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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Saat.
ölichte Saamen, wenn nicht Milben hineinkommen, halten sich lange, und
man giebt z. B. dem alten Leinsaamen einen entschiedenen Vorzug, wogegen
man jedoch frischen Hanfsaamen zu nehmen empfiehlt. Der Kleesaamen hält
sich, meiner Beobachtung nach, zwei Jahre sehr gut, verliert im dritten und
wird im vierten unbrauchbar. Spörgelsaamen, der sieben Jahr alt war, habe
ich mit Erfolg gesäet. Die Eigenthümlichkeit eines jeden landwirthschaftlichen
Saamens verdiente aber durch Versuche und durch Sammlung der bisher dar-
über gemachten Erfahrungen genauer ausgemittelt zu werden.

Da fast alle vollkommnere Körner sich wenigstens ins zweite Jahr erhal-
ten, so ist es ohne Zweifel entschieden vortheilhaft, einen überjährigen Saat-
vorrath, besonders vom Wintergetreide zu haben, weil man dadurch zur Wahr-
nehmung der vortheilhaftesten Saatzeit in Stand gesetzt wird. Es versteht
sich jedoch, daß man sie nicht von solchen Jahren aufbewahren müsse, wo
das Getreide unvollkommen geblieben ist. Hat man aber in solchen Mißwachs-
jahren vorjährige Saat liegen, so ist der Vortheil um so größer, und man
kann sich gegen andre glücklich preisen.

§. 6.

Eine völlige Reinigung der Saat von Unkrautssaamen und auch von un-Reinheit des
Saamens.

vollkommenen Körnern ist von großer Wichtigkeit. Man bewürkt sie:

a) durch das Wurfeln, indem man nur den Vorsprung zur Saat abson-
dert. Dasselbe wird durch eine gut eingerichtete Staube- oder Putzmühle,
welche das schwerere Korn von dem leichtern und Unkrautssaamen absondert,
bewürkt.
b) Durch Siebe, denen man dann viele von allen Gradationen in der
Weite der Löcher haben muß. Unkrautssaamen, die kleiner sind wie die Saat,
so wie die schmächtigen Körner der letztern werden durch Siebe abgesondert,
welche jene durchlassen, aber die vollkommnere Saat zurückhalten. Andre
fremde Körner, die größer sind wie die Saat, werden zurückgehalten in Sie-
ben, welche die Saamenkörner durchgehen lassen.
c) Durch das Schwemmen, indem man die Saat in ein Küben mit
Wasser schüttet, sie umrührt und nun die oben schwimmenden fremdartigen
Dinge und die leichten Körner mit einem Durchschlage abnimmt. Man kann
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Die Saat.
oͤlichte Saamen, wenn nicht Milben hineinkommen, halten ſich lange, und
man giebt z. B. dem alten Leinſaamen einen entſchiedenen Vorzug, wogegen
man jedoch friſchen Hanfſaamen zu nehmen empfiehlt. Der Kleeſaamen haͤlt
ſich, meiner Beobachtung nach, zwei Jahre ſehr gut, verliert im dritten und
wird im vierten unbrauchbar. Spoͤrgelſaamen, der ſieben Jahr alt war, habe
ich mit Erfolg geſaͤet. Die Eigenthuͤmlichkeit eines jeden landwirthſchaftlichen
Saamens verdiente aber durch Verſuche und durch Sammlung der bisher dar-
uͤber gemachten Erfahrungen genauer ausgemittelt zu werden.

Da faſt alle vollkommnere Koͤrner ſich wenigſtens ins zweite Jahr erhal-
ten, ſo iſt es ohne Zweifel entſchieden vortheilhaft, einen uͤberjaͤhrigen Saat-
vorrath, beſonders vom Wintergetreide zu haben, weil man dadurch zur Wahr-
nehmung der vortheilhafteſten Saatzeit in Stand geſetzt wird. Es verſteht
ſich jedoch, daß man ſie nicht von ſolchen Jahren aufbewahren muͤſſe, wo
das Getreide unvollkommen geblieben iſt. Hat man aber in ſolchen Mißwachs-
jahren vorjaͤhrige Saat liegen, ſo iſt der Vortheil um ſo groͤßer, und man
kann ſich gegen andre gluͤcklich preiſen.

§. 6.

