Man hat auch daselbst das kräftige Aufeggen der Saat nach Abtrocknung des Bodens im Frühjahr sehr wirksam befunden; unerachtet die Leute besorgten, daß dadurch der Rest der schwachen Pflanzen nun völlig zerstört werden würde. Dies ist ohne Zweifel die höchste Wohlthat, welche man jeder Winterung an- gedeihen lassen kann. Es muß aber so kräftig geschehen, daß der ganze Acker mit einer frischen Krume bedeckt werde und also mit eisernen Eggen. Es ist in jedem Falle anwendbar, außer in dem oben erwähnten, wo die Pflanzen aus der Erde herausgehoben werden, in welchem vielmehr das Walzen anzuwenden ist. Ein trockner und milder März -- Märzstaub -- ist den Wintersaaten und der Vorbereitung zu den Sommersaaten überaus günstig.
§. 23.
Austrieb der Saat im Frühjahre.Auch im Frühjahre muß eine gute Saat mehr in Nebenschüsse als in die Höhe treiben, sich auf dem Boden verbreiten und erstarken. Hierzu trägt zwar die Natur einer gesunden starken Saat, welche schon im Herbst sich zu Bestau- den angefangen hatte, vieles bei; aber die Witterung muß günstig, die Wärme im April und im Anfange des Mais sehr gemäßigt seyn, und Regen nicht feh- len, wenn es aufs vollkommenste geschehen und der Grund zu dichtem und stark- halmigen Getreide gelegt werden soll. Durch die gehörig und zu rechter Zeit angewandte Operation des Eggens wird es sehr befördert, indem die frische Krume, in welche die jungen Wurzeln einschlagen können und die leichte Verwundung der Pflanzen die jungen Austriebe der Nebensprossen hervorlocken. Treiben dage- gen die Pflanzen jetzt mit einem oder wenigen Halmen schnell und wie man es nennt, spitz in die Höhe, wie dies bei schnell eintretender hoher Temperatur und Mangel an Regen zu geschehen pflegt, so wird die Saat nie dicht, und wenn nun auch in der Folge Nebenhalme, sogenannte Maipflanzen, nachkommen, so werden doch diese, wenn sie einmal gegen die Haupthalme zurückgeblieben sind, nie bedeutende Aehren tragen. Nicht der dichte Stand der Pflanzen, sondern dieses Verbreiten und gleichmäßige Aufschießen der Sprossen, entscheidet über die Stärke, welche das Getreide erlangen wird, und hier ändert sich der Anschein oft plötzlich. Ein dicht mit Pflanzen besetzter zu Anfange des Mais hervorschei- nender Acker, geht oft, gerade des dichten Standes wegen, spitz in die Höhe und zeigt im Junius einen schwachen Besatz an Aehren, wogegen ein anderer,
dem
Getreidearten.
Man hat auch daſelbſt das kraͤftige Aufeggen der Saat nach Abtrocknung des Bodens im Fruͤhjahr ſehr wirkſam befunden; unerachtet die Leute beſorgten, daß dadurch der Reſt der ſchwachen Pflanzen nun voͤllig zerſtoͤrt werden wuͤrde. Dies iſt ohne Zweifel die hoͤchſte Wohlthat, welche man jeder Winterung an- gedeihen laſſen kann. Es muß aber ſo kraͤftig geſchehen, daß der ganze Acker mit einer friſchen Krume bedeckt werde und alſo mit eiſernen Eggen. Es iſt in jedem Falle anwendbar, außer in dem oben erwaͤhnten, wo die Pflanzen aus der Erde herausgehoben werden, in welchem vielmehr das Walzen anzuwenden iſt. Ein trockner und milder Maͤrz — Maͤrzſtaub — iſt den Winterſaaten und der Vorbereitung zu den Sommerſaaten uͤberaus guͤnſtig.
§. 23.
