Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 12. H. von der Vermischung
sich also der Mensch allezeit sein eigen Glück
selbsten machte.
Zwar mehrentheils wird es
so seyn/ daß Geld- und Ehrgeitzige ihr Glück und
Ruhm weit poussiren/ Wohllüstige und Geld-
geitzige wenig Ehre und Reichthum erlangen/
Ehrgeitzige und Wohllüstige/ von vielen Fein-
den gehindert werden/ daß sie nicht hoch steigen
können/ und von Freunden doch secundiret wer-
den/ daß sie die Feinde nicht gantz unterdrücken;
Aber diese Anmerckung trieget offt/ indem das
Glück nicht allemahl von der Beschaffenheit der
Gemüths-Neigungen/ sondern von der Ge-
burt/ Auferziehung/ Gelegenheit/ hazard u. s. w.
dependiret/ nachdem GOtt mit seiner Vorse-
hung in die Politischen Lebens-Regeln exceptio-
nes
macht/ denn das Glück ist nichts anders
als ein Zufall/ der denen Regeln Menschli-
cher Klugheit und Verstandes nicht kan zu-
geschrieben/ noch von Menschlichem Ver-
stande darunter gebracht werden/
und also
blind genennet wird/ weil wir blind sind/ die
Wege Göttlicher Vorsehung nicht zu begreif-
fen.

24. Zwar suchet ein jedweder Mensch Ge-
legenheit seine Begierden auszuüben/ und sich
in einen Stand zu setzen/ darinnen er selbige nach
Wunsch ausüben möge: Aber die tägliche Er-
fahrung zeiget/ daß es in eines Menschen
Macht nicht stehe sich Gelegenheit zu schaf-
fen/
und daß mancher [kl]uger Mensch so zu sagen

durch

Das 12. H. von der Vermiſchung
ſich alſo der Menſch allezeit ſein eigen Gluͤck
ſelbſten machte.
Zwar mehrentheils wird es
ſo ſeyn/ daß Geld- und Ehrgeitzige ihr Gluͤck und
Ruhm weit pouſſiren/ Wohlluͤſtige und Geld-
geitzige wenig Ehre und Reichthum erlangen/
Ehrgeitzige und Wohlluͤſtige/ von vielen Fein-
den gehindert werden/ daß ſie nicht hoch ſteigen
koͤnnen/ und von Freunden doch ſecundiret wer-
den/ daß ſie die Feinde nicht gantz unterdruͤcken;
Aber dieſe Anmerckung trieget offt/ indem das
Gluͤck nicht allemahl von der Beſchaffenheit der
Gemuͤths-Neigungen/ ſondern von der Ge-
burt/ Auferziehung/ Gelegenheit/ hazard u. ſ. w.
dependiret/ nachdem GOtt mit ſeiner Vorſe-
hung in die Politiſchen Lebens-Regeln exceptio-
nes
macht/ denn das Gluͤck iſt nichts anders
als ein Zufall/ der denen Regeln Menſchli-
cher Klugheit und Verſtandes nicht kan zu-
geſchrieben/ noch von Menſchlichem Ver-
ſtande darunter gebracht werden/
und alſo
blind genennet wird/ weil wir blind ſind/ die
Wege Goͤttlicher Vorſehung nicht zu begreif-
fen.

24. Zwar ſuchet ein jedweder Menſch Ge-
legenheit ſeine Begierden auszuuͤben/ und ſich
in einen Stand zu ſetzen/ darinnen er ſelbige nach
Wunſch ausuͤben moͤge: Aber die taͤgliche Er-
fahrung zeiget/ daß es in eines Menſchen
Macht nicht ſtehe ſich Gelegenheit zu ſchaf-
fen/
und daß mancher [kl]uger Menſch ſo zu ſagen

