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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Schaafzucht.
aber sehr leicht wieder in ein Hungersystem ausarten kann. Man muß dabei
aber nicht allein auf die Wolle, sondern auch auf die Stärke und schnelleren
Zuwachs des Zuchtviehes, und den Fleisch- und Fettansatze des Gelteviehes
Rücksicht nehmen.

Wenn bei feinwolligen Schaafen von gewöhnlicher Größe, die kein an-
deres Nebenfutter erhielten, durch die Bank 2 Centner per Kopf gegeben wor-
den, so ist man überzeugt, dadurch den höchsten Vortheil erreicht zu haben.
Andre aber finden diese Fütterung zu stark, und glauben, daß sie vortheilhaf-
ter benutzt werden würde, wenn man sie auf eine größere Anzahl vertheilte,
indem 11/2 Ctnr. auf das Stück schon an Ueberfluß grenze. Es muß hierbei
auch in Anschlag gebracht werden, daß bei einer stärkeren Heufütterung weni-
ger Stroh nöthig sey, und wenn es an diesen Artikeln mehr wie an Heu fehlt, so
kann die stärkere Heufütterung in der Rücksicht auch ganz wirthschaftlich seyn.

An trocknem Futter gebührt -- darin ist man ziemlich einstimmig -- einem
Schaafe täglich 3 Pfd.; bei wenigerem leiden sie Hunger, und das kann nie
anders als nachtheilig seyn. 31/2 Pfd. trockenes Futter verzehrt aber ein Schaaf
mit Appetit. Je größer nun in dieser Quantität das Verhältniß des nahrhaf-
ten Heues gegen das dürre Stroh sich befindet, um so besser werden die Schaafe
genährt seyn.

In den Voranschlägen wird man häufig finden, daß die Fütterung der
Schaafe weit geringer angesetzt sey, als sie wirklich gegeben wird, welches man
oft erst nach genauerer Erkundigung erfährt. Denn wo der Schäfer seinen
Antheil am Ertrage der Schäferei hat, da wird nur jenes Quantum frei zu-
gestanden, die Zugabe aber wird besonders berechnet, und dazu muß er seinen
Antheil bezahlen, wozu sich jeder verständige Schäfer sehr gern versteht.

§. 115.

Wo nicht genugsames Heu vorhanden ist, da hat man gewöhnlich seineKörnerfütte-
rung.

Zuflucht zur Körnerfütterung genommen. Man wählt am häufigsten den Hafer.
Es ist aber auch Rocken und Gerste im gehörigen Verhältnisse ihnen nicht min-
der gedeihlich. Wo Erbsen, Wicken und Bohnen, oder auch Buchweizen viel
gebauet werden, zieht man diese häufig vor. Eine vorzügliche Beihülfe giebt
der Oelkuchentrank, besonders den saugenden Müttern und Lämmern, so wie

Die Schaafzucht.
aber ſehr leicht wieder in ein Hungerſyſtem ausarten kann. Man muß dabei
aber nicht allein auf die Wolle, ſondern auch auf die Staͤrke und ſchnelleren
Zuwachs des Zuchtviehes, und den Fleiſch- und Fettanſatze des Gelteviehes
Ruͤckſicht nehmen.

Wenn bei feinwolligen Schaafen von gewoͤhnlicher Groͤße, die kein an-
deres Nebenfutter erhielten, durch die Bank 2 Centner per Kopf gegeben wor-
den, ſo iſt man uͤberzeugt, dadurch den hoͤchſten Vortheil erreicht zu haben.
Andre aber finden dieſe Fuͤtterung zu ſtark, und glauben, daß ſie vortheilhaf-
ter benutzt werden wuͤrde, wenn man ſie auf eine groͤßere Anzahl vertheilte,
indem 1½ Ctnr. auf das Stuͤck ſchon an Ueberfluß grenze. Es muß hierbei
auch in Anſchlag gebracht werden, daß bei einer ſtaͤrkeren Heufuͤtterung weni-
ger Stroh noͤthig ſey, und wenn es an dieſen Artikeln mehr wie an Heu fehlt, ſo
kann die ſtaͤrkere Heufuͤtterung in der Ruͤckſicht auch ganz wirthſchaftlich ſeyn.

An trocknem Futter gebuͤhrt — darin iſt man ziemlich einſtimmig — einem
Schaafe taͤglich 3 Pfd.; bei wenigerem leiden ſie Hunger, und das kann nie
anders als nachtheilig ſeyn. 3½ Pfd. trockenes Futter verzehrt aber ein Schaaf
mit Appetit. Je groͤßer nun in dieſer Quantitaͤt das Verhaͤltniß des nahrhaf-
ten Heues gegen das duͤrre Stroh ſich befindet, um ſo beſſer werden die Schaafe
genaͤhrt ſeyn.

