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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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der drey Haupt-Laster.
Kranckheit/ Bevorstehung der Straffe/ u. s. w.
oder auch aus einer Ursache/ die wir selbst nicht
sagen können oder begreiffen/ entstanden.

35. Also ist nur noch übrig/ daß wir zu un-
serer Defension, wegen unterlassener Lehre von
der Mischung vernünfftiger Liebe/ sagen müssen/
daß sich die vernünfftige Liebe mit der un-
vernünfftigen nicht mischen lasse.
Und zwar
so ist die Warheit dieses Satzes leichte zu begreif-
fen. Widerwärtige Dinge können niemalen
gemischet werden/ sondern wenn sie zusammen
kommen/ vertreibet/ verzehret/ oder unterdrückt
eines das andere. Licht und Finsternüs vertrei-
bet eines das andere. Tag und Nacht vermi-
schen sich nicht. Das Wasser leschet das Feuer
wohl aus/ und das Feuer lecket das Wasser auf/
aber Feuer und Wasser mischen sich nicht. Mi-
sche nur saure und Alcalische Säffte in einander/
und siehe/ wie sie miteinander werden zu streiten
anfangen/ und eines das andere/ oder wohl gar
einander alle beyde verzehren. Wir haben oben
in der ersten Tabelle die vernünfftige Liebe mit
Lufft/ die Wohllust mit Wasser/ den Ehr-Geitz
mit Feuer/ und den Geld-Geitz mit Erde ver-
gleichen. Nun lassen sich wohl wässerichte/
schwefelichte und irdene Cörper miteinander ver-
mischen/ z. e. in einem fetten und schleimichten
liquore. Aber die Lufft/ als was geistiges/ wird
mit diesen dreyerley Arten Materien nie gemischt/
sondern bewegt dieselben/ oder wird von denen-

selben

der drey Haupt-Laſter.
Kranckheit/ Bevorſtehung der Straffe/ u. ſ. w.
oder auch aus einer Urſache/ die wir ſelbſt nicht
ſagen koͤnnen oder begreiffen/ entſtanden.

35. Alſo iſt nur noch uͤbrig/ daß wir zu un-
ſerer Defenſion, wegen unterlaſſener Lehre von
der Miſchung vernuͤnfftiger Liebe/ ſagen muͤſſen/
daß ſich die vernuͤnfftige Liebe mit der un-
vernuͤnfftigen nicht miſchen laſſe.
Und zwar
ſo iſt die Warheit dieſes Satzes leichte zu begreif-
fen. Widerwaͤrtige Dinge koͤnnen niemalen
gemiſchet werden/ ſondern wenn ſie zuſammen
kommen/ vertreibet/ verzehret/ oder unterdruͤckt
eines das andere. Licht und Finſternuͤs vertrei-
bet eines das andere. Tag und Nacht vermi-
ſchen ſich nicht. Das Waſſer leſchet das Feuer
wohl aus/ und das Feuer lecket das Waſſer auf/
aber Feuer und Waſſer miſchen ſich nicht. Mi-
ſche nur ſaure und Alcaliſche Saͤffte in einander/
und ſiehe/ wie ſie miteinander werden zu ſtreiten
anfangen/ und eines das andere/ oder wohl gar
einander alle beyde verzehren. Wir haben oben
in der erſten Tabelle die vernuͤnfftige Liebe mit
Lufft/ die Wohlluſt mit Waſſer/ den Ehr-Geitz
mit Feuer/ und den Geld-Geitz mit Erde ver-
gleichen. Nun laſſen ſich wohl waͤſſerichte/
ſchwefelichte und irdene Coͤrper miteinander ver-
miſchen/ z. e. in einem fetten und ſchleimichten
liquore. Aber die Lufft/ als was geiſtiges/ wird
mit dieſen dreyerley Arten Materien nie gemiſcht/
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[347/0359] der drey Haupt-Laſter. Kranckheit/ Bevorſtehung der Straffe/ u. ſ. w. oder auch aus einer Urſache/ die wir ſelbſt nicht ſagen koͤnnen oder begreiffen/ entſtanden. 35. Alſo iſt nur noch uͤbrig/ daß wir zu un- ſerer Defenſion, wegen unterlaſſener Lehre von der Miſchung vernuͤnfftiger Liebe/ ſagen muͤſſen/ daß ſich die vernuͤnfftige Liebe mit der un- vernuͤnfftigen nicht miſchen laſſe. Und zwar ſo iſt die Warheit dieſes Satzes leichte zu begreif- fen. Widerwaͤrtige Dinge koͤnnen niemalen gemiſchet werden/ ſondern wenn ſie zuſammen kommen/ vertreibet/ verzehret/ oder unterdruͤckt eines das andere. Licht und Finſternuͤs vertrei- bet eines das andere. Tag und Nacht vermi- ſchen ſich nicht. Das Waſſer leſchet das Feuer wohl aus/ und das Feuer lecket das Waſſer auf/ aber Feuer und Waſſer miſchen ſich nicht. Mi- ſche nur ſaure und Alcaliſche Saͤffte in einander/ und ſiehe/ wie ſie miteinander werden zu ſtreiten anfangen/ und eines das andere/ oder wohl gar einander alle beyde verzehren. Wir haben oben in der erſten Tabelle die vernuͤnfftige Liebe mit Lufft/ die Wohlluſt mit Waſſer/ den Ehr-Geitz mit Feuer/ und den Geld-Geitz mit Erde ver- gleichen. Nun laſſen ſich wohl waͤſſerichte/ ſchwefelichte und irdene Coͤrper miteinander ver- miſchen/ z. e. in einem fetten und ſchleimichten liquore. Aber die Lufft/ als was geiſtiges/ wird mit dieſen dreyerley Arten Materien nie gemiſcht/ ſondern bewegt dieſelben/ oder wird von denen- ſelben

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/359>, abgerufen am 24.11.2024.