Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].andere zu verstehen. mehr ad interpretationem Logicam, abersie wäre gantz offen bahr falsch. Denn es können viel Exempel gegeben werden/ daß der eigene und figürliche Verstand beyder- seits nicht unbill[i]g wären/ und dannenhero man entweder aus andern Muthmassun- gen sehen müste/ ob der eigene Verstand dem figürlichen vorzuziehen wäre/ oder dieselbi- gen wohl gar wiesen/ daß der figürliche Ver- stand alleine stat habe. z. e. Wenn einer dem andern eine Apothecke verkaufft hätte/ wel- ches Wort theils vor dem Ort/ darinnen die medicamenta verwahret werden/ theils vor die Medicamenta selbst per metonymiam genommen wird. Keine von beyden Be- deutungen hielte etwas verbotenes in sich. Oder wenn ich spräche: Er hat mit einem kalten Eisen sein Leben geendiget. Er hat diesen Ort mit gewaffneter Hand einge- nommen. 113. Gleiche Bewandnüß hat es auch mit ge- O
andere zu verſtehen. mehr ad interpretationem Logicam, aberſie waͤre gantz offen bahr falſch. Denn es koͤnnen viel Exempel gegeben werden/ daß der eigene und figuͤrliche Verſtand beyder- ſeits nicht unbill[i]g waͤren/ und dannenhero man entweder aus andern Muthmaſſun- gen ſehen muͤſte/ ob der eigene Verſtand dem figuͤrlichen vorzuziehen waͤre/ oder dieſelbi- gen wohl gar wieſen/ daß der figürliche Ver- ſtand alleine ſtat habe. z. e. Wenn einer dem andern eine Apothecke verkaufft haͤtte/ wel- ches Wort theils vor dem Ort/ darinnen die medicamenta verwahret werden/ theils vor die Medicamenta ſelbſt per metonymiam genommen wird. Keine von beyden Be- deutungen hielte etwas verbotenes in ſich. Oder wenn ich ſpraͤche: Er hat mit einem kalten Eiſen ſein Leben geendiget. Er hat dieſen Ort mit gewaffneter Hand einge- nommen. 113. Gleiche Bewandnuͤß hat es auch mit ge- O
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mehr ad interpretationem Logicam, aber
ſie waͤre gantz offen bahr falſch. Denn es
koͤnnen viel Exempel gegeben werden/ daß
der eigene und figuͤrliche Verſtand beyder-
ſeits nicht unbillig waͤren/ und dannenhero
man entweder aus andern Muthmaſſun-
gen ſehen muͤſte/ ob der eigene Verſtand dem
figuͤrlichen vorzuziehen waͤre/ oder dieſelbi-
gen wohl gar wieſen/ daß der figürliche Ver-
ſtand alleine ſtat habe. z. e. Wenn einer dem
andern eine Apothecke verkaufft haͤtte/ wel-
ches Wort theils vor dem Ort/ darinnen
die medicamenta verwahret werden/ theils
vor die Medicamenta ſelbſt per metonymiam
genommen wird. Keine von beyden Be-
deutungen hielte etwas verbotenes in ſich.
Oder wenn ich ſpraͤche: Er hat mit einem
kalten Eiſen ſein Leben geendiget. Er hat
dieſen Ort mit gewaffneter Hand einge-
nommen.
113. Gleiche Bewandnuͤß hat es auch mit
einer andern Regel/ die aus dem Jrrthum
der vorigen her gefloſſen/ denn ein Jrrthum iſt
niemahlen alleine. Man muß in Erklaͤ-
rung der Teſtamente und letzten Willen
die Worte des Teſtaments ſo lange in ei-
ge-
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/235>, abgerufen am 16.02.2025. |