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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Schaafzucht.

Das Verhältniß, worin die Masse der Winterfütterung gegen die Som-
mernahrung der Schaafe stehet, ist nach der wärmeren und kälteren Natur
und Lage der Weide und nach der Jahreswitterung verschieden. Man rechnet
in unserm Klima gewöhnlich 7/12 für den Sommer, und 5/12 für den Winter,
und bestimmt danach den Winterfütterungsbedarf mehrentheils auf 150 Tage.
Wenn man einige Ersparung des Futters durch die Winterweide, besonders
durch die Saatbehütung, macht, so kommt man in der Regel damit aus. Weil
aber bei uns die Frühjahrswitterung so sehr unsicher ist, und man dann mit
den Müttern und Lämmern in die größte Verlegenheit gerathen kann, so sollte
man wenigstens auf 170 Tage rechnen. Der Ueberschuß ist nie verloren, wenn
eine spätere oder frühere Weide dessen Ersparung erlaubt.

§. 112.

Man kann die Weide der Schaafe in wilde und in angebaute oderDie Schaaf-
weide.

künstliche unterscheiden.

Unter jener verstehen wir die, welche von Natur, oder doch ohne besondere
auf die Schaafe gerichtete Absicht, vorhanden ist; unter dieser aber diejenige,
welche man künstlich und absichtlich für die Schaafe zugerichtet, oder in Stand
gesetzt hat.

Zu ersterer gehört:

a) die wilde Angerweide, mehrentheils an trockenen, hohen und bergi-
gen Stellen;
b) die Holzweide;
c) die Brach- und Stoppelweide;
d) die Vor- und Nachhut auf den Wiesen;
e) die Behurung der Wintersaat.

a) Die Angerweide, welche wegen des vermehrten Aufbruchs immer selte-
ner geworden ist, wird den Schaafen in der Regel nur an den durrsten und
magersten Stellen eingeräumt, da die kräftigeren Plätze dem Rindvieh, welches
sich auf jenen nicht nähren kann, vorbehalten bleiben. Man gestattet den Schaa-
fen hier höchstens die Vor- und Nachweide. Wenn erstere früh genug aus-
geübt, und die Schaafe dann so zeitig davon genommen werden, daß vier Wochen
hingehen, bevor das Rindvieh darauf kommt, so leidet dieses nicht darunter,

Die Schaafzucht.

Das Verhaͤltniß, worin die Maſſe der Winterfuͤtterung gegen die Som-
mernahrung der Schaafe ſtehet, iſt nach der waͤrmeren und kaͤlteren Natur
und Lage der Weide und nach der Jahreswitterung verſchieden. Man rechnet
in unſerm Klima gewoͤhnlich 7/12 fuͤr den Sommer, und 5/12 fuͤr den Winter,
und beſtimmt danach den Winterfuͤtterungsbedarf mehrentheils auf 150 Tage.
Wenn man einige Erſparung des Futters durch die Winterweide, beſonders
durch die Saatbehuͤtung, macht, ſo kommt man in der Regel damit aus. Weil
aber bei uns die Fruͤhjahrswitterung ſo ſehr unſicher iſt, und man dann mit
den Muͤttern und Laͤmmern in die groͤßte Verlegenheit gerathen kann, ſo ſollte
man wenigſtens auf 170 Tage rechnen. Der Ueberſchuß iſt nie verloren, wenn
eine ſpaͤtere oder fruͤhere Weide deſſen Erſparung erlaubt.

§. 112.

Man kann die Weide der Schaafe in wilde und in angebaute oderDie Schaaf-
weide.

kuͤnſtliche unterſcheiden.

Unter jener verſtehen wir die, welche von Natur, oder doch ohne beſondere
auf die Schaafe gerichtete Abſicht, vorhanden iſt; unter dieſer aber diejenige,
welche man kuͤnſtlich und abſichtlich fuͤr die Schaafe zugerichtet, oder in Stand
geſetzt hat.

Zu erſterer gehoͤrt:

a) die wilde Angerweide, mehrentheils an trockenen, hohen und bergi-
gen Stellen;
b) die Holzweide;
c) die Brach- und Stoppelweide;
d) die Vor- und Nachhut auf den Wieſen;
e) die Behurung der Winterſaat.

a) Die Angerweide, welche wegen des vermehrten Aufbruchs immer ſelte-
ner geworden iſt, wird den Schaafen in der Regel nur an den durrſten und
magerſten Stellen eingeraͤumt, da die kraͤftigeren Plaͤtze dem Rindvieh, welches
ſich auf jenen nicht naͤhren kann, vorbehalten bleiben. Man geſtattet den Schaa-
fen hier hoͤchſtens die Vor- und Nachweide. Wenn erſtere fruͤh genug aus-
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hingehen, bevor das Rindvieh darauf kommt, ſo leidet dieſes nicht darunter,

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[407/0431] Die Schaafzucht. Das Verhaͤltniß, worin die Maſſe der Winterfuͤtterung gegen die Som- mernahrung der Schaafe ſtehet, iſt nach der waͤrmeren und kaͤlteren Natur und Lage der Weide und nach der Jahreswitterung verſchieden. Man rechnet in unſerm Klima gewoͤhnlich 7/12 fuͤr den Sommer, und 5/12 fuͤr den Winter, und beſtimmt danach den Winterfuͤtterungsbedarf mehrentheils auf 150 Tage. Wenn man einige Erſparung des Futters durch die Winterweide, beſonders durch die Saatbehuͤtung, macht, ſo kommt man in der Regel damit aus. Weil aber bei uns die Fruͤhjahrswitterung ſo ſehr unſicher iſt, und man dann mit den Muͤttern und Laͤmmern in die groͤßte Verlegenheit gerathen kann, ſo ſollte man wenigſtens auf 170 Tage rechnen. Der Ueberſchuß iſt nie verloren, wenn eine ſpaͤtere oder fruͤhere Weide deſſen Erſparung erlaubt. §. 112. Man kann die Weide der Schaafe in wilde und in angebaute oder kuͤnſtliche unterſcheiden. Die Schaaf- weide. Unter jener verſtehen wir die, welche von Natur, oder doch ohne beſondere auf die Schaafe gerichtete Abſicht, vorhanden iſt; unter dieſer aber diejenige, welche man kuͤnſtlich und abſichtlich fuͤr die Schaafe zugerichtet, oder in Stand geſetzt hat. Zu erſterer gehoͤrt: a) die wilde Angerweide, mehrentheils an trockenen, hohen und bergi- gen Stellen; b) die Holzweide; c) die Brach- und Stoppelweide; d) die Vor- und Nachhut auf den Wieſen; e) die Behurung der Winterſaat. a) Die Angerweide, welche wegen des vermehrten Aufbruchs immer ſelte- ner geworden iſt, wird den Schaafen in der Regel nur an den durrſten und magerſten Stellen eingeraͤumt, da die kraͤftigeren Plaͤtze dem Rindvieh, welches ſich auf jenen nicht naͤhren kann, vorbehalten bleiben. Man geſtattet den Schaa- fen hier hoͤchſtens die Vor- und Nachweide. Wenn erſtere fruͤh genug aus- geuͤbt, und die Schaafe dann ſo zeitig davon genommen werden, daß vier Wochen hingehen, bevor das Rindvieh darauf kommt, ſo leidet dieſes nicht darunter,

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/431>, abgerufen am 22.11.2024.