Bei dem Anbau des Weizens und der übrigen Arten des Triticum giebt es in manchen Gegenden keine so ängstigende Gefahr, wie die des Brandes, und nichts hat daher die weizenbauenden Landwirthe so sehr beschäftigt, wie die gegen dieses Uebel zu treffenden Vorkehrungen. Es sind deshalb unzählige Schriften in allen Sprachen über dieses Uebel geschrieben, wodurch aber die Sache wenig Aufklärung erhalten hat, indem man theils mehrere ganz verschie- dene Krankheiten verwechselte und sie durchaus auf eine Ursach zurückführen woll- te, da doch jede aus verschiedenen schädlichen Einwirkungen entstehen kann; theils aber weil jeder seine einseitigen Bemerkungen und Meinungen aufstellte und als die allein richtigen dem Publikum aufdringen wollte, ohne zu wissen, was andere über diese Krankheiten beobachtet, versucht und geurtheilt hatten; wodurch man denn in Erforschung der Sache und des Wesentlichen dabei mehr zurück als vorwärts gekommen ist.
§. 72.
Zwei verschie- dene Arten des Brandes.Zuvörderst sind die beiden ganz verschiedenen Krankheiten, welche mit dem Namen des Brandes belegt werden, wohl zu unterscheiden.
Der Staub- brand.Die eine Art ist der Staubbrand, deutsch in einigen Gegenden, und auch im Englischen der Smitt, von den Franzosen la Nielle genannt. Bei dieser Krank- heit ist die Substanz des Korns gar nicht vorhanden, sondern es findet sich in den Spelzen bloß ein schwarzbrauner Staub. Diese Krankheit ist ohne Zweifel die- selbe, die sich in mehreren Getreidearten besonders in der Gerste und bei mehreren Grasarten findet, und auch wohl unter dem Namen des Rußes; oder Sods; vor- kommt, weil dieser Staub mit dem feinem Ruße, den die Flamme absetzt, viele Aehn- lichkeit hat, auch sogar zur Bereitung einer feinen schwarzen Farbe in der Malerei gebraucht wird. Sie kommt aber im Weizen häufiger wie irgendwo vor, und befällt zuweilen den größern Theil desselben; ja ich habe bei Sommerweizen auf einem übermäßig geil gedüngten, sandigen Boden ein Weizenfeld gesehen, wo ich auch nicht ein einziges ausgebildetes Korn finden konnte. Diese Krank- heit enstehet schon vor dem Austriebe der Aehre und man entdeckt schon eine
Der Brand im Weizen.
Der Brand im Weizen.
§. 71.
Bei dem Anbau des Weizens und der uͤbrigen Arten des Triticum giebt es in manchen Gegenden keine ſo aͤngſtigende Gefahr, wie die des Brandes, und nichts hat daher die weizenbauenden Landwirthe ſo ſehr beſchaͤftigt, wie die gegen dieſes Uebel zu treffenden Vorkehrungen. Es ſind deshalb unzaͤhlige Schriften in allen Sprachen uͤber dieſes Uebel geſchrieben, wodurch aber die Sache wenig Aufklaͤrung erhalten hat, indem man theils mehrere ganz verſchie- dene Krankheiten verwechſelte und ſie durchaus auf eine Urſach zuruͤckfuͤhren woll- te, da doch jede aus verſchiedenen ſchaͤdlichen Einwirkungen entſtehen kann; theils aber weil jeder ſeine einſeitigen Bemerkungen und Meinungen aufſtellte und als die allein richtigen dem Publikum aufdringen wollte, ohne zu wiſſen, was andere uͤber dieſe Krankheiten beobachtet, verſucht und geurtheilt hatten; wodurch man denn in Erforſchung der Sache und des Weſentlichen dabei mehr zuruͤck als vorwaͤrts gekommen iſt.
§. 72.
Zwei verſchie- dene Arten des Brandes.Zuvoͤrderſt ſind die beiden ganz verſchiedenen Krankheiten, welche mit dem Namen des Brandes belegt werden, wohl zu unterſcheiden.
