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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Davids.
Stifter einer Schule, aus welcher so viele gro-
ße Maler hervorgehen sollten, die, indem sie
die entartete französische Schule verdrängten, den
Rang und den Ruhm derselben von neuem
sicherten.

Vien versprach Davids Verwandten, sich
des Unterrichts desselben mit allem Eifer anzu-
nehmen. Der junge Zögling zeigte einige Um-
risse vor, die ihm allein sein Genie eingegeben,
denn er hatte niemals weder Unterricht genossen,
noch einen Meister zu Rathe gezogen. Vien ge-
rieth darüber in Erstaunen und sagte: "Er kann
sich von heute an der Malerei widmen, denn er
versteht sich auf das Geheimniß der Kunst."

Jn der Schule dieses Gönners machte
David reißende Fortschritte, sein Geschmack läu-
terte sich, und nach Verlauf einiger Jahre wagte
er es, sich um den großen Preis für Rom zu
bewerben.

Er hielt es nicht für nöthig, Vien deshalb
zu Rathe zu ziehen, und schritt ohne dessen Vor-
wissen an das Werk. Dieser kam indeß hinter
das Geheimniß, worin der junge Künstler seine
Arbeit hüllte. David, noch immer in der Mei-
nung, seinem Gegner eine Ueberraschung zu be-

Davids.
Stifter einer Schule, aus welcher ſo viele gro-
ße Maler hervorgehen ſollten, die, indem ſie
die entartete franzoͤſiſche Schule verdraͤngten, den
Rang und den Ruhm derſelben von neuem
ſicherten.

Vien verſprach Davids Verwandten, ſich
des Unterrichts deſſelben mit allem Eifer anzu-
nehmen. Der junge Zoͤgling zeigte einige Um-
riſſe vor, die ihm allein ſein Genie eingegeben,
denn er hatte niemals weder Unterricht genoſſen,
noch einen Meiſter zu Rathe gezogen. Vien ge-
rieth daruͤber in Erſtaunen und ſagte: „Er kann
ſich von heute an der Malerei widmen, denn er
verſteht ſich auf das Geheimniß der Kunſt.“

Jn der Schule dieſes Goͤnners machte
David reißende Fortſchritte, ſein Geſchmack laͤu-
terte ſich, und nach Verlauf einiger Jahre wagte
er es, ſich um den großen Preis fuͤr Rom zu
bewerben.

Er hielt es nicht fuͤr noͤthig, Vien deshalb
zu Rathe zu ziehen, und ſchritt ohne deſſen Vor-
wiſſen an das Werk. Dieſer kam indeß hinter
das Geheimniß, worin der junge Kuͤnſtler ſeine
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[7/0021] Davids. Stifter einer Schule, aus welcher ſo viele gro- ße Maler hervorgehen ſollten, die, indem ſie die entartete franzoͤſiſche Schule verdraͤngten, den Rang und den Ruhm derſelben von neuem ſicherten. Vien verſprach Davids Verwandten, ſich des Unterrichts deſſelben mit allem Eifer anzu- nehmen. Der junge Zoͤgling zeigte einige Um- riſſe vor, die ihm allein ſein Genie eingegeben, denn er hatte niemals weder Unterricht genoſſen, noch einen Meiſter zu Rathe gezogen. Vien ge- rieth daruͤber in Erſtaunen und ſagte: „Er kann ſich von heute an der Malerei widmen, denn er verſteht ſich auf das Geheimniß der Kunſt.“ Jn der Schule dieſes Goͤnners machte David reißende Fortſchritte, ſein Geſchmack laͤu- terte ſich, und nach Verlauf einiger Jahre wagte er es, ſich um den großen Preis fuͤr Rom zu bewerben. Er hielt es nicht fuͤr noͤthig, Vien deshalb zu Rathe zu ziehen, und ſchritt ohne deſſen Vor- wiſſen an das Werk. Dieſer kam indeß hinter das Geheimniß, worin der junge Kuͤnſtler ſeine Arbeit huͤllte. David, noch immer in der Mei- nung, ſeinem Gegner eine Ueberraſchung zu be-

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/21>, abgerufen am 24.04.2024.