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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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der drey Hauptlaster.
Lob angerichtet? Wie wird der Geist unserer
Begierden durch den Geruch gewürtzter war-
mer Speise und hitzigen Getränckes nicht ge-
reitzet. Wieviel mehr aber wird er durch den
Geschmack derselbigen nicht zum Uberfluß ge-
stärcket/ oder nach Gelegenheit alsbald geschwä-
chet oder bestritten. u. s. w.

56. Ferner/ weil der Mensch über die Sinnlig-
keiten die er mit den Thieren gemein hat/ abson-
derlich mit der Sinnligkeit seiner Gedancken
begabet ist/ durch welche er abwesende Dinge
sich als gegenwärtig vorstellen kan/ als ist auch
hierinnen an dem Menschen als was sonderli-
ches zu mercken/ daß er vermittelst deren Ge-
dancken für andern Thieren fähig ist/ seine
Geistigkeiten
(eine zeitlang/ denn auff eine lan-
ge Zeit ohne von aussen zugebrachte Nah-
rung dörffte solches wohl schwerlich geschehen)
zu erhalten/ zu stärcken/ und zu vermehren.
Jch will nichts erwehnen von denen durch tieffes
Nachsinnen neu erfundene Wahrheiten/ (wel-
che allerdings auch nach der Philosophie der
Cartesianer und Peripateticorum nichts als
neue von dem Geist der Seelen gleichsam gezeu-
gete Geistigkeiten seyn können) sondern nur mich
auff eines jeden Menschen eigene Erfahrung be-
ziehen/ wie/ durch die Gedancken des empfange-
nen Schimpffs oder der vorhabenden Rache ein
Ehrgeitziger den Geist seines Zorns und der
Rachgierde/
ein Wohllüstiger hingegen durch

nach-

der drey Hauptlaſter.
Lob angerichtet? Wie wird der Geiſt unſerer
Begierden durch den Geruch gewuͤrtzter war-
mer Speiſe und hitzigen Getraͤnckes nicht ge-
reitzet. Wieviel mehr aber wird er durch den
Geſchmack derſelbigen nicht zum Uberfluß ge-
ſtaͤrcket/ oder nach Gelegenheit alsbald geſchwaͤ-
chet oder beſtritten. u. ſ. w.

56. Ferner/ weil der Menſch uͤber die Sinnlig-
keiten die er mit den Thieren gemein hat/ abſon-
derlich mit der Sinnligkeit ſeiner Gedancken
begabet iſt/ durch welche er abweſende Dinge
ſich als gegenwaͤrtig vorſtellen kan/ als iſt auch
hierinnen an dem Menſchen als was ſonderli-
ches zu mercken/ daß er vermittelſt deren Ge-
dancken fuͤr andern Thieren faͤhig iſt/ ſeine
Geiſtigkeiten
(eine zeitlang/ denn auff eine lan-
ge Zeit ohne von auſſen zugebrachte Nah-
rung doͤrffte ſolches wohl ſchwerlich geſchehen)
zu erhalten/ zu ſtaͤrcken/ und zu vermehren.
Jch will nichts erwehnen von denen durch tieffes
Nachſinnen neu erfundene Wahrheiten/ (wel-
che allerdings auch nach der Philoſophie der
Carteſianer und Peripateticorum nichts als
neue von dem Geiſt der Seelen gleichſam gezeu-
gete Geiſtigkeiten ſeyn koͤnnen) ſondern nur mich
auff eines jeden Menſchen eigene Erfahrung be-
ziehen/ wie/ durch die Gedancken des empfange-
nen Schimpffs oder der vorhabenden Rache ein
Ehrgeitziger den Geiſt ſeines Zorns und der
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[383/0395] der drey Hauptlaſter. Lob angerichtet? Wie wird der Geiſt unſerer Begierden durch den Geruch gewuͤrtzter war- mer Speiſe und hitzigen Getraͤnckes nicht ge- reitzet. Wieviel mehr aber wird er durch den Geſchmack derſelbigen nicht zum Uberfluß ge- ſtaͤrcket/ oder nach Gelegenheit alsbald geſchwaͤ- chet oder beſtritten. u. ſ. w. 56. Ferner/ weil der Menſch uͤber die Sinnlig- keiten die er mit den Thieren gemein hat/ abſon- derlich mit der Sinnligkeit ſeiner Gedancken begabet iſt/ durch welche er abweſende Dinge ſich als gegenwaͤrtig vorſtellen kan/ als iſt auch hierinnen an dem Menſchen als was ſonderli- ches zu mercken/ daß er vermittelſt deren Ge- dancken fuͤr andern Thieren faͤhig iſt/ ſeine Geiſtigkeiten (eine zeitlang/ denn auff eine lan- ge Zeit ohne von auſſen zugebrachte Nah- rung doͤrffte ſolches wohl ſchwerlich geſchehen) zu erhalten/ zu ſtaͤrcken/ und zu vermehren. Jch will nichts erwehnen von denen durch tieffes Nachſinnen neu erfundene Wahrheiten/ (wel- che allerdings auch nach der Philoſophie der Carteſianer und Peripateticorum nichts als neue von dem Geiſt der Seelen gleichſam gezeu- gete Geiſtigkeiten ſeyn koͤnnen) ſondern nur mich auff eines jeden Menſchen eigene Erfahrung be- ziehen/ wie/ durch die Gedancken des empfange- nen Schimpffs oder der vorhabenden Rache ein Ehrgeitziger den Geiſt ſeines Zorns und der Rachgierde/ ein Wohlluͤſtiger hingegen durch nach-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/395>, abgerufen am 28.11.2024.