Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 13. H. Von denen Kennzeichen nur eine zeitlang währet/ wird die Zeit des Besi-tzes allen denen/ die mit diesen dreyen passionen behafftet sind/ gemeiniglich zu kurtz. 19. Die Zeit ist an sich selber einmahl lich
Das 13. H. Von denen Kennzeichen nur eine zeitlang waͤhret/ wird die Zeit des Beſi-tzes allen denen/ die mit dieſen dreyen paſſionen behafftet ſind/ gemeiniglich zu kurtz. 19. Die Zeit iſt an ſich ſelber einmahl lich
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Das 13. H. Von denen Kennzeichen
nur eine zeitlang waͤhret/ wird die Zeit des Beſi-
tzes allen denen/ die mit dieſen dreyen paſſionen
behafftet ſind/ gemeiniglich zu kurtz.
19. Die Zeit iſt an ſich ſelber einmahl
wie das andre/ eine Stunde iſt nicht groͤſſer als
die andre/ und ein Tag nicht laͤnger als der an-
dre. Die Menſchliche Einbildung aber ſtellet
dem Menſchen die Zeit lang oder kurtz fuͤr. Die-
ſe Einbildung aber ſtehet aus der Unruhe her.
Denn wenn ein Menſch nur halbweg in einen
ruhigen Zuſtande iſt/ ſo wird ihm die Zeit weder
zu lang noch zu kurtz. Dieſe Unruhe aber entſte-
het aus der Ungedult/ die ein Menſch empfindet/
entweder wegen eines ungedultigen Verlan-
gens/ des abweſenden Guten/ oder der Befrey-
ung des Boͤſen/ oder aus einer ungedultigen
Furcht des herannahenden Boͤſen/ oder der End-
ſchafft des Guten. Das ungedultige Ver-
langen macht uns die Zeit laͤnger/ und die un-
gedultige Furcht kuͤrtzer/ als ſie iſt. Die Ap-
plication kan leicht aus denen bißher angefuͤhr-
ten Exempeln gemacht werden. Und iſt dißfals
die Thorheit der Menſchlichen Ungedult
wohl zu beobachten. Je naͤher wir dem ſeyn/
was wir fuͤr gut halten/ oder der Befreyung des
Ubels/ und ie gedultiger wir dannenhero ver-
nuͤnfftiger Weiſe ſeyn ſolten/ ie mehr waͤchſt un-
ſere Ungedult/ und je laͤnger wird uns die Zeit.
Ein Gefangener/ der wenig Hoffnung hat loß zu
kommen/ wird endlich durch die Gewohnheit zim-
lich
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