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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Glückseeligkeit des Menschen.
und sich selbst das Vergnügen/ dessen sie fähig
sind/ zugeben. Und ob sie schon nicht leichtlich
andere Bestien einerley Art und Geschlecht ver-
letzen/ so suchen sie doch auch nicht in dem Wohl-
seyn der andern das geringste Vergnügen/ weil
sie von dem Schöpffer zu keiner Gesellschafft
unter sich gewidmet sind.

74.

Aber der Mensch wäre ohne mensch-
liche Gesellschafft nichts/
nicht so so wohl was
die Zeugung und Geburt betrifft/ welche er in et-
was mit denen Bestien gemein hat/ (wiewohl die
Zusammenfügung des Männleins und Weib-
leins unter denen unvernünfftigen Thieren
nicht verdienet eine Gesellschafft genennet zuwer-
den) als wegen der Aufferziehung. Ein Mensch
müste verderben/ wenn sich andere Menschen
nicht seiner annähmen/ da hingegen die bestien
zur noth alsbald von der Geburt an sich selber
forthelffen konnen.

75.

Ein Mensch wäre kein Mensch ohne
andere menschliche Gesellschafft.
Was wä-
ren ihm die Gedancken nütze/ wenn keine andere
Menschen wären? könte nicht eben so wohl ein
innerlicher unvernünfftiger Trieb zu seiner Er-
haltung genung seyn/ wie bey denen bestien. Die
Gedancken sind eine innerliche Rede. Worzu
brauchte er diese innerliche Rede/ wenn niemand
wäre/ mit dem er seine Gedancken communici-
ren solte? Diese innerliche Rede praesupponiret
eine äusserliche. Und wo wolte er also innerlich

mit
F 5

Gluͤckſeeligkeit des Menſchen.
und ſich ſelbſt das Vergnuͤgen/ deſſen ſie faͤhig
ſind/ zugeben. Und ob ſie ſchon nicht leichtlich
andere Beſtien einerley Art und Geſchlecht ver-
letzen/ ſo ſuchen ſie doch auch nicht in dem Wohl-
ſeyn der andern das geringſte Vergnuͤgen/ weil
ſie von dem Schoͤpffer zu keiner Geſellſchafft
unter ſich gewidmet ſind.

74.

Aber der Menſch waͤre ohne menſch-
liche Geſellſchafft nichts/
nicht ſo ſo wohl was
die Zeugung und Geburt betrifft/ welche er in et-
was mit denen Beſtien gemein hat/ (wiewohl die
Zuſammenfuͤgung des Maͤnnleins und Weib-
leins unter denen unvernuͤnfftigen Thieren
nicht verdienet eine Geſellſchafft genennet zuwer-
den) als wegen der Aufferziehung. Ein Menſch
muͤſte verderben/ wenn ſich andere Menſchen
nicht ſeiner annaͤhmen/ da hingegen die beſtien
zur noth alsbald von der Geburt an ſich ſelber
forthelffen konnen.

75.

Ein Menſch waͤre kein Menſch ohne
andere menſchliche Geſellſchafft.
Was waͤ-
ren ihm die Gedancken nuͤtze/ wenn keine andere
Menſchen waͤren? koͤnte nicht eben ſo wohl ein
innerlicher unvernuͤnfftiger Trieb zu ſeiner Er-
haltung genung ſeyn/ wie bey denen beſtien. Die
Gedancken ſind eine innerliche Rede. Worzu
brauchte er dieſe innerliche Rede/ wenn niemand
waͤre/ mit dem er ſeine Gedancken communici-
ren ſolte? Dieſe innerliche Rede præſupponiret
eine aͤuſſerliche. Und wo wolte er alſo innerlich

mit
F 5
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[89/0121] Gluͤckſeeligkeit des Menſchen. und ſich ſelbſt das Vergnuͤgen/ deſſen ſie faͤhig ſind/ zugeben. Und ob ſie ſchon nicht leichtlich andere Beſtien einerley Art und Geſchlecht ver- letzen/ ſo ſuchen ſie doch auch nicht in dem Wohl- ſeyn der andern das geringſte Vergnuͤgen/ weil ſie von dem Schoͤpffer zu keiner Geſellſchafft unter ſich gewidmet ſind. 74. Aber der Menſch waͤre ohne menſch- liche Geſellſchafft nichts/ nicht ſo ſo wohl was die Zeugung und Geburt betrifft/ welche er in et- was mit denen Beſtien gemein hat/ (wiewohl die Zuſammenfuͤgung des Maͤnnleins und Weib- leins unter denen unvernuͤnfftigen Thieren nicht verdienet eine Geſellſchafft genennet zuwer- den) als wegen der Aufferziehung. Ein Menſch muͤſte verderben/ wenn ſich andere Menſchen nicht ſeiner annaͤhmen/ da hingegen die beſtien zur noth alsbald von der Geburt an ſich ſelber forthelffen konnen. 75. Ein Menſch waͤre kein Menſch ohne andere menſchliche Geſellſchafft. Was waͤ- ren ihm die Gedancken nuͤtze/ wenn keine andere Menſchen waͤren? koͤnte nicht eben ſo wohl ein innerlicher unvernuͤnfftiger Trieb zu ſeiner Er- haltung genung ſeyn/ wie bey denen beſtien. Die Gedancken ſind eine innerliche Rede. Worzu brauchte er dieſe innerliche Rede/ wenn niemand waͤre/ mit dem er ſeine Gedancken communici- ren ſolte? Dieſe innerliche Rede præſupponiret eine aͤuſſerliche. Und wo wolte er alſo innerlich mit F 5

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/121>, abgerufen am 21.11.2024.