Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Wiesenbau.
meiste von selbst vertilgt. Bei einschürigen Wiesen hingegen hat es Zeit aufzuwach-
sen, besonders wenn es von der Art ist, daß es vom Vieh bei der Vor- und Nach-
weide nicht angerührt wird. Einige Unkrautsarten werden jedoch durch die Vorweide
am besten vertilgt, z. B. der Hahnenkamm oder das Klapperkraut -- Rhinantus
cristagalli
--, welches sonst vor der ersten Schur seinen Saamen schon reifet. Di-
steln vergehen, wenn sie zweimal abgehauen werden, und wenn sie die Sense zum er-
stenmale trifft, bevor sie in Blüte treten, so geben sie ein gutes Heu. Wasserpflan-
zen vergehen, wenn die Wiese trocken gelegt wird, sind aber ohne das nicht zu vertil-
gen. Nur der frühblühende und mit seinen starken Blättern den Boden überziehende
Huflattig erfordert es, daß man ihn aussteche, wenn er sich auf Wiesen, die einen
lehmigen Grund haben, einfindet. Durch oft wiederholtes Ausstechen vergeht er,
wenn man gleich seine Wurzel nicht herausbringt.

Auf die Ränder der Wiesen an den Gräben und Hecken hat man vorzüglich beim
Mähen zu [ - 2 Zeichen fehlen]hten, damit sie rein abgeschnitten werden, und dieses mit der Sichel
oder mit Messern geschehe, wenn es mit der Sense nicht gut angeht. Sie geben
sonst eine Pflanzschule von Unkraut, und zuweilen von giftigem und scharfem, ab.

Bei den Hecken muß das Einschlagen der Lohden und die Verbreitung der Wur-
zeln verhütet werden. Wenn man die in die Wiese einwuchernden jungen Lohden
jährlich zweimal mit abhaut, so werden sie keine Stärke bekommen, sondern wieder
absterben. Hat man sie aber ein Jahr wachsen lassen, so kann sie die Sense nicht
mehr bezwingen, und sie verbreiten sich dann immer weiter. Hier müssen sie flach an
der Erde, oder noch etwas tiefer abgeschnitten werden; doch bedarf es der sehr schwie-
rigen Ausradung ihrer Wurzeln nicht, wenn man ihre jungen Austriebe nur sorgfäl-
tig mit wegmäht, wo dann jene endlich absterben.

§. 345.

Man hat die Beweidung der Wiesen fast allgemein für nachtheilig und verderblichBehutung
der Wiesen.

erklärt, und manche sind dadurch bewogen worden, diese wichtige Benutzung dersel-
ben ganz aufzuopfern. Der Abscheu dagegen rührt aber wohl lediglich von dem fehler-
haften Betriebe her, der allemal statt finden muß, wenn sie andern als den Eigenthü-
mer zusteht. Dann wird nämlich in der Beweidung nicht das gerechte Maaß und die
gehörige Zeit beobachtet, noch die angemessene Viehart ausgewählt. Geschiehet dies aber
vom Eigenthümer, so ist die Abweidung im Frühjahr und Herbst der Heugewinnung, in

Der Wieſenbau.
meiſte von ſelbſt vertilgt. Bei einſchuͤrigen Wieſen hingegen hat es Zeit aufzuwach-
ſen, beſonders wenn es von der Art iſt, daß es vom Vieh bei der Vor- und Nach-
weide nicht angeruͤhrt wird. Einige Unkrautsarten werden jedoch durch die Vorweide
am beſten vertilgt, z. B. der Hahnenkamm oder das Klapperkraut — Rhinantus
cristagalli
—, welches ſonſt vor der erſten Schur ſeinen Saamen ſchon reifet. Di-
ſteln vergehen, wenn ſie zweimal abgehauen werden, und wenn ſie die Senſe zum er-
ſtenmale trifft, bevor ſie in Bluͤte treten, ſo geben ſie ein gutes Heu. Waſſerpflan-
zen vergehen, wenn die Wieſe trocken gelegt wird, ſind aber ohne das nicht zu vertil-
gen. Nur der fruͤhbluͤhende und mit ſeinen ſtarken Blaͤttern den Boden uͤberziehende
Huflattig erfordert es, daß man ihn ausſteche, wenn er ſich auf Wieſen, die einen
lehmigen Grund haben, einfindet. Durch oft wiederholtes Ausſtechen vergeht er,
wenn man gleich ſeine Wurzel nicht herausbringt.

Auf die Raͤnder der Wieſen an den Graͤben und Hecken hat man vorzuͤglich beim
Maͤhen zu [ – 2 Zeichen fehlen]hten, damit ſie rein abgeſchnitten werden, und dieſes mit der Sichel
oder mit Meſſern geſchehe, wenn es mit der Senſe nicht gut angeht. Sie geben
ſonſt eine Pflanzſchule von Unkraut, und zuweilen von giftigem und ſcharfem, ab.

