Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 11. H. von dem Geld-Geitz/ ihm vereinigten Menschen gemein seyn. EinWohllüstiger und Ehr-Geitziger ist gleich- fals nicht mit Geld und Gut vereiniget/ weil er solches nicht liebet. Ob er nun schon auch dem- selben nicht gram ist/ weil er Gelds und Guts offt vonnöthen hat/ so erfordert doch dieser Ge- brauch eben kein Eigenthum/ so wenig als der gemeine Gebrauch z. e. eines Gartens zwischen sechs und mehr Brüdern/ die einander lieben. Wenn einem Wohllüstigen und Ehr-Geitzigen gleich das Seine gestohlen wird/ geben sie sich doch bald zu frieden/ wenn sie wissen/ daß ihre maitresse, ihr guter Bruder/ ihr Fürst noch Es- sen und Trincken oder andere Güter in Vorrath hat. Ja/ weil sie von andern Wohllüstigen und Ehr-Geitzigen Lust und Ehre hoffen/ berau- ben sie sich hertzlich gerne des Eigenthums ihrer Güter/ und geben selbige denen andern Perso- nen zu eigen/ von denen sie ihre Lust und Ehre zu erlangen vermeinen. 24. Jedoch ist ein Geld Geitziger auch in Freun-
Das 11. H. von dem Geld-Geitz/ ihm vereinigten Menſchen gemein ſeyn. EinWohlluͤſtiger und Ehr-Geitziger iſt gleich- fals nicht mit Geld und Gut vereiniget/ weil er ſolches nicht liebet. Ob er nun ſchon auch dem- ſelben nicht gram iſt/ weil er Gelds und Guts offt vonnoͤthen hat/ ſo erfordert doch dieſer Ge- brauch eben kein Eigenthum/ ſo wenig als der gemeine Gebrauch z. e. eines Gartens zwiſchen ſechs und mehr Bruͤdern/ die einander lieben. Wenn einem Wohlluͤſtigen und Ehr-Geitzigen gleich das Seine geſtohlen wird/ geben ſie ſich doch bald zu frieden/ wenn ſie wiſſen/ daß ihre maitreſſe, ihr guter Bruder/ ihr Fuͤrſt noch Eſ- ſen und Trincken oder andere Guͤter in Vorrath hat. Ja/ weil ſie von andern Wohlluͤſtigen und Ehr-Geitzigen Luſt und Ehre hoffen/ berau- ben ſie ſich hertzlich gerne des Eigenthums ihrer Guͤter/ und geben ſelbige denen andern Perſo- nen zu eigen/ von denen ſie ihre Luſt und Ehre zu erlangen vermeinen. 24. Jedoch iſt ein Geld Geitziger auch in Freun-
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Das 11. H. von dem Geld-Geitz/
ihm vereinigten Menſchen gemein ſeyn. Ein
Wohlluͤſtiger und Ehr-Geitziger iſt gleich-
fals nicht mit Geld und Gut vereiniget/ weil er
ſolches nicht liebet. Ob er nun ſchon auch dem-
ſelben nicht gram iſt/ weil er Gelds und Guts
offt vonnoͤthen hat/ ſo erfordert doch dieſer Ge-
brauch eben kein Eigenthum/ ſo wenig als der
gemeine Gebrauch z. e. eines Gartens zwiſchen
ſechs und mehr Bruͤdern/ die einander lieben.
Wenn einem Wohlluͤſtigen und Ehr-Geitzigen
gleich das Seine geſtohlen wird/ geben ſie ſich
doch bald zu frieden/ wenn ſie wiſſen/ daß ihre
maitreſſe, ihr guter Bruder/ ihr Fuͤrſt noch Eſ-
ſen und Trincken oder andere Guͤter in Vorrath
hat. Ja/ weil ſie von andern Wohlluͤſtigen
und Ehr-Geitzigen Luſt und Ehre hoffen/ berau-
ben ſie ſich hertzlich gerne des Eigenthums ihrer
Guͤter/ und geben ſelbige denen andern Perſo-
nen zu eigen/ von denen ſie ihre Luſt und Ehre zu
erlangen vermeinen.
24. Jedoch iſt ein Geld Geitziger auch in
dieſer geſuchten Vereinigung und Eigen-
thum noch elender dran/ als alle andere ver-
nuͤnfftige und unvernuͤnfftige Menſchen.
Ein Tugendhaffter weiß/ daß es ohnmoͤglich
iſt/ daß ein ander tugendhafftes Gemuͤth ihm
koͤnne von einem andern Menſchen/ der nicht
tugendhafft iſt/ entriſſen werden: Er weiß/ daß
ein Tugendhaffter nicht trachten werde/ die Ver-
einigung zwiſchen ihm und ſeinen geliebten
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