Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 10. H. von dem Ehrgeitz
singen u. s. w. sondern in solchen die aus einen sol-
chen Grunde herrühren/ daß ein Mensch zum
regieren
tüchtig sey/ welche Tüchtigkeit aus
wohllüstlgen Thaten nicht pfleget hergeleitet zu
werden.

16. Gleichergestalt so achtet es ein Geld-
geitziger
nicht was die Leute von ihn sagen/ und
lacht wohl darüber/ wenn sie ihn einen Schelm
heissen/ wenn sie ihn nur den Beutel lassen. Er
achtet auch die Ehrbezeigungen anderer nicht/ er
nimt lieber einen Groschen/ als daß man sich viel
für ihm bücket/ oder ihm viel Titel giebet/ ja
er wird sich zur Erde niederlegen wenn er nur
Geld krieget. Da hingegen einen Ehrgeitzi-
gen
z. E. ein Ständgen/ eine Lob-Schrifft und
s. w. lieber ist als wenn man ihm viel Geld
schenckete.

17. Es scheinet zwar/ daß der Ehrgeitz un-
terschieden sey/ indem viele Ehrgeitzige sich nicht
mit blosser Hochachtung und ehrerbietigen Ge-
horsam abspeisen lassen/ sondern von denen die
ihnen gehorchen grosse Summen Geldes
erpressen/ und also nicht an blosser Ehre sich be-
gnügen lassen. Aber wir müssen nicht dieses
alles was Ehrgeitzige Leute thun dem Ehrgeitz zu-
schreiben/ sondern auff die Passion acht haben
die mit dem Ehrgeitz vermischt ist. Sind sie
Geldgeitzig neben dem Ehrgeitze/ so muß man
diese Geld-Pressung dem Geldgeitze zuschreiben.
Sind sie aber Wohllüstig dabey/ so wird ent-

weder

Das 10. H. von dem Ehrgeitz
ſingen u. ſ. w. ſondern in ſolchen die aus einen ſol-
chen Grunde herruͤhren/ daß ein Menſch zum
regieren
tuͤchtig ſey/ welche Tuͤchtigkeit aus
wohlluͤſtlgen Thaten nicht pfleget hergeleitet zu
werden.

16. Gleichergeſtalt ſo achtet es ein Geld-
geitziger
nicht was die Leute von ihn ſagen/ und
lacht wohl daruͤber/ wenn ſie ihn einen Schelm
heiſſen/ wenn ſie ihn nur den Beutel laſſen. Er
achtet auch die Ehrbezeigungen anderer nicht/ er
nimt lieber einen Groſchen/ als daß man ſich viel
fuͤr ihm buͤcket/ oder ihm viel Titel giebet/ ja
er wird ſich zur Erde niederlegen wenn er nur
Geld krieget. Da hingegen einen Ehrgeitzi-
gen
z. E. ein Staͤndgen/ eine Lob-Schrifft und
ſ. w. lieber iſt als wenn man ihm viel Geld
ſchenckete.

17. Es ſcheinet zwar/ daß der Ehrgeitz un-
terſchieden ſey/ indem viele Ehrgeitzige ſich nicht
mit bloſſer Hochachtung und ehrerbietigen Ge-
horſam abſpeiſen laſſen/ ſondern von denen die
ihnen gehorchen groſſe Summen Geldes
erpreſſen/ und alſo nicht an bloſſer Ehre ſich be-
gnuͤgen laſſen. Aber wir muͤſſen nicht dieſes
alles was Ehrgeitzige Leute thun dem Ehrgeitz zu-
ſchreiben/ ſondern auff die Paſſion acht haben
die mit dem Ehrgeitz vermiſcht iſt. Sind ſie
Geldgeitzig neben dem Ehrgeitze/ ſo muß man
dieſe Geld-Preſſung dem Geldgeitze zuſchreiben.
Sind ſie aber Wohlluͤſtig dabey/ ſo wird ent-

weder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0242" n="230"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 10. H. von dem Ehrgeitz</hi></fw><lb/>
&#x017F;ingen u. &#x017F;. w. &#x017F;ondern in &#x017F;olchen die aus einen &#x017F;ol-<lb/>
chen Grunde herru&#x0364;hren/ daß ein Men&#x017F;ch <hi rendition="#fr">zum<lb/>
regieren</hi> tu&#x0364;chtig &#x017F;ey/ welche Tu&#x0364;chtigkeit aus<lb/>
wohllu&#x0364;&#x017F;tlgen Thaten nicht pfleget hergeleitet zu<lb/>
werden.</p><lb/>
        <p>16. Gleicherge&#x017F;talt &#x017F;o achtet es ein <hi rendition="#fr">Geld-<lb/>
geitziger</hi> nicht was die Leute von ihn &#x017F;agen/ und<lb/>
lacht wohl daru&#x0364;ber/ wenn &#x017F;ie ihn einen Schelm<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en/ wenn &#x017F;ie ihn nur den Beutel la&#x017F;&#x017F;en. Er<lb/>
achtet auch die Ehrbezeigungen anderer nicht/ er<lb/>
nimt lieber einen Gro&#x017F;chen/ als daß man &#x017F;ich viel<lb/>
fu&#x0364;r ihm bu&#x0364;cket/ oder ihm viel Titel giebet/ ja<lb/>
er wird &#x017F;ich zur Erde niederlegen wenn er nur<lb/>
Geld krieget. Da hingegen einen <hi rendition="#fr">Ehrgeitzi-<lb/>
gen</hi> z. E. ein Sta&#x0364;ndgen/ eine Lob-Schrifft und<lb/>
&#x017F;. w. lieber i&#x017F;t als wenn man ihm viel Geld<lb/>
&#x017F;chenckete.</p><lb/>
        <p>17. Es &#x017F;cheinet zwar/ daß der <hi rendition="#fr">Ehrgeitz</hi> un-<lb/>
ter&#x017F;chieden &#x017F;ey/ indem viele Ehrgeitzige &#x017F;ich nicht<lb/>
mit blo&#x017F;&#x017F;er Hochachtung und ehrerbietigen Ge-<lb/>
hor&#x017F;am ab&#x017F;pei&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern von denen die<lb/>
ihnen gehorchen <hi rendition="#fr">gro&#x017F;&#x017F;e Summen Geldes</hi><lb/>
erpre&#x017F;&#x017F;en/ und al&#x017F;o nicht an blo&#x017F;&#x017F;er Ehre &#x017F;ich be-<lb/>
gnu&#x0364;gen la&#x017F;&#x017F;en. Aber wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nicht die&#x017F;es<lb/>
alles was Ehrgeitzige Leute thun dem Ehrgeitz zu-<lb/>
&#x017F;chreiben/ &#x017F;ondern auff die <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;&#x017F;ion</hi> acht haben<lb/>
die mit dem Ehrgeitz vermi&#x017F;cht i&#x017F;t. Sind &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#fr">Geldgeitzig</hi> neben dem Ehrgeitze/ &#x017F;o muß man<lb/>
die&#x017F;e Geld-Pre&#x017F;&#x017F;ung dem Geldgeitze zu&#x017F;chreiben.<lb/>
Sind &#x017F;ie aber <hi rendition="#fr">Wohllu&#x0364;&#x017F;tig</hi> dabey/ &#x017F;o wird ent-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">weder</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0242] Das 10. H. von dem Ehrgeitz ſingen u. ſ. w. ſondern in ſolchen die aus einen ſol- chen Grunde herruͤhren/ daß ein Menſch zum regieren tuͤchtig ſey/ welche Tuͤchtigkeit aus wohlluͤſtlgen Thaten nicht pfleget hergeleitet zu werden. 16. Gleichergeſtalt ſo achtet es ein Geld- geitziger nicht was die Leute von ihn ſagen/ und lacht wohl daruͤber/ wenn ſie ihn einen Schelm heiſſen/ wenn ſie ihn nur den Beutel laſſen. Er achtet auch die Ehrbezeigungen anderer nicht/ er nimt lieber einen Groſchen/ als daß man ſich viel fuͤr ihm buͤcket/ oder ihm viel Titel giebet/ ja er wird ſich zur Erde niederlegen wenn er nur Geld krieget. Da hingegen einen Ehrgeitzi- gen z. E. ein Staͤndgen/ eine Lob-Schrifft und ſ. w. lieber iſt als wenn man ihm viel Geld ſchenckete. 17. Es ſcheinet zwar/ daß der Ehrgeitz un- terſchieden ſey/ indem viele Ehrgeitzige ſich nicht mit bloſſer Hochachtung und ehrerbietigen Ge- horſam abſpeiſen laſſen/ ſondern von denen die ihnen gehorchen groſſe Summen Geldes erpreſſen/ und alſo nicht an bloſſer Ehre ſich be- gnuͤgen laſſen. Aber wir muͤſſen nicht dieſes alles was Ehrgeitzige Leute thun dem Ehrgeitz zu- ſchreiben/ ſondern auff die Paſſion acht haben die mit dem Ehrgeitz vermiſcht iſt. Sind ſie Geldgeitzig neben dem Ehrgeitze/ ſo muß man dieſe Geld-Preſſung dem Geldgeitze zuſchreiben. Sind ſie aber Wohlluͤſtig dabey/ ſo wird ent- weder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/242
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/242>, abgerufen am 02.05.2024.