Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Wiesenbau.
auch reichhaltige Wiesen in den Niederungen hoher Gedürge, die ihre Feuchtigkeit
von dem an Bergen stärkern Niederschlag aus der Atmosphäre erhalten.

4) Quellgründige oder quellige Wiesen, wo das unter der Erde sich herzie-
hende Wasser zu Tage kommt, und feuchte Stellen gebildet hat, die dadurch zur
Beackerung untauglich werden.

5) Moorige Wiesen, welche sich wohl auf dieselbe Art gebildet, aber durch
eine halbe Verwesung der erzeugten Wasserpflanzen erhoben, und eine moorige
Substanz unter sich haben.

§. 313.

Nach der Verschiedenheit dieser Lage ist gewöhnlich der Boden der Wiesen
auch verschieden. Die der ersten Art haben entweder einen thonigen, mit vielem
Humus durchdrungenen, oder aber einen größtentheils humosen Boden. Letzte-
rer ist in dem Falle, daß sie keine überflüssige Feuchtigkeit haben, und nicht
morastig sind, mehrentheils ein milder, auflöslicher Humus. Sind sie aber
morastig, so nähern sie sich der fünften Art von Wiesen in ihrer Natur und
Bodenart.

Die zweite Art pflegt im Durchschnitt einen mehr sandigen und nicht so
humusreichen Boden, wenigstens nicht bis zu einer beträchtlichen Tiefe zu haben.
Wenn indessen eine gute starke Grasnarbe auf ihnen entstanden, und sie mit zurei-
chender Feuchtigkeit versehen sind, so kommt es auf die unter der Grasnarbe lie-
gende Erde wenig an, ja es ist sogar bei zureichender Feuchtigkeit ein sandiger,
durchlassender Untergrund vortheilhafter, wie ein thoniger.

Die Wiesen dritter Art haben ihre Grunderde mit denen Anhöhen, wovon
sie umgeben sind, gemein, und richten sich in ihrer Fruchtbarkeit auch mehrentheils
nach diesen. Wenn ihnen das Wasser, mit vielen fruchtbaren Theilen beschwän-
gert, von den Anhöhen zufließt, so geben sie zuweilen einen ungemein reichen
Grasertrag, insbesondere wenn sie immer zureichenden Zufluß von Feuchtigkeit
und dabei einen durchlassenden Untergrund haben, in welchem sich die überflüssige
Feuchtigkeit senken und abziehen kann. Zu dieser Art gehört die berühmte Wiese
in Wiltshire, deren ich im dritten Bande meiner englischen Landwirthschaft,
S. 532., erwähnt habe, und deren Fruchtbarkeit unglaublich seyn würde, wenn
sie nicht schon seit Jahrhunderten durch so viele Zeugen bestätigt wäre. Wenn

Der Wieſenbau.
auch reichhaltige Wieſen in den Niederungen hoher Geduͤrge, die ihre Feuchtigkeit
von dem an Bergen ſtaͤrkern Niederſchlag aus der Atmoſphaͤre erhalten.

4) Quellgruͤndige oder quellige Wieſen, wo das unter der Erde ſich herzie-
hende Waſſer zu Tage kommt, und feuchte Stellen gebildet hat, die dadurch zur
Beackerung untauglich werden.

5) Moorige Wieſen, welche ſich wohl auf dieſelbe Art gebildet, aber durch
eine halbe Verweſung der erzeugten Waſſerpflanzen erhoben, und eine moorige
Subſtanz unter ſich haben.

§. 313.

Nach der Verſchiedenheit dieſer Lage iſt gewoͤhnlich der Boden der Wieſen
auch verſchieden. Die der erſten Art haben entweder einen thonigen, mit vielem
Humus durchdrungenen, oder aber einen groͤßtentheils humoſen Boden. Letzte-
rer iſt in dem Falle, daß ſie keine uͤberfluͤſſige Feuchtigkeit haben, und nicht
moraſtig ſind, mehrentheils ein milder, aufloͤslicher Humus. Sind ſie aber
moraſtig, ſo naͤhern ſie ſich der fuͤnften Art von Wieſen in ihrer Natur und
Bodenart.

Die zweite Art pflegt im Durchſchnitt einen mehr ſandigen und nicht ſo
humusreichen Boden, wenigſtens nicht bis zu einer betraͤchtlichen Tiefe zu haben.
Wenn indeſſen eine gute ſtarke Grasnarbe auf ihnen entſtanden, und ſie mit zurei-
chender Feuchtigkeit verſehen ſind, ſo kommt es auf die unter der Grasnarbe lie-
gende Erde wenig an, ja es iſt ſogar bei zureichender Feuchtigkeit ein ſandiger,
durchlaſſender Untergrund vortheilhafter, wie ein thoniger.

