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Thaer, Albrecht: Geschichte meiner Wirthschaft zu Möglin. Berlin, 1815.

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modisch ist, so wenig beneide ich sie. Solche
Theile zu vergrößern und den Wollwuchs darauf
zu verstärken, die nur Wolle der dritten Klasse
tragen, scheint mir gegen den ersten Grundsatz
der Viehzüchterei zu streiten, und ich würde durch-
aus keinen Bock mit jener Auszeichnung in mei-
ner Heerde zulassen, wenn er nicht andere vor-
zügliche Eigenschaften hätte. Ob aber diese be-
hangenen Schafe, die aus der Infantado-Heerde
herstammen sollen, andere Vorzüge haben, scheint
mir zweifelhaft, da es gewiß ist, daß die Wolle
dieser Heerden bei weitem nicht so theuer be-
zahlt wird, wie die der guten sächsischen Schä-
fereien.

Mit Sterbefällen bin ich bisher sehr glück-
lich gewesen. Außer ein Paar alten Schafen,
die plötzlich starben, einigen Lämmern, die er-
drückt worden, habe ich nur einen Hammel an
der Drehkrankheit verloren. Ein anderer ward
durch die einfache Operation mit einer Schuster-
pfrieme sogleich geheilet, weil man die Stelle,
wo die Blase saß, richtig traf. An den inocu-
lirten Pocken habe ich im vorigen Herbst nicht
ein Stück verloren; doch sind mir mehrere Schafe
darüber gelte geblieben. Bei gesunder Weide
rührte die vormalige große Sterblichkeit der

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modiſch iſt, ſo wenig beneide ich ſie. Solche
Theile zu vergroͤßern und den Wollwuchs darauf
zu verſtaͤrken, die nur Wolle der dritten Klaſſe
tragen, ſcheint mir gegen den erſten Grundſatz
der Viehzuͤchterei zu ſtreiten, und ich wuͤrde durch-
aus keinen Bock mit jener Auszeichnung in mei-
ner Heerde zulaſſen, wenn er nicht andere vor-
zuͤgliche Eigenſchaften haͤtte. Ob aber dieſe be-
hangenen Schafe, die aus der Infantado-Heerde
herſtammen ſollen, andere Vorzuͤge haben, ſcheint
mir zweifelhaft, da es gewiß iſt, daß die Wolle
dieſer Heerden bei weitem nicht ſo theuer be-
zahlt wird, wie die der guten ſaͤchſiſchen Schaͤ-
fereien.

Mit Sterbefaͤllen bin ich bisher ſehr gluͤck-
lich geweſen. Außer ein Paar alten Schafen,
die ploͤtzlich ſtarben, einigen Laͤmmern, die er-
druͤckt worden, habe ich nur einen Hammel an
der Drehkrankheit verloren. Ein anderer ward
durch die einfache Operation mit einer Schuſter-
pfrieme ſogleich geheilet, weil man die Stelle,
wo die Blaſe ſaß, richtig traf. An den inocu-
lirten Pocken habe ich im vorigen Herbſt nicht
ein Stuͤck verloren; doch ſind mir mehrere Schafe
daruͤber gelte geblieben. Bei geſunder Weide
ruͤhrte die vormalige große Sterblichkeit der

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[81/0098] modiſch iſt, ſo wenig beneide ich ſie. Solche Theile zu vergroͤßern und den Wollwuchs darauf zu verſtaͤrken, die nur Wolle der dritten Klaſſe tragen, ſcheint mir gegen den erſten Grundſatz der Viehzuͤchterei zu ſtreiten, und ich wuͤrde durch- aus keinen Bock mit jener Auszeichnung in mei- ner Heerde zulaſſen, wenn er nicht andere vor- zuͤgliche Eigenſchaften haͤtte. Ob aber dieſe be- hangenen Schafe, die aus der Infantado-Heerde herſtammen ſollen, andere Vorzuͤge haben, ſcheint mir zweifelhaft, da es gewiß iſt, daß die Wolle dieſer Heerden bei weitem nicht ſo theuer be- zahlt wird, wie die der guten ſaͤchſiſchen Schaͤ- fereien. Mit Sterbefaͤllen bin ich bisher ſehr gluͤck- lich geweſen. Außer ein Paar alten Schafen, die ploͤtzlich ſtarben, einigen Laͤmmern, die er- druͤckt worden, habe ich nur einen Hammel an der Drehkrankheit verloren. Ein anderer ward durch die einfache Operation mit einer Schuſter- pfrieme ſogleich geheilet, weil man die Stelle, wo die Blaſe ſaß, richtig traf. An den inocu- lirten Pocken habe ich im vorigen Herbſt nicht ein Stuͤck verloren; doch ſind mir mehrere Schafe daruͤber gelte geblieben. Bei geſunder Weide ruͤhrte die vormalige große Sterblichkeit der 6

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Geschichte meiner Wirthschaft zu Möglin. Berlin, 1815, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_moeglin_1815/98>, abgerufen am 27.11.2024.