Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 1. H. von der Gelahrheit
hat/ oder darein er von andern Menschen gesetzt
worden.

112.

Der ordentliche Zustand ist derjenige/
wenn die Bewegung aller Theile des menschli-
chen Leibes in der von GOtt geordneten propor-
tion
und Masse/ auch Abwechselung verbleibet/
und so zu reden in gleicher Wage bald auf diese
Seite bald auff jene incliniret/ welches nicht al-
leine von der Bewegung des Geblüts/ und der
geistigen Cörper in denen nerven, sondern auch
von der Bewegung der Vernunfft und des Wil-
lens zu verstehen/ daß beyde allein zum Guten an-
getrieben/ und von Bösen abgeführet/ in allen an-
dern Dingen aber gleich gültig seyn. Dieser Zu-
stand ist an sich selber gut.

113.

Der ausserordentliche Zustand ist der-
jenige/ wenn diese Bewegung von der von GOtt
geordneten Masse abweichet/ und entweder den
Wachsthum allzumercklich befördert/ oder das
Abnehmen unmittelbahr und empfindlich be-
schleuniget/ und wenn der Verstand und Wille
zum Guten träge und zum Bösen munter ist/ auch
keines weges eine ruhige Bewegung empfindet/
sondern von allen äusserlichen Dingen bald da
bald dorthin gerissen wird. Jn diesem Zustande
leben dem Leibe nach die Krancken/ und nach der
Seeleu die in Unwissenheit und Jrrthümern/
Eitelkeit
und Lastern stecken. Dieser Zustand
ist böse.

114. Nach

Das 1. H. von der Gelahrheit
hat/ oder darein er von andern Menſchen geſetzt
worden.

112.

Der ordentliche Zuſtand iſt derjenige/
wenn die Bewegung aller Theile des menſchli-
chen Leibes in der von GOtt geordneten propor-
tion
und Maſſe/ auch Abwechſelung verbleibet/
und ſo zu reden in gleicher Wage bald auf dieſe
Seite bald auff jene incliniret/ welches nicht al-
leine von der Bewegung des Gebluͤts/ und der
geiſtigen Coͤrper in denen nerven, ſondern auch
von der Bewegung der Vernunfft und des Wil-
lens zu verſtehen/ daß beyde allein zum Guten an-
getrieben/ und von Boͤſen abgefuͤhret/ in allen an-
dern Dingen aber gleich guͤltig ſeyn. Dieſer Zu-
ſtand iſt an ſich ſelber gut.

113.

Der auſſerordentliche Zuſtand iſt der-
jenige/ wenn dieſe Bewegung von der von GOtt
geordneten Maſſe abweichet/ und entweder den
Wachsthum allzumercklich befoͤrdert/ oder das
Abnehmen unmittelbahr und empfindlich be-
ſchleuniget/ und wenn der Verſtand und Wille
zum Guten traͤge und zum Boͤſen munter iſt/ auch
keines weges eine ruhige Bewegung empfindet/
ſondern von allen aͤuſſerlichen Dingen bald da
bald dorthin geriſſen wird. Jn dieſem Zuſtande
leben dem Leibe nach die Krancken/ und nach der
Seeleu die in Unwiſſenheit und Jrrthuͤmern/
Eitelkeit
und Laſtern ſtecken. Dieſer Zuſtand
iſt boͤſe.

114. Nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0074" n="42"/><fw place="top" type="header">Das 1. H. von der Gelahrheit</fw><lb/>
hat/ oder darein er von andern Men&#x017F;chen ge&#x017F;etzt<lb/>
worden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>112.</head>
          <p>Der <hi rendition="#fr">ordentliche Zu&#x017F;tand i&#x017F;t</hi> derjenige/<lb/>
wenn die Bewegung aller Theile des men&#x017F;chli-<lb/>
chen Leibes in der von GOtt geordneten <hi rendition="#aq">propor-<lb/>
tion</hi> und Ma&#x017F;&#x017F;e/ auch Abwech&#x017F;elung verbleibet/<lb/>
und &#x017F;o zu reden in gleicher Wage bald auf die&#x017F;e<lb/>
Seite bald auff jene <hi rendition="#aq">inclinir</hi>et/ welches nicht al-<lb/>
leine von der Bewegung des Geblu&#x0364;ts/ und der<lb/>
gei&#x017F;tigen Co&#x0364;rper in denen <hi rendition="#aq">nerven,</hi> &#x017F;ondern auch<lb/>
von der Bewegung der Vernunfft und des Wil-<lb/>
lens zu ver&#x017F;tehen/ daß beyde allein zum Guten an-<lb/>
getrieben/ und von Bo&#x0364;&#x017F;en abgefu&#x0364;hret/ in allen an-<lb/>
dern Dingen aber gleich gu&#x0364;ltig &#x017F;eyn. Die&#x017F;er Zu-<lb/>
&#x017F;tand i&#x017F;t <hi rendition="#fr">an &#x017F;ich &#x017F;elber gut.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>113.</head>
          <p>Der <hi rendition="#fr">au&#x017F;&#x017F;erordentliche Zu&#x017F;tand</hi> i&#x017F;t der-<lb/>
jenige/ wenn die&#x017F;e Bewegung von der von GOtt<lb/>
geordneten Ma&#x017F;&#x017F;e abweichet/ und entweder den<lb/>
Wachsthum allzumercklich befo&#x0364;rdert/ oder das<lb/>
Abnehmen unmittelbahr und empfindlich be-<lb/>
&#x017F;chleuniget/ und wenn der Ver&#x017F;tand und Wille<lb/>
zum Guten tra&#x0364;ge und zum Bo&#x0364;&#x017F;en munter i&#x017F;t/ auch<lb/>
keines weges eine ruhige Bewegung empfindet/<lb/>
&#x017F;ondern von allen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Dingen bald da<lb/>
bald dorthin geri&#x017F;&#x017F;en wird. Jn die&#x017F;em Zu&#x017F;tande<lb/>
leben dem Leibe nach die <hi rendition="#fr">Krancken/</hi> und nach der<lb/>
Seeleu die in <hi rendition="#fr">Unwi&#x017F;&#x017F;enheit</hi> und <hi rendition="#fr">Jrrthu&#x0364;mern/<lb/>
Eitelkeit</hi> und <hi rendition="#fr">La&#x017F;tern</hi> &#x017F;tecken. Die&#x017F;er Zu&#x017F;tand<lb/>
i&#x017F;t <hi rendition="#fr">bo&#x0364;&#x017F;e.</hi></p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">114. Nach</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0074] Das 1. H. von der Gelahrheit hat/ oder darein er von andern Menſchen geſetzt worden. 112. Der ordentliche Zuſtand iſt derjenige/ wenn die Bewegung aller Theile des menſchli- chen Leibes in der von GOtt geordneten propor- tion und Maſſe/ auch Abwechſelung verbleibet/ und ſo zu reden in gleicher Wage bald auf dieſe Seite bald auff jene incliniret/ welches nicht al- leine von der Bewegung des Gebluͤts/ und der geiſtigen Coͤrper in denen nerven, ſondern auch von der Bewegung der Vernunfft und des Wil- lens zu verſtehen/ daß beyde allein zum Guten an- getrieben/ und von Boͤſen abgefuͤhret/ in allen an- dern Dingen aber gleich guͤltig ſeyn. Dieſer Zu- ſtand iſt an ſich ſelber gut. 113. Der auſſerordentliche Zuſtand iſt der- jenige/ wenn dieſe Bewegung von der von GOtt geordneten Maſſe abweichet/ und entweder den Wachsthum allzumercklich befoͤrdert/ oder das Abnehmen unmittelbahr und empfindlich be- ſchleuniget/ und wenn der Verſtand und Wille zum Guten traͤge und zum Boͤſen munter iſt/ auch keines weges eine ruhige Bewegung empfindet/ ſondern von allen aͤuſſerlichen Dingen bald da bald dorthin geriſſen wird. Jn dieſem Zuſtande leben dem Leibe nach die Krancken/ und nach der Seeleu die in Unwiſſenheit und Jrrthuͤmern/ Eitelkeit und Laſtern ſtecken. Dieſer Zuſtand iſt boͤſe. 114. Nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/74
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/74>, abgerufen am 24.11.2024.