durch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0348" n="316"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 12. H. von der Vermi&#x017F;chung</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;ich al&#x017F;o der Men&#x017F;ch allezeit &#x017F;ein eigen Glu&#x0364;ck<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;ten machte.</hi> Zwar mehrentheils wird es<lb/>
&#x017F;o &#x017F;eyn/ daß Geld- und Ehrgeitzige ihr Glu&#x0364;ck und<lb/>
Ruhm weit <hi rendition="#aq">pou&#x017F;&#x017F;ir</hi>en/ Wohllu&#x0364;&#x017F;tige und Geld-<lb/>
geitzige wenig Ehre und Reichthum erlangen/<lb/>
Ehrgeitzige und Wohllu&#x0364;&#x017F;tige/ von vielen Fein-<lb/>
den gehindert werden/ daß &#x017F;ie nicht hoch &#x017F;teigen<lb/>
ko&#x0364;nnen/ und von Freunden doch <hi rendition="#aq">&#x017F;ecundir</hi>et wer-<lb/>
den/ daß &#x017F;ie die Feinde nicht gantz unterdru&#x0364;cken;<lb/>
Aber die&#x017F;e Anmerckung trieget offt/ indem das<lb/>
Glu&#x0364;ck nicht allemahl von der Be&#x017F;chaffenheit der<lb/>
Gemu&#x0364;ths-Neigungen/ &#x017F;ondern von der Ge-<lb/>
burt/ Auferziehung/ Gelegenheit/ <hi rendition="#aq">hazard</hi> u. &#x017F;. w.<lb/><hi rendition="#aq">dependir</hi>et/ nachdem GOtt mit &#x017F;einer Vor&#x017F;e-<lb/>
hung in die Politi&#x017F;chen Lebens-Regeln <hi rendition="#aq">exceptio-<lb/>
nes</hi> macht/ denn <hi rendition="#fr">das Glu&#x0364;ck</hi> i&#x017F;t nichts anders<lb/>
als <hi rendition="#fr">ein Zufall/ der denen Regeln Men&#x017F;chli-<lb/>
cher Klugheit und Ver&#x017F;tandes nicht kan zu-<lb/>
ge&#x017F;chrieben/ noch von Men&#x017F;chlichem Ver-<lb/>
&#x017F;tande darunter gebracht werden/</hi> und al&#x017F;o<lb/>
blind genennet wird/ weil wir blind &#x017F;ind/ die<lb/>
Wege Go&#x0364;ttlicher Vor&#x017F;ehung nicht zu begreif-<lb/>
fen.</p><lb/>
        <p>24. Zwar &#x017F;uchet ein jedweder Men&#x017F;ch Ge-<lb/>
legenheit &#x017F;eine Begierden auszuu&#x0364;ben/ und &#x017F;ich<lb/>
in einen Stand zu &#x017F;etzen/ darinnen er &#x017F;elbige nach<lb/>
Wun&#x017F;ch ausu&#x0364;ben mo&#x0364;ge: Aber die ta&#x0364;gliche Er-<lb/>
fahrung zeiget/ daß es <hi rendition="#fr">in eines Men&#x017F;chen<lb/>
Macht nicht &#x017F;tehe &#x017F;ich Gelegenheit zu &#x017F;chaf-<lb/>
fen/</hi> und daß mancher <supplied>kl</supplied>uger Men&#x017F;ch &#x017F;o zu &#x017F;agen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0348] Das 12. H. von der Vermiſchung ſich alſo der Menſch allezeit ſein eigen Gluͤck ſelbſten machte. Zwar mehrentheils wird es ſo ſeyn/ daß Geld- und Ehrgeitzige ihr Gluͤck und Ruhm weit pouſſiren/ Wohlluͤſtige und Geld- geitzige wenig Ehre und Reichthum erlangen/ Ehrgeitzige und Wohlluͤſtige/ von vielen Fein- den gehindert werden/ daß ſie nicht hoch ſteigen koͤnnen/ und von Freunden doch ſecundiret wer- den/ daß ſie die Feinde nicht gantz unterdruͤcken; Aber dieſe Anmerckung trieget offt/ indem das Gluͤck nicht allemahl von der Beſchaffenheit der Gemuͤths-Neigungen/ ſondern von der Ge- burt/ Auferziehung/ Gelegenheit/ hazard u. ſ. w. dependiret/ nachdem GOtt mit ſeiner Vorſe- hung in die Politiſchen Lebens-Regeln exceptio- nes macht/ denn das Gluͤck iſt nichts anders als ein Zufall/ der denen Regeln Menſchli- cher Klugheit und Verſtandes nicht kan zu- geſchrieben/ noch von Menſchlichem Ver- ſtande darunter gebracht werden/ und alſo blind genennet wird/ weil wir blind ſind/ die Wege Goͤttlicher Vorſehung nicht zu begreif- fen. 24. Zwar ſuchet ein jedweder Menſch Ge- legenheit ſeine Begierden auszuuͤben/ und ſich in einen Stand zu ſetzen/ darinnen er ſelbige nach Wunſch ausuͤben moͤge: Aber die taͤgliche Er- fahrung zeiget/ daß es in eines Menſchen Macht nicht ſtehe ſich Gelegenheit zu ſchaf- fen/ und daß mancher kluger Menſch ſo zu ſagen durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/348
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/348>, abgerufen am 24.11.2024.