Am häufigsten wird der Kalk gebraucht. Man nimmt gewöhnlich auf 12 Scheffel Saat 1 Scheffel frisch zu Pulver gelöschten Kalk. Das Ge- treide wird vorher mit Wasser, auch wohl mit erwärmtem, angefeuchtet, wo- zu manche aufbewahrten Urin oder Mistjauche setzen; der Kalk wird darüber gestreuet, und fleißig damit durchgearbeitet; es bleibt 8 bis 12 Stunden ruhig im Haufen liegen, wird dann aber auf der Tenne dünn verbreitet und ge- trocknet, aber ja nicht feucht in Säcke gebracht. Manche setzen eine gleiche Quantität oder die Hälfte einer kräftigen kalihaltenden Asche zu, wodurch ein ätzendes Kali bewirkt wird, und diese Mengung scheint am wirksamsten der Theorie und Erfahrung nach zu seyn. Einige thun sodann auch noch eine größere oder kleinere Quantität Küchensalz hinzu, welches wenigstens die Wir- kung hat, daß die Körner besser incrustirt werden. Auch macht man aus Kalk und Asche mit Zusatz von Urin und nachmals von Salz eine Lauge und begießt dann damit das Getreide. Die Manipulationen sind hierin über- haupt sehr verschieden, und wenn gleich jeder auf die seinige einen besonderen Werth zu setzen pflegt, so kommen sie wohl im Wesentlichen auf eins hinaus. Es kömmt nur darauf an, daß diese Einbeizungen möglichst kräftig geschehen, und daß man die Masse dann so durcharbeite, daß jedes einzelne Korn Theil daran nehme, daß man ferner die Mischung eine Zeit lang zusammen halte, bis eine gelinde Erwärmung merklich wird, sie dann aber schnell auseinander bringe und auslüfte.
Einige schreiben dem Küchensalze eine vorzügliche Wirkung zu, nehmen davon eine größere Menge und einen geringern Theil Kalk; aber nach den zuver- lässigsten Erfahrungen ist Kalk und Asche das wirksamste und in den meisten Ge- genden das wohlfeilste.
Vitriol- und Alaunauflösungen sind von einigen sehr gerühmt worden, in- dessen spricht bis jetzt die Masse von Erfahrungen noch nicht so stark für diese wie für jene Einbeitzungen.
Die Einbeizung mit Arsenik ist zu gefährlich, als daß sie irgend einem, welcher mit den schrecklichen Wirkungen dieses heftigen Giftes nicht sehr bekannt ist, anvertrauet werden dürfte.
§. 76.
Der Brand im Weizen.
Am haͤufigſten wird der Kalk gebraucht. Man nimmt gewoͤhnlich auf 12 Scheffel Saat 1 Scheffel friſch zu Pulver geloͤſchten Kalk. Das Ge- treide wird vorher mit Waſſer, auch wohl mit erwaͤrmtem, angefeuchtet, wo- zu manche aufbewahrten Urin oder Miſtjauche ſetzen; der Kalk wird daruͤber geſtreuet, und fleißig damit durchgearbeitet; es bleibt 8 bis 12 Stunden ruhig im Haufen liegen, wird dann aber auf der Tenne duͤnn verbreitet und ge- trocknet, aber ja nicht feucht in Saͤcke gebracht. Manche ſetzen eine gleiche Quantitaͤt oder die Haͤlfte einer kraͤftigen kalihaltenden Aſche zu, wodurch ein aͤtzendes Kali bewirkt wird, und dieſe Mengung ſcheint am wirkſamſten der Theorie und Erfahrung nach zu ſeyn. Einige thun ſodann auch noch eine groͤßere oder kleinere Quantitaͤt Kuͤchenſalz hinzu, welches wenigſtens die Wir- kung hat, daß die Koͤrner beſſer incruſtirt werden. Auch macht man aus Kalk und Aſche mit Zuſatz von Urin und nachmals von Salz eine Lauge und begießt dann damit das Getreide. Die Manipulationen ſind hierin uͤber- haupt ſehr verſchieden, und wenn gleich jeder auf die ſeinige einen beſonderen Werth zu ſetzen pflegt, ſo kommen ſie wohl im Weſentlichen auf eins hinaus. Es koͤmmt nur darauf an, daß dieſe Einbeizungen moͤglichſt kraͤftig geſchehen, und daß man die Maſſe dann ſo durcharbeite, daß jedes einzelne Korn Theil daran nehme, daß man ferner die Miſchung eine Zeit lang zuſammen halte, bis eine gelinde Erwaͤrmung merklich wird, ſie dann aber ſchnell auseinander bringe und ausluͤfte.
