Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Ackerwerkzeuge.

An einigen Orten fehlt zwar dieser sonst so wichtige Theil des Pfluges ganz,
und es vertritt die vordere Kante des Pflugkörpers oder die gerade Seite des
Schaars seine Stelle. Dies findet aber nur in mürben, reinen und gleichartigen
Boden statt, wenn man nur sehr flach pflüget. In Boden entgegengesetzter Art
und bei tieferem Pflügen wird ein Pflug ohne Messer eine sehr schlechte dem Zug-
vieh und dem Führer schwere Arbeit machen.

§. 111.

Das Schaar.Der zweite wirkende Theil des Pfluges ist das Schaar, auch Hinter-
eisen
genannt, welches den Erdstreifen horizontal von dem Boden abtrennen,
an besser konstruirten Pflügen schon etwas in die Höhe heben, und in einer schrä-
gen und zusammenhängenden Fläche dem Streichbrette überliefern soll. Es be-
steht aus zwei Theilen, dem eigentlich einschneidendem oder der Feder, und dem-
jenigen, womit es am Pflugkörper befestigt wird, dem Griffe oder Hefte.

Die Form des erstern Theils ist mannigfaltig, mehrentheils doch aber die
eines halben Keils oder rechtwinklichen Triangels. Die Landseite steht nämlich
mit dem Messer und dem Pflugkörper in einer geraden Linie, und ist stumpf. Daß
jene Richtung der stumpfen Seite wohl beobachtet werde, ist wesentlich nöthig
zum richtigen Gange des Pfluges. Die schräge Seite oder die Schneide, welche
gewöhnlicher Weise verstahlt und scharf ist, geht davon in einem Winkel gewöhn-
lich von 45 Graden ab. Zuweilen macht sie einen spitzeren Winkel, etwa von
35 Graden, um in festerem Boden um so besser eindringen zu können. Es erhellt
aber, daß alsdann das Schaar um so länger seyn muß, wenn anders die Basis
dieses rechtwinklichen Triangels gleich breit seyn soll.

Zuweilen ist dieser Triangel aus einem Stücke Eisen, und ganz ausgefüllt,
zuweilen in der Mitte leer und nur von drei Seiten umgeben. Das erstere hat
offenbar Vorzüge, weil der abgetrennte Streifen sich dann auf der schrägen zusam-
menhängenden Fläche mit geringerer Friktion emporheben kann.

Die hintere Breite dieses Theils richtet sich nach der Breite der Pflugstreifen,
die man abpflügen will, und folglich auch nach der hinteren Breite des Pflugkör-
pers. Jene muß beinahe eben so stark seyn, wie diese, d. h. die rechte Spitze des
Schaars muß von der linken Seite desselben beinahe denselben Abstand haben,
welchen das Streichbrett an seinem untern, die Sohle der Furche berührenden

Die Ackerwerkzeuge.

An einigen Orten fehlt zwar dieſer ſonſt ſo wichtige Theil des Pfluges ganz,
und es vertritt die vordere Kante des Pflugkoͤrpers oder die gerade Seite des
Schaars ſeine Stelle. Dies findet aber nur in muͤrben, reinen und gleichartigen
Boden ſtatt, wenn man nur ſehr flach pfluͤget. In Boden entgegengeſetzter Art
und bei tieferem Pfluͤgen wird ein Pflug ohne Meſſer eine ſehr ſchlechte dem Zug-
vieh und dem Fuͤhrer ſchwere Arbeit machen.

§. 111.

Das Schaar.Der zweite wirkende Theil des Pfluges iſt das Schaar, auch Hinter-
eiſen
genannt, welches den Erdſtreifen horizontal von dem Boden abtrennen,
an beſſer konſtruirten Pfluͤgen ſchon etwas in die Hoͤhe heben, und in einer ſchraͤ-
gen und zuſammenhaͤngenden Flaͤche dem Streichbrette uͤberliefern ſoll. Es be-
ſteht aus zwei Theilen, dem eigentlich einſchneidendem oder der Feder, und dem-
jenigen, womit es am Pflugkoͤrper befeſtigt wird, dem Griffe oder Hefte.

Die Form des erſtern Theils iſt mannigfaltig, mehrentheils doch aber die
eines halben Keils oder rechtwinklichen Triangels. Die Landſeite ſteht naͤmlich
mit dem Meſſer und dem Pflugkoͤrper in einer geraden Linie, und iſt ſtumpf. Daß
jene Richtung der ſtumpfen Seite wohl beobachtet werde, iſt weſentlich noͤthig
zum richtigen Gange des Pfluges. Die ſchraͤge Seite oder die Schneide, welche
gewoͤhnlicher Weiſe verſtahlt und ſcharf iſt, geht davon in einem Winkel gewoͤhn-
lich von 45 Graden ab. Zuweilen macht ſie einen ſpitzeren Winkel, etwa von
35 Graden, um in feſterem Boden um ſo beſſer eindringen zu koͤnnen. Es erhellt
aber, daß alsdann das Schaar um ſo laͤnger ſeyn muß, wenn anders die Baſis
dieſes rechtwinklichen Triangels gleich breit ſeyn ſoll.

