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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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anderer Jrrthümer zu widerlegen.
der andere seine Syllogismos anzubringen weiß/
sich aus zu winden.

29. Und mein! wenn die Syllogismus-Kunst
ein so bewehrtes Mittel ist/ andern die Jrrthü-
mer zu erkennen zu geben/ wo sind doch die
herrlichen Proben davon?
Wie viel hun-
dert Jahr sind nur verflossen/ da man auff ho-
hen Schulen viel tausend Syllogismos Ritter ge-
schlagen/ und dieselbe in die gantze Welt herumb
gesendet/ die Jrrthümer zu befechten; Kan
wohl unter so viel tausenden ein einiger nur ei-
nen auffweisen/ den er durch die Syllogismus-
Kunst dahin gebracht hätte/ daß er sich gefangen
gegeben und gestanden hätte/ daß ihm die Waf-
fen einer Barbara oder Celarent seinen Jrr-
thum zu erkennen gegeben/ und seinen Verstand
gebessert hätten? Denn ich halte nicht dafür
daß es genung seyn werde/ daß ein solcher Zän-
cker viel von seinen erhaltenen Siege herprahle/
wenn sich der andere nicht für gefangen erken-
net/ ob schon er selber und die seine Parthey hal-
ten/ den andern für überwunden ausschreyen.

30. Allein du must dieses/ was wir von der
Syllogismus-Kunst bißhero geredet/ nicht also
auffnehmen/ als ob wir dieselbe als eine an sich
selbsten schädliche Kunst ausschreyen wol-

ten.
S 4

anderer Jrrthuͤmer zu widerlegen.
der andere ſeine Syllogiſmos anzubringen weiß/
ſich aus zu winden.

29. Und mein! wenn die Syllogiſmus-Kunſt
ein ſo bewehrtes Mittel iſt/ andern die Jrrthuͤ-
mer zu erkennen zu geben/ wo ſind doch die
herrlichen Proben davon?
Wie viel hun-
dert Jahr ſind nur verfloſſen/ da man auff ho-
hen Schulen viel tauſend Syllogiſmos Ritter ge-
ſchlagen/ und dieſelbe in die gantze Welt herumb
geſendet/ die Jrrthuͤmer zu befechten; Kan
wohl unter ſo viel tauſenden ein einiger nur ei-
nen auffweiſen/ den er durch die Syllogiſmus-
Kunſt dahin gebracht haͤtte/ daß er ſich gefangen
gegeben und geſtanden haͤtte/ daß ihm die Waf-
fen einer Barbara oder Celarent ſeinen Jrr-
thum zu erkennen gegeben/ und ſeinen Verſtand
gebeſſert haͤtten? Denn ich halte nicht dafuͤr
daß es genung ſeyn werde/ daß ein ſolcher Zaͤn-
cker viel von ſeinen erhaltenen Siege herprahle/
wenn ſich der andere nicht fuͤr gefangen erken-
net/ ob ſchon er ſelber und die ſeine Parthey hal-
ten/ den andern fuͤr uͤberwunden ausſchreyen.

30. Allein du muſt dieſes/ was wir von der
Syllogiſmus-Kunſt bißhero geredet/ nicht alſo
auffnehmen/ als ob wir dieſelbe als eine an ſich
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ten.
S 4
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[279/0305] anderer Jrrthuͤmer zu widerlegen. der andere ſeine Syllogiſmos anzubringen weiß/ ſich aus zu winden. 29. Und mein! wenn die Syllogiſmus-Kunſt ein ſo bewehrtes Mittel iſt/ andern die Jrrthuͤ- mer zu erkennen zu geben/ wo ſind doch die herrlichen Proben davon? Wie viel hun- dert Jahr ſind nur verfloſſen/ da man auff ho- hen Schulen viel tauſend Syllogiſmos Ritter ge- ſchlagen/ und dieſelbe in die gantze Welt herumb geſendet/ die Jrrthuͤmer zu befechten; Kan wohl unter ſo viel tauſenden ein einiger nur ei- nen auffweiſen/ den er durch die Syllogiſmus- Kunſt dahin gebracht haͤtte/ daß er ſich gefangen gegeben und geſtanden haͤtte/ daß ihm die Waf- fen einer Barbara oder Celarent ſeinen Jrr- thum zu erkennen gegeben/ und ſeinen Verſtand gebeſſert haͤtten? Denn ich halte nicht dafuͤr daß es genung ſeyn werde/ daß ein ſolcher Zaͤn- cker viel von ſeinen erhaltenen Siege herprahle/ wenn ſich der andere nicht fuͤr gefangen erken- net/ ob ſchon er ſelber und die ſeine Parthey hal- ten/ den andern fuͤr uͤberwunden ausſchreyen. 30. Allein du muſt dieſes/ was wir von der Syllogiſmus-Kunſt bißhero geredet/ nicht alſo auffnehmen/ als ob wir dieſelbe als eine an ſich ſelbſten ſchaͤdliche Kunſt ausſchreyen wol- ten. S 4

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/305>, abgerufen am 27.11.2024.