Eine voͤllige Reinigung der Saat von Unkrautsſaamen und auch von un-Reinheit des
Saamens.

vollkommenen Koͤrnern iſt von großer Wichtigkeit. Man bewuͤrkt ſie:

a) durch das Wurfeln, indem man nur den Vorſprung zur Saat abſon-
dert. Daſſelbe wird durch eine gut eingerichtete Staube- oder Putzmuͤhle,
welche das ſchwerere Korn von dem leichtern und Unkrautsſaamen abſondert,
bewuͤrkt.
b) Durch Siebe, denen man dann viele von allen Gradationen in der
Weite der Loͤcher haben muß. Unkrautsſaamen, die kleiner ſind wie die Saat,
ſo wie die ſchmaͤchtigen Koͤrner der letztern werden durch Siebe abgeſondert,
welche jene durchlaſſen, aber die vollkommnere Saat zuruͤckhalten. Andre
fremde Koͤrner, die groͤßer ſind wie die Saat, werden zuruͤckgehalten in Sie-
ben, welche die Saamenkoͤrner durchgehen laſſen.
c) Durch das Schwemmen, indem man die Saat in ein Kuͤben mit
Waſſer ſchuͤttet, ſie umruͤhrt und nun die oben ſchwimmenden fremdartigen
Dinge und die leichten Koͤrner mit einem Durchſchlage abnimmt. Man kann
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[11/0035] Die Saat. oͤlichte Saamen, wenn nicht Milben hineinkommen, halten ſich lange, und man giebt z. B. dem alten Leinſaamen einen entſchiedenen Vorzug, wogegen man jedoch friſchen Hanfſaamen zu nehmen empfiehlt. Der Kleeſaamen haͤlt ſich, meiner Beobachtung nach, zwei Jahre ſehr gut, verliert im dritten und wird im vierten unbrauchbar. Spoͤrgelſaamen, der ſieben Jahr alt war, habe ich mit Erfolg geſaͤet. Die Eigenthuͤmlichkeit eines jeden landwirthſchaftlichen Saamens verdiente aber durch Verſuche und durch Sammlung der bisher dar- uͤber gemachten Erfahrungen genauer ausgemittelt zu werden. Da faſt alle vollkommnere Koͤrner ſich wenigſtens ins zweite Jahr erhal- ten, ſo iſt es ohne Zweifel entſchieden vortheilhaft, einen uͤberjaͤhrigen Saat- vorrath, beſonders vom Wintergetreide zu haben, weil man dadurch zur Wahr- nehmung der vortheilhafteſten Saatzeit in Stand geſetzt wird. Es verſteht ſich jedoch, daß man ſie nicht von ſolchen Jahren aufbewahren muͤſſe, wo das Getreide unvollkommen geblieben iſt. Hat man aber in ſolchen Mißwachs- jahren vorjaͤhrige Saat liegen, ſo iſt der Vortheil um ſo groͤßer, und man kann ſich gegen andre gluͤcklich preiſen. §. 6. Eine voͤllige Reinigung der Saat von Unkrautsſaamen und auch von un- vollkommenen Koͤrnern iſt von großer Wichtigkeit. Man bewuͤrkt ſie: Reinheit des Saamens. a) durch das Wurfeln, indem man nur den Vorſprung zur Saat abſon- dert. Daſſelbe wird durch eine gut eingerichtete Staube- oder Putzmuͤhle, welche das ſchwerere Korn von dem leichtern und Unkrautsſaamen abſondert, bewuͤrkt. b) Durch Siebe, denen man dann viele von allen Gradationen in der Weite der Loͤcher haben muß. Unkrautsſaamen, die kleiner ſind wie die Saat, ſo wie die ſchmaͤchtigen Koͤrner der letztern werden durch Siebe abgeſondert, welche jene durchlaſſen, aber die vollkommnere Saat zuruͤckhalten. Andre fremde Koͤrner, die groͤßer ſind wie die Saat, werden zuruͤckgehalten in Sie- ben, welche die Saamenkoͤrner durchgehen laſſen. c) Durch das Schwemmen, indem man die Saat in ein Kuͤben mit Waſſer ſchuͤttet, ſie umruͤhrt und nun die oben ſchwimmenden fremdartigen Dinge und die leichten Koͤrner mit einem Durchſchlage abnimmt. Man kann B 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/35>, abgerufen am 28.03.2024.