Einige ſchreiben dem Kuͤchenſalze eine vorzuͤgliche Wirkung zu, nehmen davon eine groͤßere Menge und einen geringern Theil Kalk; aber nach den zuver- laͤſſigſten Erfahrungen iſt Kalk und Aſche das wirkſamſte und in den meiſten Ge- genden das wohlfeilſte.
Vitriol- und Alaunaufloͤſungen ſind von einigen ſehr geruͤhmt worden, in- deſſen ſpricht bis jetzt die Maſſe von Erfahrungen noch nicht ſo ſtark fuͤr dieſe wie fuͤr jene Einbeitzungen.
Die Einbeizung mit Arſenik iſt zu gefaͤhrlich, als daß ſie irgend einem, welcher mit den ſchrecklichen Wirkungen dieſes heftigen Giftes nicht ſehr bekannt iſt, anvertrauet werden duͤrfte.
§. 76.
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[72/0096]
Der Brand im Weizen.
Am haͤufigſten wird der Kalk gebraucht. Man nimmt gewoͤhnlich auf
12 Scheffel Saat 1 Scheffel friſch zu Pulver geloͤſchten Kalk. Das Ge-
treide wird vorher mit Waſſer, auch wohl mit erwaͤrmtem, angefeuchtet, wo-
zu manche aufbewahrten Urin oder Miſtjauche ſetzen; der Kalk wird daruͤber
geſtreuet, und fleißig damit durchgearbeitet; es bleibt 8 bis 12 Stunden ruhig
im Haufen liegen, wird dann aber auf der Tenne duͤnn verbreitet und ge-
trocknet, aber ja nicht feucht in Saͤcke gebracht. Manche ſetzen eine gleiche
Quantitaͤt oder die Haͤlfte einer kraͤftigen kalihaltenden Aſche zu, wodurch ein
aͤtzendes Kali bewirkt wird, und dieſe Mengung ſcheint am wirkſamſten der
Theorie und Erfahrung nach zu ſeyn. Einige thun ſodann auch noch eine
groͤßere oder kleinere Quantitaͤt Kuͤchenſalz hinzu, welches wenigſtens die Wir-
kung hat, daß die Koͤrner beſſer incruſtirt werden. Auch macht man aus
Kalk und Aſche mit Zuſatz von Urin und nachmals von Salz eine Lauge
und begießt dann damit das Getreide. Die Manipulationen ſind hierin uͤber-
haupt ſehr verſchieden, und wenn gleich jeder auf die ſeinige einen beſonderen
Werth zu ſetzen pflegt, ſo kommen ſie wohl im Weſentlichen auf eins hinaus.
Es koͤmmt nur darauf an, daß dieſe Einbeizungen moͤglichſt kraͤftig geſchehen,
und daß man die Maſſe dann ſo durcharbeite, daß jedes einzelne Korn Theil
daran nehme, daß man ferner die Miſchung eine Zeit lang zuſammen halte, bis
eine gelinde Erwaͤrmung merklich wird, ſie dann aber ſchnell auseinander bringe
und ausluͤfte.
Einige ſchreiben dem Kuͤchenſalze eine vorzuͤgliche Wirkung zu, nehmen
davon eine groͤßere Menge und einen geringern Theil Kalk; aber nach den zuver-
laͤſſigſten Erfahrungen iſt Kalk und Aſche das wirkſamſte und in den meiſten Ge-
genden das wohlfeilſte.
Vitriol- und Alaunaufloͤſungen ſind von einigen ſehr geruͤhmt worden, in-
deſſen ſpricht bis jetzt die Maſſe von Erfahrungen noch nicht ſo ſtark fuͤr dieſe
wie fuͤr jene Einbeitzungen.
Die Einbeizung mit Arſenik iſt zu gefaͤhrlich, als daß ſie irgend einem,
welcher mit den ſchrecklichen Wirkungen dieſes heftigen Giftes nicht ſehr bekannt
iſt, anvertrauet werden duͤrfte.
§. 76.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/96>, abgerufen am 16.02.2025.
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