Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.nach denen untersch. Mein. der Gelehr. ihnen für eine Ursache zuschreiben solle/ als dieEmpfindungen der Freude/ des Zorns und an- derer dergleichen Dinge/ die manchmahl in uns durch äuserliche Dinge welche unsere Nerven bewegen/ manchmahl aber auch aus andern Ursachen erwecket werden. Ob nun wohl alle unsere Empfindungen/ so wohl diejenigen/ die denen äuserlichen Dingen/ als die/ so unserm Leibe zugeschreiben werden/ warhafftig in weit- läufftigeren Verstande Leidenschafften in Ansehen unserer Seele sind; So pfleget man doch das Wort der Leidenschafften in engern Gebrauch auf diejenigen einzuschrencken/ die der Seelen selbst zugeschrieben werden. Und diese werden auch alhier unter dem Nahmen der Affecten oder Leidenschafften der See- len verstanden. f) Jedoch ist hierbey zumer- cken/ daß alle Empfindungen/ die die Seele ver- mittelst der Senn-Adern leidet/ auch durch die von denen bewegten Geistern des Leibes ge- rührten Einbildungen als Schatten gleichsam entworffen werden können/ wiewohl mit diesem Unterscheid/ daß die Einbildungen derer Leiden- schafften/ die denen äuserlichen Dingen und dem Leibe selbst zugeschrieben werden/ z. e. des Klangs/ des Geruchs/ des Hungers/ der Ver- wundung u. s. w. uns öffters betriegen/ aber die Einbildungen der Leidenschafften die der Seele zugeschrieben werden/ können uns nicht be- f) art. 25.
nach denen unterſch. Mein. der Gelehr. ihnen fuͤr eine Urſache zuſchreiben ſolle/ als dieEmpfindungen der Freude/ des Zorns und an- derer dergleichen Dinge/ die manchmahl in uns durch aͤuſerliche Dinge welche unſere Nerven bewegen/ manchmahl aber auch aus andern Urſachen erwecket werden. Ob nun wohl alle unſere Empfindungen/ ſo wohl diejenigen/ die denen aͤuſerlichen Dingen/ als die/ ſo unſerm Leibe zugeſchreiben werden/ warhafftig in weit- laͤufftigeren Verſtande Leidenſchafften in Anſehen unſerer Seele ſind; So pfleget man doch das Wort der Leidenſchafften in engern Gebrauch auf diejenigen einzuſchrencken/ die der Seelen ſelbſt zugeſchrieben werden. Und dieſe werden auch alhier unter dem Nahmen der Affecten oder Leidenſchafften der See- len verſtanden. f) Jedoch iſt hierbey zumer- cken/ daß alle Empfindungen/ die die Seele ver- mittelſt der Senn-Adern leidet/ auch durch die von denen bewegten Geiſtern des Leibes ge- ruͤhrten Einbildungen als Schatten gleichſam entworffen werden koͤnnen/ wiewohl mit dieſem Unterſcheid/ daß die Einbildungen derer Leiden- ſchafften/ die denen aͤuſerlichen Dingen und dem Leibe ſelbſt zugeſchrieben werden/ z. e. des Klangs/ des Geruchs/ des Hungers/ der Ver- wundung u. ſ. w. uns oͤffters betriegen/ aber die Einbildungen der Leidenſchafften die der Seele zugeſchrieben werden/ koͤnnen uns nicht be- f) art. 25.
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nach denen unterſch. Mein. der Gelehr.
ihnen fuͤr eine Urſache zuſchreiben ſolle/ als die
Empfindungen der Freude/ des Zorns und an-
derer dergleichen Dinge/ die manchmahl in uns
durch aͤuſerliche Dinge welche unſere Nerven
bewegen/ manchmahl aber auch aus andern
Urſachen erwecket werden. Ob nun wohl alle
unſere Empfindungen/ ſo wohl diejenigen/ die
denen aͤuſerlichen Dingen/ als die/ ſo unſerm
Leibe zugeſchreiben werden/ warhafftig in weit-
laͤufftigeren Verſtande Leidenſchafften in
Anſehen unſerer Seele ſind; So pfleget man
doch das Wort der Leidenſchafften in engern
Gebrauch auf diejenigen einzuſchrencken/ die
der Seelen ſelbſt zugeſchrieben werden. Und
dieſe werden auch alhier unter dem Nahmen
der Affecten oder Leidenſchafften der See-
len verſtanden. f) Jedoch iſt hierbey zumer-
cken/ daß alle Empfindungen/ die die Seele ver-
mittelſt der Senn-Adern leidet/ auch durch die
von denen bewegten Geiſtern des Leibes ge-
ruͤhrten Einbildungen als Schatten gleichſam
entworffen werden koͤnnen/ wiewohl mit dieſem
Unterſcheid/ daß die Einbildungen derer Leiden-
ſchafften/ die denen aͤuſerlichen Dingen und
dem Leibe ſelbſt zugeſchrieben werden/ z. e. des
Klangs/ des Geruchs/ des Hungers/ der Ver-
wundung u. ſ. w. uns oͤffters betriegen/ aber
die Einbildungen der Leidenſchafften die der
Seele zugeſchrieben werden/ koͤnnen uns nicht
be-
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