Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 5. Hauptst. von der allgemeinen 3. Denn es ist anfänglich eine allgemeine 4. Alle Menschen werden auff gleiche Weise te
Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen 3. Denn es iſt anfaͤnglich eine allgemeine 4. Alle Menſchen werden auff gleiche Weiſe te
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0230" n="200[198]"/> <fw place="top" type="header">Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen</fw><lb/> <div n="3"> <head>3.</head> <p>Denn es iſt anfaͤnglich eine <hi rendition="#fr">allgemeine<lb/> Gleichheit/</hi> die man bey allen Menſchen antrifft/<lb/> ſie moͤgen ſeyn von was Stand/ Alter und Na-<lb/> tion ſie wollen. Dieſe Gleichheit beſtehet<lb/><hi rendition="#fr">in der menſchlichen Natur/</hi> und kan durch kei-<lb/> ne Ungleichheit/ ſie moͤge Nahmen haben wie ſie<lb/> wolle/ auffgehoben werden. Sondern bindet den<lb/> maͤchtigſten <hi rendition="#fr">Koͤnig</hi> und den aͤrmſten <hi rendition="#fr">Bettler/</hi><lb/> den groͤſten <hi rendition="#fr">Heiligen</hi> und den verdamteſten <hi rendition="#fr">Ke-<lb/> tzer/</hi> den <hi rendition="#fr">gelehrteſten</hi> Mann und den <hi rendition="#fr">unver-<lb/> ſtaͤndigſten</hi> Bauer zuſammen/ und verdienet<lb/> wohl/ daß wir ſehen/ aus was fuͤr Theilen dieſe<lb/> Gleichheit beſtehet.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>4.</head> <p>Alle Menſchen werden auff gleiche Weiſe<lb/><hi rendition="#fr">gezeuget</hi> und <hi rendition="#fr">gebohren/</hi> ſie koͤnnen ohne Eſſen<lb/> und Trincken/ Kleider und Wohnung ihr <hi rendition="#fr">Leben<lb/> nicht erhalten;</hi> der Uberfluß der Speiſe und<lb/> Tranck wird bey einem wie bey dem andern zu<lb/><hi rendition="#fr">ftinckenden Unflath.</hi> Sie ſind alle denen<lb/><hi rendition="#fr">Kranckheiten</hi> unterworffen und muͤſſen <hi rendition="#fr">ſter-<lb/> ben/</hi> und der Tod machet ſie alle gleich. Jſt<lb/> gleich einer verſtaͤndiger und tugendhaffter als<lb/> der andere/ ſo haben ſie doch alle <hi rendition="#fr">gleiche</hi> <hi rendition="#aq">capaci-</hi><lb/> taͤt weiſe und tugendhafft zu werden; und zu glei-<lb/> cher Weiſe als ein Weiſer in ſeiner Weißheit ſich<lb/> vergehen oder derſelben durch Kranckheit berau-<lb/> bet werden kan/ ein tugendhaffter aber vielen<lb/> Schwachheiten unterworffen iſt; alſo kan auch<lb/> ein Unweiſer und Laſterhaffter ſich beſſern. Die<lb/> goͤttliche Vorſehung welches unvernuͤnfftige Leu-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">te</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [200[198]/0230]
Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen
3. Denn es iſt anfaͤnglich eine allgemeine
Gleichheit/ die man bey allen Menſchen antrifft/
ſie moͤgen ſeyn von was Stand/ Alter und Na-
tion ſie wollen. Dieſe Gleichheit beſtehet
in der menſchlichen Natur/ und kan durch kei-
ne Ungleichheit/ ſie moͤge Nahmen haben wie ſie
wolle/ auffgehoben werden. Sondern bindet den
maͤchtigſten Koͤnig und den aͤrmſten Bettler/
den groͤſten Heiligen und den verdamteſten Ke-
tzer/ den gelehrteſten Mann und den unver-
ſtaͤndigſten Bauer zuſammen/ und verdienet
wohl/ daß wir ſehen/ aus was fuͤr Theilen dieſe
Gleichheit beſtehet.
4. Alle Menſchen werden auff gleiche Weiſe
gezeuget und gebohren/ ſie koͤnnen ohne Eſſen
und Trincken/ Kleider und Wohnung ihr Leben
nicht erhalten; der Uberfluß der Speiſe und
Tranck wird bey einem wie bey dem andern zu
ftinckenden Unflath. Sie ſind alle denen
Kranckheiten unterworffen und muͤſſen ſter-
ben/ und der Tod machet ſie alle gleich. Jſt
gleich einer verſtaͤndiger und tugendhaffter als
der andere/ ſo haben ſie doch alle gleiche capaci-
taͤt weiſe und tugendhafft zu werden; und zu glei-
cher Weiſe als ein Weiſer in ſeiner Weißheit ſich
vergehen oder derſelben durch Kranckheit berau-
bet werden kan/ ein tugendhaffter aber vielen
Schwachheiten unterworffen iſt; alſo kan auch
ein Unweiſer und Laſterhaffter ſich beſſern. Die
goͤttliche Vorſehung welches unvernuͤnfftige Leu-
te
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |