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Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.

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Unser Herr in der lezten Abendgesellschaft
[Spaltenumbruch] &q;Gedächtnis." Dessel-
bigen gleichen auch den
Kelch nach dem Abend-
mahl, und sprach: "das
&q;ist der Kelch, das neue
&q;Testament in meinem
&q;Blut, das für euch
&q;vergossen wird. Doch
&q;siehe, die Hand meines
&q;Verräthers ist mit mir
&q;über Tische. Und zwar
&q;des Menschen Sohn
&q;gehet hin, wie es be-
&q;schlossen ist. Doch wehe
&q;demselbigen Menschen,
&q;durch welchen er verra-
&q;then wird." Und sie
fingen an zu fragen un-
ter sich selbst, welcher es
doch wäre unter ihnen,
der das thun würde?
Es erhub sich auch ein
Zank unter ihnen, wel-
cher unter ihnen sollte
für den größesten gehal-
ten werden? Er aber
sprach zu ihnen: "die
&q;weltlichen Könige herr-
&q;schen, und die Gewal-
&q;tigen heisset man gnä-
&q;dige Herren; ihr aber
&q;nicht also: sondern der

[Spaltenumbruch] mit er umgürtet war.
Da kam er zu Simon
Petro, und derselbige
sprach zu ihm: "Herr,
&q;solltest du mir die Füße
&q;waschen"? Jesus ant-
wortete und sprach zu
ihm: "was ich thue, das
&q;weißt du izt nicht: du
&q;wirsts aber hernach er-
&q;fahren." Da sprach
&q;Petrus zu ihm: "Nim-
&q;mermehr sollt du mir
&q;die Füße waschen."
Jesus antwortete ihm:
"werde ich dich nicht
&q;waschen: so hast du
&q;kein Theil mit mir."
Spricht zu ihm Simon
Petrus: "Herr, nicht
&q;die Füße allein: son-
&q;dern auch die Hände,
&q;und das Haupt."
Spricht Jesus zu ihm:
&q;wer gewaschen ist, darf
&q;nicht, denn die Füße
&q;waschen: sondern er ist
&q;ganz rein, und ihr seid
&q;rein, aber nicht alle."
Denn er wußte seinen
Verräther wohl, darum
sprach er: "ihr seid nicht

&q;grös-
&q;alle
Unſer Herr in der lezten Abendgeſellſchaft
[Spaltenumbruch] &q;Gedächtnis.” Deſſel-
bigen gleichen auch den
Kelch nach dem Abend-
mahl, und ſprach: “das
&q;iſt der Kelch, das neue
&q;Teſtament in meinem
&q;Blut, das für euch
&q;vergoſſen wird. Doch
&q;ſiehe, die Hand meines
&q;Verräthers iſt mit mir
&q;über Tiſche. Und zwar
&q;des Menſchen Sohn
&q;gehet hin, wie es be-
&q;ſchloſſen iſt. Doch wehe
&q;demſelbigen Menſchen,
&q;durch welchen er verra-
&q;then wird.” Und ſie
fingen an zu fragen un-
ter ſich ſelbſt, welcher es
doch wäre unter ihnen,
der das thun würde?
Es erhub ſich auch ein
Zank unter ihnen, wel-
cher unter ihnen ſollte
für den größeſten gehal-
ten werden? Er aber
ſprach zu ihnen: “die
&q;weltlichen Könige herr-
&q;ſchen, und die Gewal-
&q;tigen heiſſet man gnä-
&q;dige Herren; ihr aber
&q;nicht alſo: ſondern der

[Spaltenumbruch] mit er umgürtet war.
Da kam er zu Simon
Petro, und derſelbige
ſprach zu ihm: “Herr,
&q;ſollteſt du mir die Füße
&q;waſchen”? Jeſus ant-
wortete und ſprach zu
ihm: “was ich thue, das
&q;weißt du izt nicht: du
&q;wirſts aber hernach er-
&q;fahren.” Da ſprach
&q;Petrus zu ihm: “Nim-
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Jeſus antwortete ihm:
“werde ich dich nicht
&q;waſchen: ſo haſt du
&q;kein Theil mit mir.”
Spricht zu ihm Simon
Petrus: “Herr, nicht
&q;die Füße allein: ſon-
&q;dern auch die Hände,
&q;und das Haupt.”
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&q;nicht, denn die Füße
&q;waſchen: ſondern er iſt
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Zitationshilfe: Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiess_andachtsbuch_1794/34>, abgerufen am 16.06.2024.