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Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.

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Unser Herr,

Von eben einer solchen Seite erscheint Tho-
mas, zum wenigsten mir, in der kurzen Antwort,
die er Jesu gab, oder vielmehr in der Anrede, die
er an ihn that, wie er, ihm und auch wohl andern
Jüngern noch nicht klar genug, von seinem Hin-
gang zum Vater mit ihnen redete. Jesus sprach,
so erzählt uns eben der heilige Geschichtschreiber,
der uns den Thomas, so zu sagen, vorführt, zu
seinen Jüngern: euer Herz erschrekke nicht;
"glänbet ihr an Gott: so gläubet ihr auch
&q;an mich. In meines Vaters Hause sind
&q;viele Wohnungen. Wenns nicht so
&q;wäre: so wollte ich zu euch sagen: ich
&q;gehe hin, euch die Stäte zu bereiten. Und
&q;ob ich hingehe, euch die Stäte zu bereiten:
&q;will ich doch wiederkommen, und euch zu
&q;mir nehmen, auf daß ihr seid, wo ich bin.
&q;Und wo ich hingehe, das wisset ihr; und
&q;den Weg wisset ihr auch."
Da nahm, nicht
Petrus, der sonst immer beim Wort war, der es
auch kurz vorher geführt hatte, der auch in dieser
Rede Jesu die stärkste Veranlassung finden konnte,
Jesum weiter zu befragen: sondern, der ver-
schloßne, einsylbige Thomas nahm das Wort, und
sagte gerade hin zu Jesu: "Herr, wir wissen
&q;nicht, wo du hingehest; und wie können
&q;wir den Weg wissen?"
Mag ein andrer ihn
tadeln, daß er hiemit dem Herrn ins Angesicht
widersprach; mag ein andrer über die Kälte und
Härte, die ihm diese Antwort auszudrükken
scheint, unwillig erstaunen: ich muß den Muth
ehren, mit welchem Thomas hier so geradezu

sprach;
Unſer Herr,

Von eben einer ſolchen Seite erſcheint Tho-
mas, zum wenigſten mir, in der kurzen Antwort,
die er Jeſu gab, oder vielmehr in der Anrede, die
er an ihn that, wie er, ihm und auch wohl andern
Jüngern noch nicht klar genug, von ſeinem Hin-
gang zum Vater mit ihnen redete. Jeſus ſprach,
ſo erzählt uns eben der heilige Geſchichtſchreiber,
der uns den Thomas, ſo zu ſagen, vorführt, zu
ſeinen Jüngern: euer Herz erſchrekke nicht;
“glänbet ihr an Gott: ſo gläubet ihr auch
&q;an mich. In meines Vaters Hauſe ſind
&q;viele Wohnungen. Wenns nicht ſo
&q;wäre: ſo wollte ich zu euch ſagen: ich
&q;gehe hin, euch die Stäte zu bereiten. Und
&q;ob ich hingehe, euch die Stäte zu bereiten:
&q;will ich doch wiederkommen, und euch zu
&q;mir nehmen, auf daß ihr ſeid, wo ich bin.
&q;Und wo ich hingehe, das wiſſet ihr; und
&q;den Weg wiſſet ihr auch.”
Da nahm, nicht
Petrus, der ſonſt immer beim Wort war, der es
auch kurz vorher geführt hatte, der auch in dieſer
Rede Jeſu die ſtärkſte Veranlaſſung finden konnte,
Jeſum weiter zu befragen: ſondern, der ver-
ſchloßne, einſylbige Thomas nahm das Wort, und
ſagte gerade hin zu Jeſu: “Herr, wir wiſſen
&q;nicht, wo du hingeheſt; und wie können
&q;wir den Weg wiſſen?”
Mag ein andrer ihn
tadeln, daß er hiemit dem Herrn ins Angeſicht
widerſprach; mag ein andrer über die Kälte und
Härte, die ihm dieſe Antwort auszudrükken
ſcheint, unwillig erſtaunen: ich muß den Muth
ehren, mit welchem Thomas hier ſo geradezu

ſprach;
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[166/0180] Unſer Herr, Von eben einer ſolchen Seite erſcheint Tho- mas, zum wenigſten mir, in der kurzen Antwort, die er Jeſu gab, oder vielmehr in der Anrede, die er an ihn that, wie er, ihm und auch wohl andern Jüngern noch nicht klar genug, von ſeinem Hin- gang zum Vater mit ihnen redete. Jeſus ſprach, ſo erzählt uns eben der heilige Geſchichtſchreiber, der uns den Thomas, ſo zu ſagen, vorführt, zu ſeinen Jüngern: euer Herz erſchrekke nicht; “glänbet ihr an Gott: ſo gläubet ihr auch &q;an mich. In meines Vaters Hauſe ſind &q;viele Wohnungen. Wenns nicht ſo &q;wäre: ſo wollte ich zu euch ſagen: ich &q;gehe hin, euch die Stäte zu bereiten. Und &q;ob ich hingehe, euch die Stäte zu bereiten: &q;will ich doch wiederkommen, und euch zu &q;mir nehmen, auf daß ihr ſeid, wo ich bin. &q;Und wo ich hingehe, das wiſſet ihr; und &q;den Weg wiſſet ihr auch.” Da nahm, nicht Petrus, der ſonſt immer beim Wort war, der es auch kurz vorher geführt hatte, der auch in dieſer Rede Jeſu die ſtärkſte Veranlaſſung finden konnte, Jeſum weiter zu befragen: ſondern, der ver- ſchloßne, einſylbige Thomas nahm das Wort, und ſagte gerade hin zu Jeſu: “Herr, wir wiſſen &q;nicht, wo du hingeheſt; und wie können &q;wir den Weg wiſſen?” Mag ein andrer ihn tadeln, daß er hiemit dem Herrn ins Angeſicht widerſprach; mag ein andrer über die Kälte und Härte, die ihm dieſe Antwort auszudrükken ſcheint, unwillig erſtaunen: ich muß den Muth ehren, mit welchem Thomas hier ſo geradezu ſprach;

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Zitationshilfe: Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiess_andachtsbuch_1794/180>, abgerufen am 26.11.2024.