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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 3. H. Von der Geschickligkeit
haben schon oben hiervon ein Exempel gegeben/
wenn einer gesagthätte: Wenn Titius mein
Erbe seyn wird/ sol
Cajus mein Erbe seyn/
und wenn
Cajus mein Erbe seyn wird/ sol
es
Titius seyn; und gewiesen/ daß solches oh-
ne Ursache von den JCtis unter die verwirrten
Dinge gerechnet werde.

150. 5. So ist auch endlich alle vernünfftige
Auslegung vergebens/ wenn ein Autor, es sey nun
an einen oder vielen Orten sich ausdrücklich
widersprochen hat/
so wenig es möglich ist daß
man zwey Personen/ die einander widerspre-
chen/ und par force nicht Friede machen wol-
len/ mit einander vereinigen könne.

151. Aber so offenbar die Wahrheit dieser
Anmerckung ist/ so gar gröblich und augen-
scheinlich wird dieselbe in praxi auch von sonst
gelehrten Leuten hindan gesetzt/ und an dersel-
ben statt die Thorheit umbarmet/ die die Ge-
lehrten auff zweyerley Weise verführet.

152. Denn entweder sind sie gantz verblen-
det/ und sehen keine Contradiction wo sie
doch augenscheinlich ist/ und erdencken tausend
Distinctiones die nichts heissen/ oder Casus die
denen Autoren nie in Sinne gekommen. O-
der aber sie sehen wohl/ daß sie auff diese Weise

nicht

Das 3. H. Von der Geſchickligkeit
haben ſchon oben hiervon ein Exempel gegeben/
wenn einer geſagthaͤtte: Wenn Titius mein
Erbe ſeyn wird/ ſol
Cajus mein Erbe ſeyn/
und wenn
Cajus mein Erbe ſeyn wird/ ſol
es
Titius ſeyn; und gewieſen/ daß ſolches oh-
ne Urſache von den JCtis unter die verwirrten
Dinge gerechnet werde.

150. 5. So iſt auch endlich alle vernuͤnfftige
Auslegung vergebens/ weñ ein Autor, es ſey nun
an einen oder vielen Orten ſich ausdruͤcklich
widerſprochen hat/
ſo wenig es moͤglich iſt daß
man zwey Perſonen/ die einander widerſpre-
chen/ und par force nicht Friede machen wol-
len/ mit einander vereinigen koͤnne.

151. Aber ſo offenbar die Wahrheit dieſer
Anmerckung iſt/ ſo gar groͤblich und augen-
ſcheinlich wird dieſelbe in praxi auch von ſonſt
gelehrten Leuten hindan geſetzt/ und an derſel-
ben ſtatt die Thorheit umbarmet/ die die Ge-
lehrten auff zweyerley Weiſe verfuͤhret.

152. Denn entweder ſind ſie gantz verblen-
det/ und ſehen keine Contradiction wo ſie
doch augenſcheinlich iſt/ und erdencken tauſend
Diſtinctiones die nichts heiſſen/ oder Caſus die
denen Autoren nie in Sinne gekommen. O-
der aber ſie ſehen wohl/ daß ſie auff dieſe Weiſe

nicht
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[226/0252] Das 3. H. Von der Geſchickligkeit haben ſchon oben hiervon ein Exempel gegeben/ wenn einer geſagthaͤtte: Wenn Titius mein Erbe ſeyn wird/ ſol Cajus mein Erbe ſeyn/ und wenn Cajus mein Erbe ſeyn wird/ ſol es Titius ſeyn; und gewieſen/ daß ſolches oh- ne Urſache von den JCtis unter die verwirrten Dinge gerechnet werde. 150. 5. So iſt auch endlich alle vernuͤnfftige Auslegung vergebens/ weñ ein Autor, es ſey nun an einen oder vielen Orten ſich ausdruͤcklich widerſprochen hat/ ſo wenig es moͤglich iſt daß man zwey Perſonen/ die einander widerſpre- chen/ und par force nicht Friede machen wol- len/ mit einander vereinigen koͤnne. 151. Aber ſo offenbar die Wahrheit dieſer Anmerckung iſt/ ſo gar groͤblich und augen- ſcheinlich wird dieſelbe in praxi auch von ſonſt gelehrten Leuten hindan geſetzt/ und an derſel- ben ſtatt die Thorheit umbarmet/ die die Ge- lehrten auff zweyerley Weiſe verfuͤhret. 152. Denn entweder ſind ſie gantz verblen- det/ und ſehen keine Contradiction wo ſie doch augenſcheinlich iſt/ und erdencken tauſend Diſtinctiones die nichts heiſſen/ oder Caſus die denen Autoren nie in Sinne gekommen. O- der aber ſie ſehen wohl/ daß ſie auff dieſe Weiſe nicht

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/252>, abgerufen am 21.05.2024.