Austrieb der Saat im Fruͤhjahre.Auch im Fruͤhjahre muß eine gute Saat mehr in Nebenſchuͤſſe als in die Hoͤhe treiben, ſich auf dem Boden verbreiten und erſtarken. Hierzu traͤgt zwar die Natur einer geſunden ſtarken Saat, welche ſchon im Herbſt ſich zu Beſtau- den angefangen hatte, vieles bei; aber die Witterung muß guͤnſtig, die Waͤrme im April und im Anfange des Mais ſehr gemaͤßigt ſeyn, und Regen nicht feh- len, wenn es aufs vollkommenſte geſchehen und der Grund zu dichtem und ſtark- halmigen Getreide gelegt werden ſoll. Durch die gehoͤrig und zu rechter Zeit angewandte Operation des Eggens wird es ſehr befoͤrdert, indem die friſche Krume, in welche die jungen Wurzeln einſchlagen koͤnnen und die leichte Verwundung der Pflanzen die jungen Austriebe der Nebenſproſſen hervorlocken. Treiben dage- gen die Pflanzen jetzt mit einem oder wenigen Halmen ſchnell und wie man es nennt, ſpitz in die Hoͤhe, wie dies bei ſchnell eintretender hoher Temperatur und Mangel an Regen zu geſchehen pflegt, ſo wird die Saat nie dicht, und wenn nun auch in der Folge Nebenhalme, ſogenannte Maipflanzen, nachkommen, ſo werden doch dieſe, wenn ſie einmal gegen die Haupthalme zuruͤckgeblieben ſind, nie bedeutende Aehren tragen. Nicht der dichte Stand der Pflanzen, ſondern dieſes Verbreiten und gleichmaͤßige Aufſchießen der Sproſſen, entſcheidet uͤber die Staͤrke, welche das Getreide erlangen wird, und hier aͤndert ſich der Anſchein oft ploͤtzlich. Ein dicht mit Pflanzen beſetzter zu Anfange des Mais hervorſchei- nender Acker, geht oft, gerade des dichten Standes wegen, ſpitz in die Hoͤhe und zeigt im Junius einen ſchwachen Beſatz an Aehren, wogegen ein anderer,
dem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0056"n="32"/><fwplace="top"type="header">Getreidearten.</fw><lb/><p>Man hat auch daſelbſt das kraͤftige Aufeggen der Saat nach Abtrocknung<lb/>
des Bodens im Fruͤhjahr ſehr wirkſam befunden; unerachtet die Leute beſorgten,<lb/>
daß dadurch der Reſt der ſchwachen Pflanzen nun voͤllig zerſtoͤrt werden wuͤrde.<lb/>
Dies iſt ohne Zweifel die hoͤchſte Wohlthat, welche man jeder Winterung an-<lb/>
gedeihen laſſen kann. Es muß aber ſo kraͤftig geſchehen, daß der ganze Acker<lb/>
mit einer friſchen Krume bedeckt werde und alſo mit eiſernen Eggen. Es iſt in<lb/>
jedem Falle anwendbar, außer in dem oben erwaͤhnten, wo die Pflanzen aus<lb/>
der Erde herausgehoben werden, in welchem vielmehr das Walzen anzuwenden<lb/>
iſt. Ein trockner und milder Maͤrz — Maͤrzſtaub — iſt den Winterſaaten und<lb/>
der Vorbereitung zu den Sommerſaaten uͤberaus guͤnſtig.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 23.</head><lb/><p><noteplace="left">Austrieb der<lb/>
Saat im<lb/>
Fruͤhjahre.</note>Auch im Fruͤhjahre muß eine gute Saat mehr in Nebenſchuͤſſe als in die<lb/>
Hoͤhe treiben, ſich auf dem Boden verbreiten und erſtarken. Hierzu traͤgt zwar<lb/>
die Natur einer geſunden ſtarken Saat, welche ſchon im Herbſt ſich zu Beſtau-<lb/>
den angefangen hatte, vieles bei; aber die Witterung muß guͤnſtig, die Waͤrme<lb/>
im April und im Anfange des Mais ſehr gemaͤßigt ſeyn, und Regen nicht feh-<lb/>
len, wenn es aufs vollkommenſte geſchehen und der Grund zu dichtem und ſtark-<lb/>
halmigen Getreide gelegt werden ſoll. Durch die gehoͤrig und zu rechter Zeit<lb/>
angewandte Operation des Eggens wird es ſehr befoͤrdert, indem die friſche Krume,<lb/>
in welche die jungen Wurzeln einſchlagen koͤnnen und die leichte Verwundung<lb/>
der Pflanzen die jungen Austriebe der Nebenſproſſen hervorlocken. Treiben dage-<lb/>
gen die Pflanzen jetzt mit einem oder wenigen Halmen ſchnell und wie man es<lb/>
nennt, ſpitz in die Hoͤhe, wie dies bei ſchnell eintretender hoher Temperatur und<lb/>
Mangel an Regen zu geſchehen pflegt, ſo wird die Saat nie dicht, und wenn<lb/>
nun auch in der Folge Nebenhalme, ſogenannte Maipflanzen, nachkommen, ſo<lb/>
werden doch dieſe, wenn ſie einmal gegen die Haupthalme zuruͤckgeblieben ſind,<lb/>
nie bedeutende Aehren tragen. Nicht der dichte Stand der Pflanzen, ſondern<lb/>
dieſes Verbreiten und gleichmaͤßige Aufſchießen der Sproſſen, entſcheidet uͤber die<lb/>
Staͤrke, welche das Getreide erlangen wird, und hier aͤndert ſich der Anſchein<lb/>
oft ploͤtzlich. Ein dicht mit Pflanzen beſetzter zu Anfange des Mais hervorſchei-<lb/>
nender Acker, geht oft, gerade des dichten Standes wegen, ſpitz in die Hoͤhe<lb/>
und zeigt im Junius einen ſchwachen Beſatz an Aehren, wogegen ein anderer,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dem</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[32/0056]
Getreidearten.
