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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Weiden und Hutungen.

Wird alles dieses gehörig beobachtet, so kann man wohl annehmen, daß
der Schaafpferch dem Felde eben so viel an Kraft wiedergebe, als ihm durch das
abgefressene Getreidegras entzogen wird.

Höchst verderblich aber ist es, wenn der Acker eine solche Behütung als Ser-
vitut tragen muß, und der Diskretion eines fremden Schäfers ohne genaue Be-
schränkung überlassen ist.

§. 370.

Vehütung
der Wiesen.
Ueber die Beweidung der Wiesen habe ich in dem Abschnitte von der Wiesen-
kultur geredet. Sie ist im Frühjahre für die Schaafe und im Herbste für das
Rindvieh von erheblichem Nutzen, und kann mit gehöriger Vorsicht, vom Eigen-
thümer selbst benutzt, den Wiesen unnachtheilig und selbst vortheilhaft seyn.

Wenn sie als Servitute ausgeübt wird, so kömmt es vor allem auf den Ter-
min an, bis wohin sie im Frühjahre dauert und wo sie im Herbste anfängt, der ge-
wöhnlich durch Observanz oder Rezesse festgesetzt ist. Im Frühjahre macht ein
etwas längerer oder kürzerer Termin einen beträchtlichen Unterschied für den Wei-
deberechtigten, aber einen noch größeren für den Wieseneigenthümer, und des-
halb ist die Frage so wichtig: ob die Weideberechtigung nur bis zum neuen oder
bis zum alten Maitage daure? In diesen zwölf Tagen ist die Vegetation bei früh
eintretender warmer Witterung sehr lebhaft; das weidende Vieh erhält reichliche
Nahrung, stört nun aber den Graswuchs und die Ausbildung der Pflanzen, und
hat in dem Falle einen sehr nachtheiligen Einfluß auf den Heuertrag der Wiese.
In wiefern man die Wiesen abwechselnd einen ganzen oder halben Sommer hin-
durch als Weide vortheilhaft benutzen könne, ist oben gesagt worden.

§. 371.

Die Holz-
weide.
Als Nebenbenutzung kommt hauptsächlich die Holzweide in Betracht. Ihr
Werth richtet sich theils nach der Beschaffenheit und der höheren oder niederen
Lage des Bodens, theils nach dem Holzbestande.

Je stärker das Holz bestanden ist, um desto geringer ist der Werth der Weide,
nicht nur wegen des beschränkten Raums, sondern weil auch das Gras um so un-
kräftiger wird, als es stärker beschattet ist. Selbst wenn auf fruchtbarem Boden
das Gras unter den Bäumen in großer Masse aufschlägt, so hat man selbiges
doch allgemein unkräftig und dem Viehe so wenig schmackhaft befunden, daß gut

genährtes
Weiden und Hutungen.

Wird alles dieſes gehoͤrig beobachtet, ſo kann man wohl annehmen, daß
der Schaafpferch dem Felde eben ſo viel an Kraft wiedergebe, als ihm durch das
abgefreſſene Getreidegras entzogen wird.

Hoͤchſt verderblich aber iſt es, wenn der Acker eine ſolche Behuͤtung als Ser-
vitut tragen muß, und der Diskretion eines fremden Schaͤfers ohne genaue Be-
ſchraͤnkung uͤberlaſſen iſt.

§. 370.

Vehuͤtung
der Wieſen.
Ueber die Beweidung der Wieſen habe ich in dem Abſchnitte von der Wieſen-
kultur geredet. Sie iſt im Fruͤhjahre fuͤr die Schaafe und im Herbſte fuͤr das
Rindvieh von erheblichem Nutzen, und kann mit gehoͤriger Vorſicht, vom Eigen-
thuͤmer ſelbſt benutzt, den Wieſen unnachtheilig und ſelbſt vortheilhaft ſeyn.

Wenn ſie als Servitute ausgeuͤbt wird, ſo koͤmmt es vor allem auf den Ter-
min an, bis wohin ſie im Fruͤhjahre dauert und wo ſie im Herbſte anfaͤngt, der ge-
woͤhnlich durch Obſervanz oder Rezeſſe feſtgeſetzt iſt. Im Fruͤhjahre macht ein
etwas laͤngerer oder kuͤrzerer Termin einen betraͤchtlichen Unterſchied fuͤr den Wei-
deberechtigten, aber einen noch groͤßeren fuͤr den Wieſeneigenthuͤmer, und des-
halb iſt die Frage ſo wichtig: ob die Weideberechtigung nur bis zum neuen oder
bis zum alten Maitage daure? In dieſen zwoͤlf Tagen iſt die Vegetation bei fruͤh
eintretender warmer Witterung ſehr lebhaft; das weidende Vieh erhaͤlt reichliche
Nahrung, ſtoͤrt nun aber den Graswuchs und die Ausbildung der Pflanzen, und
hat in dem Falle einen ſehr nachtheiligen Einfluß auf den Heuertrag der Wieſe.
In wiefern man die Wieſen abwechſelnd einen ganzen oder halben Sommer hin-
durch als Weide vortheilhaft benutzen koͤnne, iſt oben geſagt worden.

