Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 12. H. von der Vermischung nehmung des Brenn-Spiegels zu brennen auf-höret. z. e. Wenn ein Mensch von starcker mixtur des Ehr und Geldgeitzes und der nur in geringsten Grad Wollust hat/ sich auff der Reise/ auff welcher er incognito lebet/ bey einen schönen Weibesbilde des Nachts alleine/ eine geraume Zeit/ befinden solte/ und von ihr zu unzuläßlicher Liebe gereitzet würde/ schweige denn/ wenn es eine vornehme Dame wäre/ die ihn noch darzu beschenckte: oder wenn ein Wollüstiger und Geldgeitzi- ger/ der den wenigsten Ehrgeitz hätte/ durch langwieriges vexiren zum Zorn und despera- tion gebracht: und nach dem gemeinen Sprich- wort ex patientia nimis laesa furor würde: oder wenn ein Ehrgeitziger und Wollüsti- ger/ der den wenigsten Geldgeitz hätte/ durch Versprechung einer sehr grossen summe zu ei- ner heimlichen Verrätherey angereitzt würde/ geschweige denn/ wenn ihm dabey eine hohe Ehrenstelle oder eine Heyrath einer schönen Person versprochen würde. 20. Wenn nun solche Gelegenheiten offt kom- wohn-
Das 12. H. von der Vermiſchung nehmung des Brenn-Spiegels zu brennen auf-hoͤret. z. e. Wenn ein Menſch von ſtarcker mixtur des Ehr und Geldgeitzes und der nur in geringſten Grad Wolluſt hat/ ſich auff der Reiſe/ auff welcher er incognito lebet/ bey einen ſchoͤnen Weibesbilde des Nachts alleine/ eine geraume Zeit/ befinden ſolte/ und von ihr zu unzulaͤßlicher Liebe gereitzet wuͤrde/ ſchweige denn/ wenn es eine vornehme Dame waͤre/ die ihn noch darzu beſchenckte: oder wenn ein Wolluͤſtiger und Geldgeitzi- ger/ der den wenigſten Ehrgeitz haͤtte/ durch langwieriges vexiren zum Zorn und deſpera- tion gebracht: und nach dem gemeinen Sprich- wort ex patientia nimis læſa furor wuͤrde: oder wenn ein Ehrgeitziger und Wolluͤſti- ger/ der den wenigſten Geldgeitz haͤtte/ durch Verſprechung einer ſehr groſſen ſumme zu ei- ner heimlichen Verraͤtherey angereitzt wuͤrde/ geſchweige denn/ wenn ihm dabey eine hohe Ehrenſtelle oder eine Heyrath einer ſchoͤnen Perſon verſprochen wuͤrde. 20. Wenn nun ſolche Gelegenheiten offt kom- wohn-
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Das 12. H. von der Vermiſchung
nehmung des Brenn-Spiegels zu brennen auf-
hoͤret. z. e. Wenn ein Menſch von ſtarcker
mixtur des Ehr und Geldgeitzes und der
nur in geringſten Grad Wolluſt hat/ ſich auff
der Reiſe/ auff welcher er incognito lebet/
bey einen ſchoͤnen Weibesbilde des Nachts
alleine/ eine geraume Zeit/ befinden ſolte/
und von ihr zu unzulaͤßlicher Liebe gereitzet
wuͤrde/ ſchweige denn/ wenn es eine vornehme
Dame waͤre/ die ihn noch darzu beſchenckte:
oder wenn ein Wolluͤſtiger und Geldgeitzi-
ger/ der den wenigſten Ehrgeitz haͤtte/ durch
langwieriges vexiren zum Zorn und deſpera-
tion gebracht: und nach dem gemeinen Sprich-
wort ex patientia nimis læſa furor wuͤrde:
oder wenn ein Ehrgeitziger und Wolluͤſti-
ger/ der den wenigſten Geldgeitz haͤtte/ durch
Verſprechung einer ſehr groſſen ſumme zu ei-
ner heimlichen Verraͤtherey angereitzt wuͤrde/
geſchweige denn/ wenn ihm dabey eine hohe
Ehrenſtelle oder eine Heyrath einer ſchoͤnen
Perſon verſprochen wuͤrde.
20. Wenn nun ſolche Gelegenheiten offt kom-
men/ wird endlich eine Gewohnheit daraus.
Die Gewohnheit aber wird nach der gemei-
nen Redens-Art zur andern Natur: Jedoch
iſt von ſolcher oder vielfaͤltigen Gelegenheiten
dieſes in der Erkaͤntniß der Menſchlichen Ge-
muͤths-Neigungen zu mercken/ daß wenn die Ge-
wohn-
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/344>, abgerufen am 23.07.2024. |