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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Aufzucht des Rindviehes.

Hier werden allerlei Tränke, aus Leinsaamen, Leinölkuchen, Hafergrütze,
gekochten Kartoffeln und Rüben, Eiern, auch aus alt gewordenem Weißbrod,
welches den Bäckern liegen geblieben ist, und von ihnen wohlfeil verkauft wird,
bereitet, und den Kälbern mit oder ohne Milch gegeben. Es giebt in manchen
Gegenden auf dem platten Lande, und sogar in Städten selbst, Leute, die mit
dieser Kälbermastung ein Gewerbe treiben, und die ganz jungen Kälber dazu
aufkaufen. Für den Landwirth kann eine solche Mastung der Kälber nur ein
Nebenzweig seyn.

§. 24.

Alter-Kenn-
zeichen.
Die Alter-Kennzeichen aus den Zähnen sind bei dem Rindvieh nicht so be-
stimmt, wie bei den Pferden und Schaafen. Mehrentheils verliert das Kalb
von den 8 Schneidezähnen des Unterkiefers, die es sogleich mit auf die Welt
bringt, oder die doch bald nachher ausbrechen, zwischen den zwölften und acht-
zehnten Monat die beiden mittleren, welche dann durch breitere sogleich ersetzt
werden. Nach dem zweiten Jahre wechseln die beiden zunächst stehenden, und
sofort alle Jahr einmal. Bei güter Nahrung pflegt die Wechselung aber frü-
her, sonst später zu erfolgen, und überhaupt hält die Natur darin beim Rind-
vieh minder reguläre Perioden; weswegen dieses Zeichen im jüngern Alter höchst
trüglich bleibt.

Häufiger nimmt man das Alter an den Ringen der Hörner wahr, aber
zuverlässig ist auch dieses Zeichen nicht. Bei den Ochsen setzt sich der untere
Ring zunächst an der Wurzel der Hörner im 5ten Jahre an; bei den Kühen
aber, wenn sie zum ersten Male gekalbt haben, und dann entsteht jährlich ein
neuer wulstförmiger Ring, der den vorhergehenden fortdrängt (aber nie ver-
liert das junge Thier seine Hörner und bekommt neue, wie in einem neueren
Handbuche der Viehzucht gesagt ist). Bei den Kühen will man bemerkt haben,
daß sich kein deutlicher Ring ansetze, wenn sie ein Jahr nicht trächtig geworden
sind, daß aber der Zwischenraum zwischen den Ringen alsdann größer sey.
Wenn sie verworfen haben, soll sich der Ring minder deutlich ausbilden. Es
hat mir wirklich geschienen, als ob dies in manchen Fällen richtig, aber doch
nicht allgemein sey. Gewiß ist es, daß ein regulärer Ansatz der Ringe ein
Merkmal eines immer gesund gewesenen Thieres sey, und daß die Ringe bei

Aufzucht des Rindviehes.

Hier werden allerlei Traͤnke, aus Leinſaamen, Leinoͤlkuchen, Hafergruͤtze,
gekochten Kartoffeln und Ruͤben, Eiern, auch aus alt gewordenem Weißbrod,
welches den Baͤckern liegen geblieben iſt, und von ihnen wohlfeil verkauft wird,
bereitet, und den Kaͤlbern mit oder ohne Milch gegeben. Es giebt in manchen
Gegenden auf dem platten Lande, und ſogar in Staͤdten ſelbſt, Leute, die mit
dieſer Kaͤlbermaſtung ein Gewerbe treiben, und die ganz jungen Kaͤlber dazu
aufkaufen. Fuͤr den Landwirth kann eine ſolche Maſtung der Kaͤlber nur ein
Nebenzweig ſeyn.

§. 24.

Alter-Kenn-
zeichen.
Die Alter-Kennzeichen aus den Zaͤhnen ſind bei dem Rindvieh nicht ſo be-
ſtimmt, wie bei den Pferden und Schaafen. Mehrentheils verliert das Kalb
von den 8 Schneidezaͤhnen des Unterkiefers, die es ſogleich mit auf die Welt
bringt, oder die doch bald nachher ausbrechen, zwiſchen den zwoͤlften und acht-
zehnten Monat die beiden mittleren, welche dann durch breitere ſogleich erſetzt
werden. Nach dem zweiten Jahre wechſeln die beiden zunaͤchſt ſtehenden, und
ſofort alle Jahr einmal. Bei guͤter Nahrung pflegt die Wechſelung aber fruͤ-
her, ſonſt ſpaͤter zu erfolgen, und uͤberhaupt haͤlt die Natur darin beim Rind-
vieh minder regulaͤre Perioden; weswegen dieſes Zeichen im juͤngern Alter hoͤchſt
truͤglich bleibt.