Zuweilen iſt dieſer Triangel aus einem Stuͤcke Eiſen, und ganz ausgefuͤllt,
zuweilen in der Mitte leer und nur von drei Seiten umgeben. Das erſtere hat
offenbar Vorzuͤge, weil der abgetrennte Streifen ſich dann auf der ſchraͤgen zuſam-
menhaͤngenden Flaͤche mit geringerer Friktion emporheben kann.

Die hintere Breite dieſes Theils richtet ſich nach der Breite der Pflugſtreifen,
die man abpfluͤgen will, und folglich auch nach der hinteren Breite des Pflugkoͤr-
pers. Jene muß beinahe eben ſo ſtark ſeyn, wie dieſe, d. h. die rechte Spitze des
Schaars muß von der linken Seite deſſelben beinahe denſelben Abſtand haben,
welchen das Streichbrett an ſeinem untern, die Sohle der Furche beruͤhrenden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0040" n="18"/>
              <fw place="top" type="header">Die Ackerwerkzeuge.</fw><lb/>
              <p>An einigen Orten fehlt zwar die&#x017F;er &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o wichtige Theil des Pfluges ganz,<lb/>
und es vertritt die vordere Kante des Pflugko&#x0364;rpers oder die gerade Seite des<lb/>
Schaars &#x017F;eine Stelle. Dies findet aber nur in mu&#x0364;rben, reinen und gleichartigen<lb/>
Boden &#x017F;tatt, wenn man nur &#x017F;ehr flach pflu&#x0364;get. In Boden entgegenge&#x017F;etzter Art<lb/>
und bei tieferem Pflu&#x0364;gen wird ein Pflug ohne Me&#x017F;&#x017F;er eine &#x017F;ehr &#x017F;chlechte dem Zug-<lb/>
vieh und dem Fu&#x0364;hrer &#x017F;chwere Arbeit machen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 111.</head><lb/>
              <p><note place="left">Das Schaar.</note>Der zweite wirkende Theil des Pfluges i&#x017F;t das <hi rendition="#g">Schaar</hi>, auch <hi rendition="#g">Hinter-<lb/>
ei&#x017F;en</hi> genannt, welches den Erd&#x017F;treifen horizontal von dem Boden abtrennen,<lb/>
an be&#x017F;&#x017F;er kon&#x017F;truirten Pflu&#x0364;gen &#x017F;chon etwas in die Ho&#x0364;he heben, und in einer &#x017F;chra&#x0364;-<lb/>
gen und zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngenden Fla&#x0364;che dem Streichbrette u&#x0364;berliefern &#x017F;oll. Es be-<lb/>
&#x017F;teht aus zwei Theilen, dem eigentlich ein&#x017F;chneidendem oder der <hi rendition="#g">Feder</hi>, und dem-<lb/>
jenigen, womit es am Pflugko&#x0364;rper befe&#x017F;tigt wird, dem <hi rendition="#g">Griffe</hi> oder <hi rendition="#g">Hefte</hi>.</p><lb/>
              <p>Die Form des er&#x017F;tern Theils i&#x017F;t mannigfaltig, mehrentheils doch aber die<lb/>
eines halben Keils oder rechtwinklichen Triangels. Die Land&#x017F;eite &#x017F;teht na&#x0364;mlich<lb/>
mit dem Me&#x017F;&#x017F;er und dem Pflugko&#x0364;rper in einer geraden Linie, und i&#x017F;t &#x017F;tumpf. Daß<lb/>
jene Richtung der &#x017F;tumpfen Seite wohl beobachtet werde, i&#x017F;t we&#x017F;entlich no&#x0364;thig<lb/>
zum richtigen Gange des Pfluges. Die &#x017F;chra&#x0364;ge Seite oder die Schneide, welche<lb/>
gewo&#x0364;hnlicher Wei&#x017F;e ver&#x017F;tahlt und &#x017F;charf i&#x017F;t, geht davon in einem Winkel gewo&#x0364;hn-<lb/>
lich von 45 Graden ab. Zuweilen macht &#x017F;ie einen &#x017F;pitzeren Winkel, etwa von<lb/>
35 Graden, um in fe&#x017F;terem Boden um &#x017F;o be&#x017F;&#x017F;er eindringen zu ko&#x0364;nnen. Es erhellt<lb/>
aber, daß alsdann das Schaar um &#x017F;o la&#x0364;nger &#x017F;eyn muß, wenn anders die Ba&#x017F;is<lb/>
die&#x017F;es rechtwinklichen Triangels gleich breit &#x017F;eyn &#x017F;oll.</p><lb/>