Bei den Hecken muß das Einſchlagen der Lohden und die Verbreitung der Wur-
zeln verhuͤtet werden. Wenn man die in die Wieſe einwuchernden jungen Lohden
jaͤhrlich zweimal mit abhaut, ſo werden ſie keine Staͤrke bekommen, ſondern wieder
abſterben. Hat man ſie aber ein Jahr wachſen laſſen, ſo kann ſie die Senſe nicht
mehr bezwingen, und ſie verbreiten ſich dann immer weiter. Hier muͤſſen ſie flach an
der Erde, oder noch etwas tiefer abgeſchnitten werden; doch bedarf es der ſehr ſchwie-
rigen Ausradung ihrer Wurzeln nicht, wenn man ihre jungen Austriebe nur ſorgfaͤl-
tig mit wegmaͤht, wo dann jene endlich abſterben.

§. 345.

Man hat die Beweidung der Wieſen faſt allgemein fuͤr nachtheilig und verderblichBehutung
der Wieſen.

erklaͤrt, und manche ſind dadurch bewogen worden, dieſe wichtige Benutzung derſel-
ben ganz aufzuopfern. Der Abſcheu dagegen ruͤhrt aber wohl lediglich von dem fehler-
haften Betriebe her, der allemal ſtatt finden muß, wenn ſie andern als den Eigenthuͤ-
mer zuſteht. Dann wird naͤmlich in der Beweidung nicht das gerechte Maaß und die
gehoͤrige Zeit beobachtet, noch die angemeſſene Viehart ausgewaͤhlt. Geſchiehet dies aber
vom Eigenthuͤmer, ſo iſt die Abweidung im Fruͤhjahr und Herbſt der Heugewinnung, in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0277" n="255"/><fw place="top" type="header">Der Wie&#x017F;enbau.</fw><lb/>
mei&#x017F;te von &#x017F;elb&#x017F;t vertilgt. Bei ein&#x017F;chu&#x0364;rigen Wie&#x017F;en hingegen hat es Zeit aufzuwach-<lb/>
&#x017F;en, be&#x017F;onders wenn es von der Art i&#x017F;t, daß es vom Vieh bei der Vor- und Nach-<lb/>
weide nicht angeru&#x0364;hrt wird. Einige Unkrautsarten werden jedoch durch die Vorweide<lb/>
am be&#x017F;ten vertilgt, z. B. der Hahnenkamm oder das Klapperkraut &#x2014; <hi rendition="#aq">Rhinantus<lb/>
cristagalli</hi> &#x2014;, welches &#x017F;on&#x017F;t vor der er&#x017F;ten Schur &#x017F;einen Saamen &#x017F;chon reifet. Di-<lb/>
&#x017F;teln vergehen, wenn &#x017F;ie zweimal abgehauen werden, und wenn &#x017F;ie die Sen&#x017F;e zum er-<lb/>
&#x017F;tenmale trifft, bevor &#x017F;ie in Blu&#x0364;te treten, &#x017F;o geben &#x017F;ie ein gutes Heu. Wa&#x017F;&#x017F;erpflan-<lb/>
zen vergehen, wenn die Wie&#x017F;e trocken gelegt wird, &#x017F;ind aber ohne das nicht zu vertil-<lb/>
gen. Nur der fru&#x0364;hblu&#x0364;hende und mit &#x017F;einen &#x017F;tarken Bla&#x0364;ttern den Boden u&#x0364;berziehende<lb/>
Huflattig erfordert es, daß man ihn aus&#x017F;teche, wenn er &#x017F;ich auf Wie&#x017F;en, die einen<lb/>
lehmigen Grund haben, einfindet. Durch oft wiederholtes Aus&#x017F;techen vergeht er,<lb/>
wenn man gleich &#x017F;eine Wurzel nicht herausbringt.</p><lb/>
              <p>Auf die Ra&#x0364;nder der Wie&#x017F;en an den Gra&#x0364;ben und Hecken hat man vorzu&#x0364;glich beim<lb/>
Ma&#x0364;hen zu <gap unit="chars" quantity="2"/>hten, damit &#x017F;ie rein abge&#x017F;chnitten werden, und die&#x017F;es mit der Sichel<lb/>
oder mit Me&#x017F;&#x017F;ern ge&#x017F;chehe, wenn es mit der Sen&#x017F;e nicht gut angeht. Sie geben<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t eine Pflanz&#x017F;chule von Unkraut, und zuweilen von giftigem und &#x017F;charfem, ab.</p><lb/>
              <p>Bei den Hecken muß das Ein&#x017F;chlagen der Lohden und die Verbreitung der Wur-<lb/>
zeln verhu&#x0364;tet werden. Wenn man die in die Wie&#x017F;e einwuchernden jungen Lohden<lb/>
ja&#x0364;hrlich zweimal mit abhaut, &#x017F;o werden &#x017F;ie keine Sta&#x0364;rke bekommen, &#x017F;ondern wieder<lb/>
ab&#x017F;terben. Hat man &#x017F;ie aber ein Jahr wach&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o kann &#x017F;ie die Sen&#x017F;e nicht<lb/>
mehr bezwingen, und &#x017F;ie verbreiten &#x017F;ich dann immer weiter. Hier mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie flach an<lb/>