Man hat auch daſelbſt das kraͤftige Aufeggen der Saat nach Abtrocknung
des Bodens im Fruͤhjahr ſehr wirkſam befunden; unerachtet die Leute beſorgten,
daß dadurch der Reſt der ſchwachen Pflanzen nun voͤllig zerſtoͤrt werden wuͤrde.
Dies iſt ohne Zweifel die hoͤchſte Wohlthat, welche man jeder Winterung an-
gedeihen laſſen kann. Es muß aber ſo kraͤftig geſchehen, daß der ganze Acker
mit einer friſchen Krume bedeckt werde und alſo mit eiſernen Eggen. Es iſt in
jedem Falle anwendbar, außer in dem oben erwaͤhnten, wo die Pflanzen aus
der Erde herausgehoben werden, in welchem vielmehr das Walzen anzuwenden
iſt. Ein trockner und milder Maͤrz — Maͤrzſtaub — iſt den Winterſaaten und
der Vorbereitung zu den Sommerſaaten uͤberaus guͤnſtig.
§. 23.
Auch im Fruͤhjahre muß eine gute Saat mehr in Nebenſchuͤſſe als in die
Hoͤhe treiben, ſich auf dem Boden verbreiten und erſtarken. Hierzu traͤgt zwar
die Natur einer geſunden ſtarken Saat, welche ſchon im Herbſt ſich zu Beſtau-
den angefangen hatte, vieles bei; aber die Witterung muß guͤnſtig, die Waͤrme
im April und im Anfange des Mais ſehr gemaͤßigt ſeyn, und Regen nicht feh-
len, wenn es aufs vollkommenſte geſchehen und der Grund zu dichtem und ſtark-
halmigen Getreide gelegt werden ſoll. Durch die gehoͤrig und zu rechter Zeit
angewandte Operation des Eggens wird es ſehr befoͤrdert, indem die friſche Krume,
in welche die jungen Wurzeln einſchlagen koͤnnen und die leichte Verwundung
der Pflanzen die jungen Austriebe der Nebenſproſſen hervorlocken. Treiben dage-
gen die Pflanzen jetzt mit einem oder wenigen Halmen ſchnell und wie man es
nennt, ſpitz in die Hoͤhe, wie dies bei ſchnell eintretender hoher Temperatur und
Mangel an Regen zu geſchehen pflegt, ſo wird die Saat nie dicht, und wenn
nun auch in der Folge Nebenhalme, ſogenannte Maipflanzen, nachkommen, ſo
werden doch dieſe, wenn ſie einmal gegen die Haupthalme zuruͤckgeblieben ſind,
nie bedeutende Aehren tragen. Nicht der dichte Stand der Pflanzen, ſondern
dieſes Verbreiten und gleichmaͤßige Aufſchießen der Sproſſen, entſcheidet uͤber die
Staͤrke, welche das Getreide erlangen wird, und hier aͤndert ſich der Anſchein
oft ploͤtzlich. Ein dicht mit Pflanzen beſetzter zu Anfange des Mais hervorſchei-
nender Acker, geht oft, gerade des dichten Standes wegen, ſpitz in die Hoͤhe
und zeigt im Junius einen ſchwachen Beſatz an Aehren, wogegen ein anderer,
dem
Austrieb der
Saat im
Fruͤhjahre.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/56>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.