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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Aufzucht des Rindviehes.
Milchkühen gefunden, ungeachtet man sie in Hinsicht der Schönheit nicht liebt.
Einige halten darauf, daß die hintere Kante des hinteren Schenkels einen
rechten Winkel mit dem am Schwanze hervorragenden Hüftknochen (Kerb-
knochen) mache. Uebrigens aber soll der hintere Oberschenkel nicht dick seyn.

§. 11.

Wer großes Vieh erziehen will, der wähle große und ausgewachsene Müt-
ter; denn die Größe und Ausdehnung des Körpers erbt entschieden mehr von
der Mutter als vom Vater. Ich bin daher völlig der Meinung der Schwei-
zer, die den Springochsen klein zu erhalten suchen, so daß er oft das kleinste
Thier in der ganzen Heerde ist.

§. 12.

Ein Springochse würde 70 bis 80 Kühen genügen können, wenn die
Brunstzeit der letztern das ganze Jahr hindurch in ziemlich gleichen Zwischen-
zeiten vertheilt wäre. Da dies aber nicht ist, so dürfen nur 25, 30 bis
40 Kühe auf einem Springochsen gerechnet werden, je nachdem die Brunst
derselben mehr in dieselbe oder in verschiedene Zeiten fällt. Ueberdem kann
ein Springochse leicht mit einer Krankheit befallen werden, die ihn zum Sprin-
gen unfähig macht, und man dadurch in große Verlegenheiten kommen. Des-
halb pflegt man schon bei einem Viehstapel von 40 Stücken gern zwei Spring-
ochsen zu haben, einen jungen im dritten und einen älteren im fünften oder
sechsten Jahre; auch aus der Ursache, damit man die schwächern, jüngeren Kühe
von ersterem bespringen lassen könne, wenn letzterer ihnen schon zu schwer ist.

§. 13.

Wenn man großes, und immer größeres Vieh erziehen will, so ist es aller-Alter zur Be-
gattung.

dings Regel, eine Ferse beinahe 3 Jahr alt werden zu lassen, bevor sie besprun-
gen wird, und immer ist dies nöthig, wenn das junge Vieh eine spärliche und
schlechte Fütterung und Weide erhält, falls man anders ein immer größeres Zu-
rückschlagen der Gattung verhindern will. Wird aber das junge Vieh, von
der Geburt an, reichlich genährt und gut verpflegt, so kann man es ohne Be-
denken zulassen, wenn es bald 2 Jahre alt wird, und ich halte es rathsam, die-
ses auf jeden Fall zu thun, wo sich die Brunst lebhaft und wiederholt äußert;
weil sonst die Thiere entweder abmagern und dennoch nicht fortwachsen, oder

Q q 2

Aufzucht des Rindviehes.
Milchkuͤhen gefunden, ungeachtet man ſie in Hinſicht der Schoͤnheit nicht liebt.
Einige halten darauf, daß die hintere Kante des hinteren Schenkels einen
rechten Winkel mit dem am Schwanze hervorragenden Huͤftknochen (Kerb-
knochen) mache. Uebrigens aber ſoll der hintere Oberſchenkel nicht dick ſeyn.

§. 11.

Wer großes Vieh erziehen will, der waͤhle große und ausgewachſene Muͤt-
ter; denn die Groͤße und Ausdehnung des Koͤrpers erbt entſchieden mehr von
der Mutter als vom Vater. Ich bin daher voͤllig der Meinung der Schwei-
zer, die den Springochſen klein zu erhalten ſuchen, ſo daß er oft das kleinſte
Thier in der ganzen Heerde iſt.

§. 12.

Ein Springochſe wuͤrde 70 bis 80 Kuͤhen genuͤgen koͤnnen, wenn die
Brunſtzeit der letztern das ganze Jahr hindurch in ziemlich gleichen Zwiſchen-
zeiten vertheilt waͤre. Da dies aber nicht iſt, ſo duͤrfen nur 25, 30 bis
40 Kuͤhe auf einem Springochſen gerechnet werden, je nachdem die Brunſt
derſelben mehr in dieſelbe oder in verſchiedene Zeiten faͤllt. Ueberdem kann
ein Springochſe leicht mit einer Krankheit befallen werden, die ihn zum Sprin-
gen unfaͤhig macht, und man dadurch in große Verlegenheiten kommen. Des-
halb pflegt man ſchon bei einem Viehſtapel von 40 Stuͤcken gern zwei Spring-
ochſen zu haben, einen jungen im dritten und einen aͤlteren im fuͤnften oder
ſechsten Jahre; auch aus der Urſache, damit man die ſchwaͤchern, juͤngeren Kuͤhe
von erſterem beſpringen laſſen koͤnne, wenn letzterer ihnen ſchon zu ſchwer iſt.