der Erde, oder noch etwas tiefer abge&#x017F;chnitten werden; doch bedarf es der &#x017F;ehr &#x017F;chwie-<lb/>
rigen Ausradung ihrer Wurzeln nicht, wenn man ihre jungen Austriebe nur &#x017F;orgfa&#x0364;l-<lb/>
tig mit wegma&#x0364;ht, wo dann jene endlich ab&#x017F;terben.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 345.</head><lb/>
              <p>Man hat die Beweidung der Wie&#x017F;en fa&#x017F;t allgemein fu&#x0364;r nachtheilig und verderblich<note place="right">Behutung<lb/>
der Wie&#x017F;en.</note><lb/>
erkla&#x0364;rt, und manche &#x017F;ind dadurch bewogen worden, die&#x017F;e wichtige Benutzung der&#x017F;el-<lb/>
ben ganz aufzuopfern. Der Ab&#x017F;cheu dagegen ru&#x0364;hrt aber wohl lediglich von dem fehler-<lb/>
haften Betriebe her, der allemal &#x017F;tatt finden muß, wenn &#x017F;ie andern als den Eigenthu&#x0364;-<lb/>
mer zu&#x017F;teht. Dann wird na&#x0364;mlich in der Beweidung nicht das gerechte Maaß und die<lb/>
geho&#x0364;rige Zeit beobachtet, noch die angeme&#x017F;&#x017F;ene Viehart ausgewa&#x0364;hlt. Ge&#x017F;chiehet dies aber<lb/>
vom Eigenthu&#x0364;mer, &#x017F;o i&#x017F;t die Abweidung im Fru&#x0364;hjahr und Herb&#x017F;t der Heugewinnung, in<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0277] Der Wieſenbau. meiſte von ſelbſt vertilgt. Bei einſchuͤrigen Wieſen hingegen hat es Zeit aufzuwach- ſen, beſonders wenn es von der Art iſt, daß es vom Vieh bei der Vor- und Nach- weide nicht angeruͤhrt wird. Einige Unkrautsarten werden jedoch durch die Vorweide am beſten vertilgt, z. B. der Hahnenkamm oder das Klapperkraut — Rhinantus cristagalli —, welches ſonſt vor der erſten Schur ſeinen Saamen ſchon reifet. Di- ſteln vergehen, wenn ſie zweimal abgehauen werden, und wenn ſie die Senſe zum er- ſtenmale trifft, bevor ſie in Bluͤte treten, ſo geben ſie ein gutes Heu. Waſſerpflan- zen vergehen, wenn die Wieſe trocken gelegt wird, ſind aber ohne das nicht zu vertil- gen. Nur der fruͤhbluͤhende und mit ſeinen ſtarken Blaͤttern den Boden uͤberziehende Huflattig erfordert es, daß man ihn ausſteche, wenn er ſich auf Wieſen, die einen lehmigen Grund haben, einfindet. Durch oft wiederholtes Ausſtechen vergeht er, wenn man gleich ſeine Wurzel nicht herausbringt. Auf die Raͤnder der Wieſen an den Graͤben und Hecken hat man vorzuͤglich beim Maͤhen zu __hten, damit ſie rein abgeſchnitten werden, und dieſes mit der Sichel oder mit Meſſern geſchehe, wenn es mit der Senſe nicht gut angeht. Sie geben ſonſt eine Pflanzſchule von Unkraut, und zuweilen von giftigem und ſcharfem, ab. Bei den Hecken muß das Einſchlagen der Lohden und die Verbreitung der Wur- zeln verhuͤtet werden. Wenn man die in die Wieſe einwuchernden jungen Lohden jaͤhrlich zweimal mit abhaut, ſo werden ſie keine Staͤrke bekommen, ſondern wieder abſterben. Hat man ſie aber ein Jahr wachſen laſſen, ſo kann ſie die Senſe nicht mehr bezwingen, und ſie verbreiten ſich dann immer weiter. Hier muͤſſen ſie flach an der Erde, oder noch etwas tiefer abgeſchnitten werden; doch bedarf es der ſehr ſchwie- rigen Ausradung ihrer Wurzeln nicht, wenn man ihre jungen Austriebe nur ſorgfaͤl- tig mit wegmaͤht, wo dann jene endlich abſterben. §. 345. Man hat die Beweidung der Wieſen faſt allgemein fuͤr nachtheilig und verderblich erklaͤrt, und manche ſind dadurch bewogen worden, dieſe wichtige Benutzung derſel- ben ganz aufzuopfern. Der Abſcheu dagegen ruͤhrt aber wohl lediglich von dem fehler- haften Betriebe her, der allemal ſtatt finden muß, wenn ſie andern als den Eigenthuͤ- mer zuſteht. Dann wird naͤmlich in der Beweidung nicht das gerechte Maaß und die gehoͤrige Zeit beobachtet, noch die angemeſſene Viehart ausgewaͤhlt. Geſchiehet dies aber vom Eigenthuͤmer, ſo iſt die Abweidung im Fruͤhjahr und Herbſt der Heugewinnung, in Behutung der Wieſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/277
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/277>, abgerufen am 09.11.2024.