſcheinlicher laͤſt ſich derſelbe bey andern præſumiren. 57. Am unwahrſcheinlichſten iſts/ wenn man P 5

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/251>, abgerufen am 13.06.2024.