Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Davids.
Gegenstande Lebendigkeit und Feuer verleihen?
Konnte er bei einem Werke, in welchem die
Vernunft und die Wahrheit seinen Pinsel leiten
mußten, die Poesie zu Hülfe rufen? Uebrigens
vermag ein und derselbe Mensch nicht in jedem
Styl Vortreffliches zu leisten, und dieser war für
David nicht.

Der Altar und die kleinen Umgebungen des-
selben sind nicht minder bemerkenswerth, wie
alles andere Zubehör. Napoleons Gestalt hat
einen erhabenen Ausdruck und eine täuschende
Wahrheit. Die Stellung Josephinens ist über-
aus einnehmend und voll Grazie. Das Bild
des Papstes hat ganz das Ansprechende, Fromme,
was seinem Gesicht und seiner Figur eigen ist.
Der Meister hatte anfangs beide Hände des
Papstes auf die Knie gelegt. Napoleon, wel-
cher der Meinung war, daß die vorhergegangene
Handlung des Segens dadurch zu entfernt an-
gedeutet würde, rieth David, diesen Mangel,
wo möglich, zu heben. Er folgte diesem Rath
und änderte es dahin ab, daß der Papst den
rechten Arm erhob, wodurch die Segensspre-
chung näher bezeichnet wurde.

Davids.
Gegenſtande Lebendigkeit und Feuer verleihen?
Konnte er bei einem Werke, in welchem die
Vernunft und die Wahrheit ſeinen Pinſel leiten
mußten, die Poeſie zu Huͤlfe rufen? Uebrigens
vermag ein und derſelbe Menſch nicht in jedem
Styl Vortreffliches zu leiſten, und dieſer war fuͤr
David nicht.

Der Altar und die kleinen Umgebungen deſ-
ſelben ſind nicht minder bemerkenswerth, wie
alles andere Zubehoͤr. Napoleons Geſtalt hat
einen erhabenen Ausdruck und eine taͤuſchende
Wahrheit. Die Stellung Joſephinens iſt uͤber-
aus einnehmend und voll Grazie. Das Bild
des Papſtes hat ganz das Anſprechende, Fromme,
was ſeinem Geſicht und ſeiner Figur eigen iſt.
Der Meiſter hatte anfangs beide Haͤnde des
Papſtes auf die Knie gelegt. Napoleon, wel-
cher der Meinung war, daß die vorhergegangene
Handlung des Segens dadurch zu entfernt an-
gedeutet wuͤrde, rieth David, dieſen Mangel,
wo moͤglich, zu heben. Er folgte dieſem Rath
und aͤnderte es dahin ab, daß der Papſt den
rechten Arm erhob, wodurch die Segensſpre-
chung naͤher bezeichnet wurde.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0147" n="133"/><fw place="top" type="header">Davids.</fw><lb/>
Gegen&#x017F;tande Lebendigkeit und Feuer verleihen?<lb/>
Konnte er bei einem Werke, in welchem die<lb/>
Vernunft und die Wahrheit &#x017F;einen Pin&#x017F;el leiten<lb/>
mußten, die Poe&#x017F;ie zu Hu&#x0364;lfe rufen? Uebrigens<lb/>
vermag ein und der&#x017F;elbe Men&#x017F;ch nicht in jedem<lb/>
Styl Vortreffliches zu lei&#x017F;ten, und die&#x017F;er war fu&#x0364;r<lb/>
David nicht.</p><lb/>
        <p>Der Altar und die kleinen Umgebungen de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben &#x017F;ind nicht minder bemerkenswerth, wie<lb/>
alles andere Zubeho&#x0364;r. Napoleons Ge&#x017F;talt hat<lb/>
einen erhabenen Ausdruck und eine ta&#x0364;u&#x017F;chende<lb/>
Wahrheit. Die Stellung Jo&#x017F;ephinens i&#x017F;t u&#x0364;ber-<lb/>
aus einnehmend und voll Grazie. Das Bild<lb/>
des Pap&#x017F;tes hat ganz das An&#x017F;prechende, Fromme,<lb/>
was &#x017F;einem Ge&#x017F;icht und &#x017F;einer Figur eigen i&#x017F;t.<lb/>
Der Mei&#x017F;ter hatte anfangs beide Ha&#x0364;nde des<lb/>
Pap&#x017F;tes auf die Knie gelegt. Napoleon, wel-<lb/>
cher der Meinung war, daß die vorhergegangene<lb/>
Handlung des Segens dadurch zu entfernt an-<lb/>
gedeutet wu&#x0364;rde, rieth David, die&#x017F;en Mangel,<lb/>
wo mo&#x0364;glich, zu heben. Er folgte die&#x017F;em Rath<lb/>
und a&#x0364;nderte es dahin ab, daß der Pap&#x017F;t den<lb/>
rechten Arm erhob, wodurch die Segens&#x017F;pre-<lb/>
chung na&#x0364;her bezeichnet wurde.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0147] Davids. Gegenſtande Lebendigkeit und Feuer verleihen? Konnte er bei einem Werke, in welchem die Vernunft und die Wahrheit ſeinen Pinſel leiten mußten, die Poeſie zu Huͤlfe rufen? Uebrigens vermag ein und derſelbe Menſch nicht in jedem Styl Vortreffliches zu leiſten, und dieſer war fuͤr David nicht. Der Altar und die kleinen Umgebungen deſ- ſelben ſind nicht minder bemerkenswerth, wie alles andere Zubehoͤr. Napoleons Geſtalt hat einen erhabenen Ausdruck und eine taͤuſchende Wahrheit. Die Stellung Joſephinens iſt uͤber- aus einnehmend und voll Grazie. Das Bild des Papſtes hat ganz das Anſprechende, Fromme, was ſeinem Geſicht und ſeiner Figur eigen iſt. Der Meiſter hatte anfangs beide Haͤnde des Papſtes auf die Knie gelegt. Napoleon, wel- cher der Meinung war, daß die vorhergegangene Handlung des Segens dadurch zu entfernt an- gedeutet wuͤrde, rieth David, dieſen Mangel, wo moͤglich, zu heben. Er folgte dieſem Rath und aͤnderte es dahin ab, daß der Papſt den rechten Arm erhob, wodurch die Segensſpre- chung naͤher bezeichnet wurde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/147
Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/147>, abgerufen am 06.05.2024.