§. 13.

Wenn man großes, und immer groͤßeres Vieh erziehen will, ſo iſt es aller-Alter zur Be-
gattung.

dings Regel, eine Ferſe beinahe 3 Jahr alt werden zu laſſen, bevor ſie beſprun-
gen wird, und immer iſt dies noͤthig, wenn das junge Vieh eine ſpaͤrliche und
ſchlechte Fuͤtterung und Weide erhaͤlt, falls man anders ein immer groͤßeres Zu-
ruͤckſchlagen der Gattung verhindern will. Wird aber das junge Vieh, von
der Geburt an, reichlich genaͤhrt und gut verpflegt, ſo kann man es ohne Be-
denken zulaſſen, wenn es bald 2 Jahre alt wird, und ich halte es rathſam, die-
ſes auf jeden Fall zu thun, wo ſich die Brunſt lebhaft und wiederholt aͤußert;
weil ſonſt die Thiere entweder abmagern und dennoch nicht fortwachſen, oder

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[307/0331] Aufzucht des Rindviehes. Milchkuͤhen gefunden, ungeachtet man ſie in Hinſicht der Schoͤnheit nicht liebt. Einige halten darauf, daß die hintere Kante des hinteren Schenkels einen rechten Winkel mit dem am Schwanze hervorragenden Huͤftknochen (Kerb- knochen) mache. Uebrigens aber ſoll der hintere Oberſchenkel nicht dick ſeyn. §. 11. Wer großes Vieh erziehen will, der waͤhle große und ausgewachſene Muͤt- ter; denn die Groͤße und Ausdehnung des Koͤrpers erbt entſchieden mehr von der Mutter als vom Vater. Ich bin daher voͤllig der Meinung der Schwei- zer, die den Springochſen klein zu erhalten ſuchen, ſo daß er oft das kleinſte Thier in der ganzen Heerde iſt. §. 12. Ein Springochſe wuͤrde 70 bis 80 Kuͤhen genuͤgen koͤnnen, wenn die Brunſtzeit der letztern das ganze Jahr hindurch in ziemlich gleichen Zwiſchen- zeiten vertheilt waͤre. Da dies aber nicht iſt, ſo duͤrfen nur 25, 30 bis 40 Kuͤhe auf einem Springochſen gerechnet werden, je nachdem die Brunſt derſelben mehr in dieſelbe oder in verſchiedene Zeiten faͤllt. Ueberdem kann ein Springochſe leicht mit einer Krankheit befallen werden, die ihn zum Sprin- gen unfaͤhig macht, und man dadurch in große Verlegenheiten kommen. Des- halb pflegt man ſchon bei einem Viehſtapel von 40 Stuͤcken gern zwei Spring- ochſen zu haben, einen jungen im dritten und einen aͤlteren im fuͤnften oder ſechsten Jahre; auch aus der Urſache, damit man die ſchwaͤchern, juͤngeren Kuͤhe von erſterem beſpringen laſſen koͤnne, wenn letzterer ihnen ſchon zu ſchwer iſt. §. 13. Wenn man großes, und immer groͤßeres Vieh erziehen will, ſo iſt es aller- dings Regel, eine Ferſe beinahe 3 Jahr alt werden zu laſſen, bevor ſie beſprun- gen wird, und immer iſt dies noͤthig, wenn das junge Vieh eine ſpaͤrliche und ſchlechte Fuͤtterung und Weide erhaͤlt, falls man anders ein immer groͤßeres Zu- ruͤckſchlagen der Gattung verhindern will. Wird aber das junge Vieh, von der Geburt an, reichlich genaͤhrt und gut verpflegt, ſo kann man es ohne Be- denken zulaſſen, wenn es bald 2 Jahre alt wird, und ich halte es rathſam, die- ſes auf jeden Fall zu thun, wo ſich die Brunſt lebhaft und wiederholt aͤußert; weil ſonſt die Thiere entweder abmagern und dennoch nicht fortwachſen, oder Alter zur Be- gattung. Q q 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/331>, abgerufen am 22.11.2024.