Haͤufiger nimmt man das Alter an den Ringen der Hoͤrner wahr, aber
zuverlaͤſſig iſt auch dieſes Zeichen nicht. Bei den Ochſen ſetzt ſich der untere
Ring zunaͤchſt an der Wurzel der Hoͤrner im 5ten Jahre an; bei den Kuͤhen
aber, wenn ſie zum erſten Male gekalbt haben, und dann entſteht jaͤhrlich ein
neuer wulſtfoͤrmiger Ring, der den vorhergehenden fortdraͤngt (aber nie ver-
liert das junge Thier ſeine Hoͤrner und bekommt neue, wie in einem neueren
Handbuche der Viehzucht geſagt iſt). Bei den Kuͤhen will man bemerkt haben,
daß ſich kein deutlicher Ring anſetze, wenn ſie ein Jahr nicht traͤchtig geworden
ſind, daß aber der Zwiſchenraum zwiſchen den Ringen alsdann groͤßer ſey.
Wenn ſie verworfen haben, ſoll ſich der Ring minder deutlich ausbilden. Es
hat mir wirklich geſchienen, als ob dies in manchen Faͤllen richtig, aber doch
nicht allgemein ſey. Gewiß iſt es, daß ein regulaͤrer Anſatz der Ringe ein
Merkmal eines immer geſund geweſenen Thieres ſey, und daß die Ringe bei

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[318/0342] Aufzucht des Rindviehes. Hier werden allerlei Traͤnke, aus Leinſaamen, Leinoͤlkuchen, Hafergruͤtze, gekochten Kartoffeln und Ruͤben, Eiern, auch aus alt gewordenem Weißbrod, welches den Baͤckern liegen geblieben iſt, und von ihnen wohlfeil verkauft wird, bereitet, und den Kaͤlbern mit oder ohne Milch gegeben. Es giebt in manchen Gegenden auf dem platten Lande, und ſogar in Staͤdten ſelbſt, Leute, die mit dieſer Kaͤlbermaſtung ein Gewerbe treiben, und die ganz jungen Kaͤlber dazu aufkaufen. Fuͤr den Landwirth kann eine ſolche Maſtung der Kaͤlber nur ein Nebenzweig ſeyn. §. 24. Die Alter-Kennzeichen aus den Zaͤhnen ſind bei dem Rindvieh nicht ſo be- ſtimmt, wie bei den Pferden und Schaafen. Mehrentheils verliert das Kalb von den 8 Schneidezaͤhnen des Unterkiefers, die es ſogleich mit auf die Welt bringt, oder die doch bald nachher ausbrechen, zwiſchen den zwoͤlften und acht- zehnten Monat die beiden mittleren, welche dann durch breitere ſogleich erſetzt werden. Nach dem zweiten Jahre wechſeln die beiden zunaͤchſt ſtehenden, und ſofort alle Jahr einmal. Bei guͤter Nahrung pflegt die Wechſelung aber fruͤ- her, ſonſt ſpaͤter zu erfolgen, und uͤberhaupt haͤlt die Natur darin beim Rind- vieh minder regulaͤre Perioden; weswegen dieſes Zeichen im juͤngern Alter hoͤchſt truͤglich bleibt. Alter-Kenn- zeichen. Haͤufiger nimmt man das Alter an den Ringen der Hoͤrner wahr, aber zuverlaͤſſig iſt auch dieſes Zeichen nicht. Bei den Ochſen ſetzt ſich der untere Ring zunaͤchſt an der Wurzel der Hoͤrner im 5ten Jahre an; bei den Kuͤhen aber, wenn ſie zum erſten Male gekalbt haben, und dann entſteht jaͤhrlich ein neuer wulſtfoͤrmiger Ring, der den vorhergehenden fortdraͤngt (aber nie ver- liert das junge Thier ſeine Hoͤrner und bekommt neue, wie in einem neueren Handbuche der Viehzucht geſagt iſt). Bei den Kuͤhen will man bemerkt haben, daß ſich kein deutlicher Ring anſetze, wenn ſie ein Jahr nicht traͤchtig geworden ſind, daß aber der Zwiſchenraum zwiſchen den Ringen alsdann groͤßer ſey. Wenn ſie verworfen haben, ſoll ſich der Ring minder deutlich ausbilden. Es hat mir wirklich geſchienen, als ob dies in manchen Faͤllen richtig, aber doch nicht allgemein ſey. Gewiß iſt es, daß ein regulaͤrer Anſatz der Ringe ein Merkmal eines immer geſund geweſenen Thieres ſey, und daß die Ringe bei

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/342>, abgerufen am 21.11.2024.