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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 1. H. von der Geschickligkeit

75. Und dieses ist auch eben die 5. inconve-
nienz,
die man bey der bißher untersuchten
methode mit anzumercken hat: Man soll an
allen zweiffeln/ man soll alles für falsch hal-
ten und wegschmeissen/ biß man ein gewiß
principium raciocinandi gefunden bat. Denn
wie soll man das principium raciocinan-
di
finden/ das man nebst denen andern Din-
gen für falsch gehalten und mit weggeschmis-
sen hat.

76. Nachdem ich bißher die gegebene regul,
daß man bey Untersuchung der Warheit an-
fangen zu zweiffeln müsse/ zimlich anders als
sonsten zu geschehen pfleget/ erkläret/ hoffen
wir wohl/ daß die meisten argumenta der je-
nigen/
die zu Vetheidigung derer praejudicio-
rum
diesen nöthigen Zweiffel zu bestreiten
sich höchlich angelegen seyn lassen/ uns in ge-
ringsten nicht treffen werden/ weil sie fürnehm-
lich dahin zielen/ daß sie erweisen wollen/ man
solle nicht an allen Dingen zweiffeln/ und
man solle die Dinge an denen man zweiffelt/
nicht für falsch halten.

77. Gleichwohl scheinet die schwereste Obje-
ction,
die man darwider einstreuet/ uns ja so
wohl als die andern zu treffen. Wir haben

oben
Das 1. H. von der Geſchickligkeit

75. Und dieſes iſt auch eben die 5. inconve-
nienz,
die man bey der bißher unterſuchten
methode mit anzumercken hat: Man ſoll an
allen zweiffeln/ man ſoll alles fuͤr falſch hal-
ten und wegſchmeiſſen/ biß man ein gewiß
principium raciocinandi gefunden bat. Denn
wie ſoll man das principium raciocinan-
di
finden/ das man nebſt denen andern Din-
gen fuͤr falſch gehalten und mit weggeſchmiſ-
ſen hat.

76. Nachdem ich bißher die gegebene regul,
daß man bey Unterſuchung der Warheit an-
fangen zu zweiffeln muͤſſe/ zimlich anders als
ſonſten zu geſchehen pfleget/ erklaͤret/ hoffen
wir wohl/ daß die meiſten argumenta der je-
nigen/
die zu Vetheidigung derer præjudicio-
rum
dieſen noͤthigen Zweiffel zu beſtreiten
ſich hoͤchlich angelegen ſeyn laſſen/ uns in ge-
ringſten nicht treffen werden/ weil ſie fuͤrnehm-
lich dahin zielen/ daß ſie erweiſen wollen/ man
ſolle nicht an allen Dingen zweiffeln/ und
man ſolle die Dinge an denen man zweiffelt/
nicht fuͤr falſch halten.

77. Gleichwohl ſcheinet die ſchwereſte Obje-
ction,
die man darwider einſtreuet/ uns ja ſo
wohl als die andern zu treffen. Wir haben

oben
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[34/0060] Das 1. H. von der Geſchickligkeit 75. Und dieſes iſt auch eben die 5. inconve- nienz, die man bey der bißher unterſuchten methode mit anzumercken hat: Man ſoll an allen zweiffeln/ man ſoll alles fuͤr falſch hal- ten und wegſchmeiſſen/ biß man ein gewiß principium raciocinandi gefunden bat. Denn wie ſoll man das principium raciocinan- di finden/ das man nebſt denen andern Din- gen fuͤr falſch gehalten und mit weggeſchmiſ- ſen hat. 76. Nachdem ich bißher die gegebene regul, daß man bey Unterſuchung der Warheit an- fangen zu zweiffeln muͤſſe/ zimlich anders als ſonſten zu geſchehen pfleget/ erklaͤret/ hoffen wir wohl/ daß die meiſten argumenta der je- nigen/ die zu Vetheidigung derer præjudicio- rum dieſen noͤthigen Zweiffel zu beſtreiten ſich hoͤchlich angelegen ſeyn laſſen/ uns in ge- ringſten nicht treffen werden/ weil ſie fuͤrnehm- lich dahin zielen/ daß ſie erweiſen wollen/ man ſolle nicht an allen Dingen zweiffeln/ und man ſolle die Dinge an denen man zweiffelt/ nicht fuͤr falſch halten. 77. Gleichwohl ſcheinet die ſchwereſte Obje- ction, die man darwider einſtreuet/ uns ja ſo wohl als die andern zu treffen. Wir haben oben

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/60>, abgerufen am 19.05.2024.