Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

Das 2. H. von der Geschickligkeit
praetendiren/ daß sie ihren Jrrthumb sollen
fahren lassen.

51. Was wolte man wohl von einem Me-
dico
halten/ wen er in eine Stadt käme/ und
wolte praetendiren/ es solten sich alle patienten,
die doch mit einer langwierigen Kranckheit be-
hafftet wären/ daraus weg machen oder schleu-
nig gesund werden. Oder der keine Patien-
ten
um und neben sich leiden wolte.

52. Jch weiß wohl/ daß man insgemein die-
sen Schnitzer zu vertbeydigen anzuführen pfle-
get: Daß man einen Unterscheid unter gemei-
rien
und ansteckenden Kranckheiten ma-
chen müsse. Für diesen letzten habe man sich
billig in acht zu nehmen/ und sonderlich seine
anvertraute Lehrlinge/ daß dieselbige nicht
von einem heimlichen Gifft inficiret wer-
den. Es sey bekandt/ daß ein räudig Schaaf
die gantze Heerde räudig mache u. s. w.

53. Allein diese Entschuldigungen halten
den Stich wohl sehr schlecht. Je gefährli-
cher
der Jrrthumb ist/ ie mehr erfordert un-
sere natürliche Pflicht/ unsern Fleiß anzuwen-
den/ andere davon zu entledigen. Und derje-
nige so sich in der Pest gebrauchen läst/ verdie-
net desto mehr Lob.

54. Zu-

Das 2. H. von der Geſchickligkeit
prætendiren/ daß ſie ihren Jrrthumb ſollen
fahren laſſen.

51. Was wolte man wohl von einem Me-
dico
halten/ wen er in eine Stadt kaͤme/ und
wolte prætendiren/ es ſolten ſich alle patienten,
die doch mit einer langwierigen Kranckheit be-
hafftet waͤren/ daraus weg machen oder ſchleu-
nig geſund werden. Oder der keine Patien-
ten
um und neben ſich leiden wolte.

52. Jch weiß wohl/ daß man insgemein die-
ſen Schnitzer zu vertbeydigen anzufuͤhren pfle-
get: Daß man einen Unterſcheid unter gemei-
rien
und anſteckenden Kranckheiten ma-
chen muͤſſe. Fuͤr dieſen letzten habe man ſich
billig in acht zu nehmen/ und ſonderlich ſeine
anvertraute Lehrlinge/ daß dieſelbige nicht
von einem heimlichen Gifft inficiret wer-
den. Es ſey bekandt/ daß ein raͤudig Schaaf
die gantze Heerde raͤudig mache u. ſ. w.

53. Allein dieſe Entſchuldigungen halten
den Stich wohl ſehr ſchlecht. Je gefaͤhrli-
cher
der Jrrthumb iſt/ ie mehr erfordert un-
ſere natuͤrliche Pflicht/ unſern Fleiß anzuwen-
den/ andere davon zu entledigen. Und derje-
nige ſo ſich in der Peſt gebrauchen laͤſt/ verdie-
net deſto mehr Lob.

54. Zu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0122" n="96"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 2. H. von der Ge&#x017F;chickligkeit</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">prætendir</hi></hi>en/ daß &#x017F;ie ihren Jrrthumb &#x017F;ollen<lb/>
fahren la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>51. Was wolte man wohl von einem <hi rendition="#aq">Me-<lb/>
dico</hi> halten/ wen er in eine Stadt ka&#x0364;me/ und<lb/>
wolte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">prætendir</hi></hi>en/ es &#x017F;olten &#x017F;ich alle <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">patienten</hi>,</hi><lb/>
die doch mit einer langwierigen Kranckheit be-<lb/>
hafftet wa&#x0364;ren/ daraus weg machen oder &#x017F;chleu-<lb/>
nig ge&#x017F;und werden. Oder der keine <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Patien-<lb/>
ten</hi></hi> um und neben &#x017F;ich leiden wolte.</p><lb/>
        <p>52. Jch weiß wohl/ daß man insgemein die-<lb/>
&#x017F;en Schnitzer zu vertbeydigen anzufu&#x0364;hren pfle-<lb/>
get: Daß man einen Unter&#x017F;cheid unter <hi rendition="#fr">gemei-<lb/>
rien</hi> und <hi rendition="#fr">an&#x017F;teckenden Kranckheiten</hi> ma-<lb/>
chen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Fu&#x0364;r die&#x017F;en letzten habe man &#x017F;ich<lb/>
billig in acht zu nehmen/ und &#x017F;onderlich &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#fr">anvertraute Lehrlinge/</hi> daß die&#x017F;elbige nicht<lb/>
von einem <hi rendition="#fr">heimlichen Gifft</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">inficiret</hi></hi> wer-<lb/>
den. Es &#x017F;ey bekandt/ daß ein <hi rendition="#fr">ra&#x0364;udig Schaaf</hi><lb/>
die gantze Heerde ra&#x0364;udig mache u. &#x017F;. w.</p><lb/>
        <p>53. Allein die&#x017F;e Ent&#x017F;chuldigungen halten<lb/>
den Stich wohl &#x017F;ehr &#x017F;chlecht. Je <hi rendition="#fr">gefa&#x0364;hrli-<lb/>
cher</hi> der <hi rendition="#fr">Jrrthumb</hi> i&#x017F;t/ ie mehr erfordert un-<lb/>
&#x017F;ere natu&#x0364;rliche Pflicht/ un&#x017F;ern Fleiß anzuwen-<lb/>
den/ andere davon zu entledigen. Und derje-<lb/>
nige &#x017F;o &#x017F;ich in der Pe&#x017F;t gebrauchen la&#x0364;&#x017F;t/ verdie-<lb/>
net de&#x017F;to mehr Lob.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">54. Zu-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0122] Das 2. H. von der Geſchickligkeit prætendiren/ daß ſie ihren Jrrthumb ſollen fahren laſſen. 51. Was wolte man wohl von einem Me- dico halten/ wen er in eine Stadt kaͤme/ und wolte prætendiren/ es ſolten ſich alle patienten, die doch mit einer langwierigen Kranckheit be- hafftet waͤren/ daraus weg machen oder ſchleu- nig geſund werden. Oder der keine Patien- ten um und neben ſich leiden wolte. 52. Jch weiß wohl/ daß man insgemein die- ſen Schnitzer zu vertbeydigen anzufuͤhren pfle- get: Daß man einen Unterſcheid unter gemei- rien und anſteckenden Kranckheiten ma- chen muͤſſe. Fuͤr dieſen letzten habe man ſich billig in acht zu nehmen/ und ſonderlich ſeine anvertraute Lehrlinge/ daß dieſelbige nicht von einem heimlichen Gifft inficiret wer- den. Es ſey bekandt/ daß ein raͤudig Schaaf die gantze Heerde raͤudig mache u. ſ. w. 53. Allein dieſe Entſchuldigungen halten den Stich wohl ſehr ſchlecht. Je gefaͤhrli- cher der Jrrthumb iſt/ ie mehr erfordert un- ſere natuͤrliche Pflicht/ unſern Fleiß anzuwen- den/ andere davon zu entledigen. Und derje- nige ſo ſich in der Peſt gebrauchen laͤſt/ verdie- net deſto mehr Lob. 54. Zu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/122
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/122>, abgerufen am 07.05.2024.