Der Staub- brand.Die eine Art iſt der Staubbrand, deutſch in einigen Gegenden, und auch im Engliſchen der Smitt, von den Franzoſen la Nielle genannt. Bei dieſer Krank- heit iſt die Subſtanz des Korns gar nicht vorhanden, ſondern es findet ſich in den Spelzen bloß ein ſchwarzbrauner Staub. Dieſe Krankheit iſt ohne Zweifel die- ſelbe, die ſich in mehreren Getreidearten beſonders in der Gerſte und bei mehreren Grasarten findet, und auch wohl unter dem Namen des Rußes; oder Sods; vor- kommt, weil dieſer Staub mit dem feinem Ruße, den die Flamme abſetzt, viele Aehn- lichkeit hat, auch ſogar zur Bereitung einer feinen ſchwarzen Farbe in der Malerei gebraucht wird. Sie kommt aber im Weizen haͤufiger wie irgendwo vor, und befaͤllt zuweilen den groͤßern Theil deſſelben; ja ich habe bei Sommerweizen auf einem uͤbermaͤßig geil geduͤngten, ſandigen Boden ein Weizenfeld geſehen, wo ich auch nicht ein einziges ausgebildetes Korn finden konnte. Dieſe Krank- heit enſtehet ſchon vor dem Austriebe der Aehre und man entdeckt ſchon eine
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Der Brand im Weizen.
Der Brand im Weizen.
§. 71.
Bei dem Anbau des Weizens und der uͤbrigen Arten des Triticum giebt
es in manchen Gegenden keine ſo aͤngſtigende Gefahr, wie die des Brandes,
und nichts hat daher die weizenbauenden Landwirthe ſo ſehr beſchaͤftigt, wie die
gegen dieſes Uebel zu treffenden Vorkehrungen. Es ſind deshalb unzaͤhlige
Schriften in allen Sprachen uͤber dieſes Uebel geſchrieben, wodurch aber die
Sache wenig Aufklaͤrung erhalten hat, indem man theils mehrere ganz verſchie-
dene Krankheiten verwechſelte und ſie durchaus auf eine Urſach zuruͤckfuͤhren woll-
te, da doch jede aus verſchiedenen ſchaͤdlichen Einwirkungen entſtehen kann;
theils aber weil jeder ſeine einſeitigen Bemerkungen und Meinungen aufſtellte
und als die allein richtigen dem Publikum aufdringen wollte, ohne zu wiſſen,
was andere uͤber dieſe Krankheiten beobachtet, verſucht und geurtheilt hatten;
wodurch man denn in Erforſchung der Sache und des Weſentlichen dabei mehr
zuruͤck als vorwaͤrts gekommen iſt.
§. 72.
Zuvoͤrderſt ſind die beiden ganz verſchiedenen Krankheiten, welche mit
dem Namen des Brandes belegt werden, wohl zu unterſcheiden.
Zwei verſchie-
dene Arten des
Brandes.
Die eine Art iſt der Staubbrand, deutſch in einigen Gegenden, und auch im
Engliſchen der Smitt, von den Franzoſen la Nielle genannt. Bei dieſer Krank-
heit iſt die Subſtanz des Korns gar nicht vorhanden, ſondern es findet ſich in den
Spelzen bloß ein ſchwarzbrauner Staub. Dieſe Krankheit iſt ohne Zweifel die-
ſelbe, die ſich in mehreren Getreidearten beſonders in der Gerſte und bei mehreren
Grasarten findet, und auch wohl unter dem Namen des Rußes; oder Sods; vor-
kommt, weil dieſer Staub mit dem feinem Ruße, den die Flamme abſetzt, viele Aehn-
lichkeit hat, auch ſogar zur Bereitung einer feinen ſchwarzen Farbe in der Malerei
gebraucht wird. Sie kommt aber im Weizen haͤufiger wie irgendwo vor, und
befaͤllt zuweilen den groͤßern Theil deſſelben; ja ich habe bei Sommerweizen auf
einem uͤbermaͤßig geil geduͤngten, ſandigen Boden ein Weizenfeld geſehen, wo
ich auch nicht ein einziges ausgebildetes Korn finden konnte. Dieſe Krank-
heit enſtehet ſchon vor dem Austriebe der Aehre und man entdeckt ſchon eine
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/92>, abgerufen am 24.11.2024.
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