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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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andere zuverstehen.
Kunst angewendet zu erweisen/ daß man dem-
selben die geringste Belohnung nicht schuldig
sey. Ob nun wohl dieses letzten seine Grün-
de viel wahrscheinlicher seyn/ und denen Regeln
einer guten Auslegung viel näher kommen/
so müssen wir doch desbalben des Luciani seine
Meynung nicht für boßhafft ausruffen/ und
deswegen uns mit ihm/ wie die Capitler/ zan-
cken.

62. Gleichwie dannenhero zu aller Erfor-
schung wahrscheinlicher Dinge theils ein ge-
schwinder und fähiger Verstand/ theils aber eine
attention und Auffmerckungauff wahrschein-
liche Regeln erfordert wird/ also ist es auch mit
der Auslegung dunckeler und zweydeutiger
Worte beschaffen. Ein geschwinder und
fähiger Verstand thut hierinnen sehr viel/
und es wird ein jedweder Mensch bey sich
selbst wahrnehmen können/ daß er zuweilen in
einem Augenblicke und gleichsam unversehens
eine wohlgegründete Muthmassung finde ei-
ne dunckele Sache zu erklären/ der er wohl
zuvor noch so eifferig und nach allen Kunst-
Regeln nachgedacht/ aber vergebens.

63. Jedoch ist nicht zu läugnen/ daß man die
natürliche Güte seines Verstandes/ wie sonsten/

also
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andere zuverſtehen.
Kunſt angewendet zu erweiſen/ daß man dem-
ſelben die geringſte Belohnung nicht ſchuldig
ſey. Ob nun wohl dieſes letzten ſeine Gruͤn-
de viel wahrſcheinlicher ſeyn/ und denen Regeln
einer guten Auslegung viel naͤher kommen/
ſo muͤſſen wir doch desbalben des Luciani ſeine
Meynung nicht fuͤr boßhafft ausruffen/ und
deswegen uns mit ihm/ wie die Capitler/ zan-
cken.

62. Gleichwie dannenhero zu aller Erfor-
ſchung wahrſcheinlicher Dinge theils ein ge-
ſchwinder und faͤhigeꝛ Verſtand/ theils aber eine
attention und Auffmerckungauff wahrſchein-
liche Regeln erfordert wird/ alſo iſt es auch mit
der Auslegung dunckeler und zweydeutiger
Worte beſchaffen. Ein geſchwinder und
faͤhiger Verſtand thut hierinnen ſehr viel/
und es wird ein jedweder Menſch bey ſich
ſelbſt wahrnehmen koͤnnen/ daß er zuweilen in
einem Augenblicke und gleichſam unverſehens
eine wohlgegruͤndete Muthmaſſung finde ei-
ne dunckele Sache zu erklaͤren/ der er wohl
zuvor noch ſo eifferig und nach allen Kunſt-
Regeln nachgedacht/ aber vergebens.

63. Jedoch iſt nicht zu laͤugnen/ daß man die
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alſo
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[179/0205] andere zuverſtehen. Kunſt angewendet zu erweiſen/ daß man dem- ſelben die geringſte Belohnung nicht ſchuldig ſey. Ob nun wohl dieſes letzten ſeine Gruͤn- de viel wahrſcheinlicher ſeyn/ und denen Regeln einer guten Auslegung viel naͤher kommen/ ſo muͤſſen wir doch desbalben des Luciani ſeine Meynung nicht fuͤr boßhafft ausruffen/ und deswegen uns mit ihm/ wie die Capitler/ zan- cken. 62. Gleichwie dannenhero zu aller Erfor- ſchung wahrſcheinlicher Dinge theils ein ge- ſchwinder und faͤhigeꝛ Verſtand/ theils aber eine attention und Auffmerckungauff wahrſchein- liche Regeln erfordert wird/ alſo iſt es auch mit der Auslegung dunckeler und zweydeutiger Worte beſchaffen. Ein geſchwinder und faͤhiger Verſtand thut hierinnen ſehr viel/ und es wird ein jedweder Menſch bey ſich ſelbſt wahrnehmen koͤnnen/ daß er zuweilen in einem Augenblicke und gleichſam unverſehens eine wohlgegruͤndete Muthmaſſung finde ei- ne dunckele Sache zu erklaͤren/ der er wohl zuvor noch ſo eifferig und nach allen Kunſt- Regeln nachgedacht/ aber vergebens. 63. Jedoch iſt nicht zu laͤugnen/ daß man die natuͤrliche Guͤte ſeines Verſtandes/ wie ſonſten/ alſo M 2

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/205>, abgerufen am 25.11.2024.