§. 371.

Die Holz-
weide.
Als Nebenbenutzung kommt hauptſaͤchlich die Holzweide in Betracht. Ihr
Werth richtet ſich theils nach der Beſchaffenheit und der hoͤheren oder niederen
Lage des Bodens, theils nach dem Holzbeſtande.

Je ſtaͤrker das Holz beſtanden iſt, um deſto geringer iſt der Werth der Weide,
nicht nur wegen des beſchraͤnkten Raums, ſondern weil auch das Gras um ſo un-
kraͤftiger wird, als es ſtaͤrker beſchattet iſt. Selbſt wenn auf fruchtbarem Boden
das Gras unter den Baͤumen in großer Maſſe aufſchlaͤgt, ſo hat man ſelbiges
doch allgemein unkraͤftig und dem Viehe ſo wenig ſchmackhaft befunden, daß gut

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[280/0302] Weiden und Hutungen. Wird alles dieſes gehoͤrig beobachtet, ſo kann man wohl annehmen, daß der Schaafpferch dem Felde eben ſo viel an Kraft wiedergebe, als ihm durch das abgefreſſene Getreidegras entzogen wird. Hoͤchſt verderblich aber iſt es, wenn der Acker eine ſolche Behuͤtung als Ser- vitut tragen muß, und der Diskretion eines fremden Schaͤfers ohne genaue Be- ſchraͤnkung uͤberlaſſen iſt. §. 370. Ueber die Beweidung der Wieſen habe ich in dem Abſchnitte von der Wieſen- kultur geredet. Sie iſt im Fruͤhjahre fuͤr die Schaafe und im Herbſte fuͤr das Rindvieh von erheblichem Nutzen, und kann mit gehoͤriger Vorſicht, vom Eigen- thuͤmer ſelbſt benutzt, den Wieſen unnachtheilig und ſelbſt vortheilhaft ſeyn. Vehuͤtung der Wieſen. Wenn ſie als Servitute ausgeuͤbt wird, ſo koͤmmt es vor allem auf den Ter- min an, bis wohin ſie im Fruͤhjahre dauert und wo ſie im Herbſte anfaͤngt, der ge- woͤhnlich durch Obſervanz oder Rezeſſe feſtgeſetzt iſt. Im Fruͤhjahre macht ein etwas laͤngerer oder kuͤrzerer Termin einen betraͤchtlichen Unterſchied fuͤr den Wei- deberechtigten, aber einen noch groͤßeren fuͤr den Wieſeneigenthuͤmer, und des- halb iſt die Frage ſo wichtig: ob die Weideberechtigung nur bis zum neuen oder bis zum alten Maitage daure? In dieſen zwoͤlf Tagen iſt die Vegetation bei fruͤh eintretender warmer Witterung ſehr lebhaft; das weidende Vieh erhaͤlt reichliche Nahrung, ſtoͤrt nun aber den Graswuchs und die Ausbildung der Pflanzen, und hat in dem Falle einen ſehr nachtheiligen Einfluß auf den Heuertrag der Wieſe. In wiefern man die Wieſen abwechſelnd einen ganzen oder halben Sommer hin- durch als Weide vortheilhaft benutzen koͤnne, iſt oben geſagt worden. §. 371. Als Nebenbenutzung kommt hauptſaͤchlich die Holzweide in Betracht. Ihr Werth richtet ſich theils nach der Beſchaffenheit und der hoͤheren oder niederen Lage des Bodens, theils nach dem Holzbeſtande. Die Holz- weide. Je ſtaͤrker das Holz beſtanden iſt, um deſto geringer iſt der Werth der Weide, nicht nur wegen des beſchraͤnkten Raums, ſondern weil auch das Gras um ſo un- kraͤftiger wird, als es ſtaͤrker beſchattet iſt. Selbſt wenn auf fruchtbarem Boden das Gras unter den Baͤumen in großer Maſſe aufſchlaͤgt, ſo hat man ſelbiges doch allgemein unkraͤftig und dem Viehe ſo wenig ſchmackhaft befunden, daß gut genaͤhrtes

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/302>, abgerufen am 09.11.2024.