              <p>Zuweilen i&#x017F;t die&#x017F;er Triangel aus einem Stu&#x0364;cke Ei&#x017F;en, und ganz ausgefu&#x0364;llt,<lb/>
zuweilen in der Mitte leer und nur von drei Seiten umgeben. Das er&#x017F;tere hat<lb/>
offenbar Vorzu&#x0364;ge, weil der abgetrennte Streifen &#x017F;ich dann auf der &#x017F;chra&#x0364;gen zu&#x017F;am-<lb/>
menha&#x0364;ngenden Fla&#x0364;che mit geringerer Friktion emporheben kann.</p><lb/>
              <p>Die hintere Breite die&#x017F;es Theils richtet &#x017F;ich nach der Breite der Pflug&#x017F;treifen,<lb/>
die man abpflu&#x0364;gen will, und folglich auch nach der hinteren Breite des Pflugko&#x0364;r-<lb/>
pers. Jene muß beinahe eben &#x017F;o &#x017F;tark &#x017F;eyn, wie die&#x017F;e, d. h. die rechte Spitze des<lb/>
Schaars muß von der linken Seite de&#x017F;&#x017F;elben beinahe den&#x017F;elben Ab&#x017F;tand haben,<lb/>
welchen das Streichbrett an &#x017F;einem untern, die Sohle der Furche beru&#x0364;hrenden<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0040] Die Ackerwerkzeuge. An einigen Orten fehlt zwar dieſer ſonſt ſo wichtige Theil des Pfluges ganz, und es vertritt die vordere Kante des Pflugkoͤrpers oder die gerade Seite des Schaars ſeine Stelle. Dies findet aber nur in muͤrben, reinen und gleichartigen Boden ſtatt, wenn man nur ſehr flach pfluͤget. In Boden entgegengeſetzter Art und bei tieferem Pfluͤgen wird ein Pflug ohne Meſſer eine ſehr ſchlechte dem Zug- vieh und dem Fuͤhrer ſchwere Arbeit machen. §. 111. Der zweite wirkende Theil des Pfluges iſt das Schaar, auch Hinter- eiſen genannt, welches den Erdſtreifen horizontal von dem Boden abtrennen, an beſſer konſtruirten Pfluͤgen ſchon etwas in die Hoͤhe heben, und in einer ſchraͤ- gen und zuſammenhaͤngenden Flaͤche dem Streichbrette uͤberliefern ſoll. Es be- ſteht aus zwei Theilen, dem eigentlich einſchneidendem oder der Feder, und dem- jenigen, womit es am Pflugkoͤrper befeſtigt wird, dem Griffe oder Hefte. Das Schaar. Die Form des erſtern Theils iſt mannigfaltig, mehrentheils doch aber die eines halben Keils oder rechtwinklichen Triangels. Die Landſeite ſteht naͤmlich mit dem Meſſer und dem Pflugkoͤrper in einer geraden Linie, und iſt ſtumpf. Daß jene Richtung der ſtumpfen Seite wohl beobachtet werde, iſt weſentlich noͤthig zum richtigen Gange des Pfluges. Die ſchraͤge Seite oder die Schneide, welche gewoͤhnlicher Weiſe verſtahlt und ſcharf iſt, geht davon in einem Winkel gewoͤhn- lich von 45 Graden ab. Zuweilen macht ſie einen ſpitzeren Winkel, etwa von 35 Graden, um in feſterem Boden um ſo beſſer eindringen zu koͤnnen. Es erhellt aber, daß alsdann das Schaar um ſo laͤnger ſeyn muß, wenn anders die Baſis dieſes rechtwinklichen Triangels gleich breit ſeyn ſoll. Zuweilen iſt dieſer Triangel aus einem Stuͤcke Eiſen, und ganz ausgefuͤllt, zuweilen in der Mitte leer und nur von drei Seiten umgeben. Das erſtere hat offenbar Vorzuͤge, weil der abgetrennte Streifen ſich dann auf der ſchraͤgen zuſam- menhaͤngenden Flaͤche mit geringerer Friktion emporheben kann. Die hintere Breite dieſes Theils richtet ſich nach der Breite der Pflugſtreifen, die man abpfluͤgen will, und folglich auch nach der hinteren Breite des Pflugkoͤr- pers. Jene muß beinahe eben ſo ſtark ſeyn, wie dieſe, d. h. die rechte Spitze des Schaars muß von der linken Seite deſſelben beinahe denſelben Abſtand haben, welchen das Streichbrett an ſeinem untern, die Sohle der Furche beruͤhrenden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/40
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/40>, abgerufen am 09.11.2024.