Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite
Davids.

"Wenn der ausübende Künstler von diesen
Wahrheiten durchdrungen seyn muß, um wie
viel mehr der Kunstrichter. Jhre Comite war
der Meinung, daß zu einer Zeit, wo die Künste
sich mit den Sitten neu gebären, allein den Künst-
lern das Urtheil über die Werke des Genies ge-
bühre. Dies hieße sie aber auf dem Gleise fort-
schlendern lassen, das sie zur Zeit des von ih-
nen vergötterten Despotismus betreten hatten.
Nur große Seelen, die das Gefühl des Wah-
ren und Erhabenen, welches das Studium der
Natur gewährt, in sich tragen, vermögen der
Kunst einen neuen Aufflug zu geben."

Er brachte hierauf ein Namensverzeichniß
von Gelehrten, Künstlern und Beamten aller
Art zur Bildung eines Nationalgeschwornenge-
richts, in Hinsicht auf die Kunst, zum Vor-
schlag. Der Convent nahm diese Liste an, und
decretirte, daß sie behufs des öffentlichen Urtheils
darüber gedruckt werden solle.

Den 5ten Frimaire erschien ein Künstler
Namens Dutaillis vor den Schranken des Con-
vents. Er war nach Rom gegangen, um dort
die Malerkunst zu studiren. Nachdem er am

David. 6
Davids.

„Wenn der ausuͤbende Kuͤnſtler von dieſen
Wahrheiten durchdrungen ſeyn muß, um wie
viel mehr der Kunſtrichter. Jhre Comite war
der Meinung, daß zu einer Zeit, wo die Kuͤnſte
ſich mit den Sitten neu gebaͤren, allein den Kuͤnſt-
lern das Urtheil uͤber die Werke des Genies ge-
buͤhre. Dies hieße ſie aber auf dem Gleiſe fort-
ſchlendern laſſen, das ſie zur Zeit des von ih-
nen vergoͤtterten Despotismus betreten hatten.
Nur große Seelen, die das Gefuͤhl des Wah-
ren und Erhabenen, welches das Studium der
Natur gewaͤhrt, in ſich tragen, vermoͤgen der
Kunſt einen neuen Aufflug zu geben.“

Er brachte hierauf ein Namensverzeichniß
von Gelehrten, Kuͤnſtlern und Beamten aller
Art zur Bildung eines Nationalgeſchwornenge-
richts, in Hinſicht auf die Kunſt, zum Vor-
ſchlag. Der Convent nahm dieſe Liſte an, und
decretirte, daß ſie behufs des oͤffentlichen Urtheils
daruͤber gedruckt werden ſolle.

Den 5ten Frimaire erſchien ein Kuͤnſtler
Namens Dutaillis vor den Schranken des Con-
vents. Er war nach Rom gegangen, um dort
die Malerkunſt zu ſtudiren. Nachdem er am

David. 6
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0095" n="81"/>
        <fw place="top" type="header">Davids.</fw><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn der ausu&#x0364;bende Ku&#x0364;n&#x017F;tler von die&#x017F;en<lb/>
Wahrheiten durchdrungen &#x017F;eyn muß, um wie<lb/>
viel mehr der Kun&#x017F;trichter. Jhre Comite war<lb/>
der Meinung, daß zu einer Zeit, wo die Ku&#x0364;n&#x017F;te<lb/>
&#x017F;ich mit den Sitten neu geba&#x0364;ren, allein den Ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
lern das Urtheil u&#x0364;ber die Werke des Genies ge-<lb/>
bu&#x0364;hre. Dies hieße &#x017F;ie aber auf dem Glei&#x017F;e fort-<lb/>
&#x017F;chlendern la&#x017F;&#x017F;en, das &#x017F;ie zur Zeit des von ih-<lb/>
nen vergo&#x0364;tterten Despotismus betreten hatten.<lb/>
Nur große Seelen, die das Gefu&#x0364;hl des Wah-<lb/>
ren und Erhabenen, welches das Studium der<lb/>
Natur gewa&#x0364;hrt, in &#x017F;ich tragen, vermo&#x0364;gen der<lb/>
Kun&#x017F;t einen neuen Aufflug zu geben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er brachte hierauf ein Namensverzeichniß<lb/>
von Gelehrten, Ku&#x0364;n&#x017F;tlern und Beamten aller<lb/>
Art zur Bildung eines Nationalge&#x017F;chwornenge-<lb/>
richts, in Hin&#x017F;icht auf die Kun&#x017F;t, zum Vor-<lb/>
&#x017F;chlag. Der Convent nahm die&#x017F;e Li&#x017F;te an, und<lb/>
decretirte, daß &#x017F;ie behufs des o&#x0364;ffentlichen Urtheils<lb/>
daru&#x0364;ber gedruckt werden &#x017F;olle.</p><lb/>
        <p>Den 5ten Frimaire er&#x017F;chien ein Ku&#x0364;n&#x017F;tler<lb/>
Namens Dutaillis vor den Schranken des Con-<lb/>
vents. Er war nach Rom gegangen, um dort<lb/>
die Malerkun&#x017F;t zu &#x017F;tudiren. Nachdem er am<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">David. 6</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0095] Davids. „Wenn der ausuͤbende Kuͤnſtler von dieſen Wahrheiten durchdrungen ſeyn muß, um wie viel mehr der Kunſtrichter. Jhre Comite war der Meinung, daß zu einer Zeit, wo die Kuͤnſte ſich mit den Sitten neu gebaͤren, allein den Kuͤnſt- lern das Urtheil uͤber die Werke des Genies ge- buͤhre. Dies hieße ſie aber auf dem Gleiſe fort- ſchlendern laſſen, das ſie zur Zeit des von ih- nen vergoͤtterten Despotismus betreten hatten. Nur große Seelen, die das Gefuͤhl des Wah- ren und Erhabenen, welches das Studium der Natur gewaͤhrt, in ſich tragen, vermoͤgen der Kunſt einen neuen Aufflug zu geben.“ Er brachte hierauf ein Namensverzeichniß von Gelehrten, Kuͤnſtlern und Beamten aller Art zur Bildung eines Nationalgeſchwornenge- richts, in Hinſicht auf die Kunſt, zum Vor- ſchlag. Der Convent nahm dieſe Liſte an, und decretirte, daß ſie behufs des oͤffentlichen Urtheils daruͤber gedruckt werden ſolle. Den 5ten Frimaire erſchien ein Kuͤnſtler Namens Dutaillis vor den Schranken des Con- vents. Er war nach Rom gegangen, um dort die Malerkunſt zu ſtudiren. Nachdem er am David. 6

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/95
Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/95>, abgerufen am 24.11.2024.