In den Voranſchlaͤgen wird man haͤufig finden, daß die Fuͤtterung der
Schaafe weit geringer angeſetzt ſey, als ſie wirklich gegeben wird, welches man
oft erſt nach genauerer Erkundigung erfaͤhrt. Denn wo der Schaͤfer ſeinen
Antheil am Ertrage der Schaͤferei hat, da wird nur jenes Quantum frei zu-
geſtanden, die Zugabe aber wird beſonders berechnet, und dazu muß er ſeinen
Antheil bezahlen, wozu ſich jeder verſtaͤndige Schaͤfer ſehr gern verſteht.

§. 115.

Wo nicht genugſames Heu vorhanden iſt, da hat man gewoͤhnlich ſeineKoͤrnerfuͤtte-
rung.

Zuflucht zur Koͤrnerfuͤtterung genommen. Man waͤhlt am haͤufigſten den Hafer.
Es iſt aber auch Rocken und Gerſte im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe ihnen nicht min-
der gedeihlich. Wo Erbſen, Wicken und Bohnen, oder auch Buchweizen viel
gebauet werden, zieht man dieſe haͤufig vor. Eine vorzuͤgliche Beihuͤlfe giebt
der Oelkuchentrank, beſonders den ſaugenden Muͤttern und Laͤmmern, ſo wie

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[415/0439] Die Schaafzucht. aber ſehr leicht wieder in ein Hungerſyſtem ausarten kann. Man muß dabei aber nicht allein auf die Wolle, ſondern auch auf die Staͤrke und ſchnelleren Zuwachs des Zuchtviehes, und den Fleiſch- und Fettanſatze des Gelteviehes Ruͤckſicht nehmen. Wenn bei feinwolligen Schaafen von gewoͤhnlicher Groͤße, die kein an- deres Nebenfutter erhielten, durch die Bank 2 Centner per Kopf gegeben wor- den, ſo iſt man uͤberzeugt, dadurch den hoͤchſten Vortheil erreicht zu haben. Andre aber finden dieſe Fuͤtterung zu ſtark, und glauben, daß ſie vortheilhaf- ter benutzt werden wuͤrde, wenn man ſie auf eine groͤßere Anzahl vertheilte, indem 1½ Ctnr. auf das Stuͤck ſchon an Ueberfluß grenze. Es muß hierbei auch in Anſchlag gebracht werden, daß bei einer ſtaͤrkeren Heufuͤtterung weni- ger Stroh noͤthig ſey, und wenn es an dieſen Artikeln mehr wie an Heu fehlt, ſo kann die ſtaͤrkere Heufuͤtterung in der Ruͤckſicht auch ganz wirthſchaftlich ſeyn. An trocknem Futter gebuͤhrt — darin iſt man ziemlich einſtimmig — einem Schaafe taͤglich 3 Pfd.; bei wenigerem leiden ſie Hunger, und das kann nie anders als nachtheilig ſeyn. 3½ Pfd. trockenes Futter verzehrt aber ein Schaaf mit Appetit. Je groͤßer nun in dieſer Quantitaͤt das Verhaͤltniß des nahrhaf- ten Heues gegen das duͤrre Stroh ſich befindet, um ſo beſſer werden die Schaafe genaͤhrt ſeyn. In den Voranſchlaͤgen wird man haͤufig finden, daß die Fuͤtterung der Schaafe weit geringer angeſetzt ſey, als ſie wirklich gegeben wird, welches man oft erſt nach genauerer Erkundigung erfaͤhrt. Denn wo der Schaͤfer ſeinen Antheil am Ertrage der Schaͤferei hat, da wird nur jenes Quantum frei zu- geſtanden, die Zugabe aber wird beſonders berechnet, und dazu muß er ſeinen Antheil bezahlen, wozu ſich jeder verſtaͤndige Schaͤfer ſehr gern verſteht. §. 115. Wo nicht genugſames Heu vorhanden iſt, da hat man gewoͤhnlich ſeine Zuflucht zur Koͤrnerfuͤtterung genommen. Man waͤhlt am haͤufigſten den Hafer. Es iſt aber auch Rocken und Gerſte im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe ihnen nicht min- der gedeihlich. Wo Erbſen, Wicken und Bohnen, oder auch Buchweizen viel gebauet werden, zieht man dieſe haͤufig vor. Eine vorzuͤgliche Beihuͤlfe giebt der Oelkuchentrank, beſonders den ſaugenden Muͤttern und Laͤmmern, ſo wie Koͤrnerfuͤtte- rung.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/439>, abgerufen am 23.11.2024.