Die Wieſen dritter Art haben ihre Grunderde mit denen Anhoͤhen, wovon
ſie umgeben ſind, gemein, und richten ſich in ihrer Fruchtbarkeit auch mehrentheils
nach dieſen. Wenn ihnen das Waſſer, mit vielen fruchtbaren Theilen beſchwaͤn-
gert, von den Anhoͤhen zufließt, ſo geben ſie zuweilen einen ungemein reichen
Grasertrag, insbeſondere wenn ſie immer zureichenden Zufluß von Feuchtigkeit
und dabei einen durchlaſſenden Untergrund haben, in welchem ſich die uͤberfluͤſſige
Feuchtigkeit ſenken und abziehen kann. Zu dieſer Art gehoͤrt die beruͤhmte Wieſe
in Wiltſhire, deren ich im dritten Bande meiner engliſchen Landwirthſchaft,
S. 532., erwaͤhnt habe, und deren Fruchtbarkeit unglaublich ſeyn wuͤrde, wenn
ſie nicht ſchon ſeit Jahrhunderten durch ſo viele Zeugen beſtaͤtigt waͤre. Wenn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0248" n="226"/><fw place="top" type="header">Der Wie&#x017F;enbau.</fw><lb/>
auch reichhaltige Wie&#x017F;en in den Niederungen hoher Gedu&#x0364;rge, die ihre Feuchtigkeit<lb/>
von dem an Bergen &#x017F;ta&#x0364;rkern Nieder&#x017F;chlag aus der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re erhalten.</p><lb/>
              <p>4) Quellgru&#x0364;ndige oder quellige Wie&#x017F;en, wo das unter der Erde &#x017F;ich herzie-<lb/>
hende Wa&#x017F;&#x017F;er zu Tage kommt, und feuchte Stellen gebildet hat, die dadurch zur<lb/>
Beackerung untauglich werden.</p><lb/>
              <p>5) Moorige Wie&#x017F;en, welche &#x017F;ich wohl auf die&#x017F;elbe Art gebildet, aber durch<lb/>
eine halbe Verwe&#x017F;ung der erzeugten Wa&#x017F;&#x017F;erpflanzen erhoben, und eine moorige<lb/>
Sub&#x017F;tanz unter &#x017F;ich haben.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 313.</head><lb/>
              <p>Nach der Ver&#x017F;chiedenheit die&#x017F;er Lage i&#x017F;t gewo&#x0364;hnlich der Boden der Wie&#x017F;en<lb/>
auch ver&#x017F;chieden. Die der er&#x017F;ten Art haben entweder einen thonigen, mit vielem<lb/>
Humus durchdrungenen, oder aber einen gro&#x0364;ßtentheils humo&#x017F;en Boden. Letzte-<lb/>
rer i&#x017F;t in dem Falle, daß &#x017F;ie keine u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Feuchtigkeit haben, und nicht<lb/>
mora&#x017F;tig &#x017F;ind, mehrentheils ein milder, auflo&#x0364;slicher Humus. Sind &#x017F;ie aber<lb/>
mora&#x017F;tig, &#x017F;o na&#x0364;hern &#x017F;ie &#x017F;ich der fu&#x0364;nften Art von Wie&#x017F;en in ihrer Natur und<lb/>
Bodenart.</p><lb/>
              <p>Die zweite Art pflegt im Durch&#x017F;chnitt einen mehr &#x017F;andigen und nicht &#x017F;o<lb/>
humusreichen Boden, wenig&#x017F;tens nicht bis zu einer betra&#x0364;chtlichen Tiefe zu haben.<lb/>
Wenn inde&#x017F;&#x017F;en eine gute &#x017F;tarke Grasnarbe auf ihnen ent&#x017F;tanden, und &#x017F;ie mit zurei-<lb/>
chender Feuchtigkeit ver&#x017F;ehen &#x017F;ind, &#x017F;o kommt es auf die unter der Grasnarbe lie-<lb/>
gende Erde wenig an, ja es i&#x017F;t &#x017F;ogar bei zureichender Feuchtigkeit ein &#x017F;andiger,<lb/>
durchla&#x017F;&#x017F;ender Untergrund vortheilhafter, wie ein thoniger.</p><lb/>
              <p>Die Wie&#x017F;en dritter Art haben ihre Grunderde mit denen Anho&#x0364;hen, wovon<lb/>
&#x017F;ie umgeben &#x017F;ind, gemein, und richten &#x017F;ich in ihrer Fruchtbarkeit auch mehrentheils<lb/>
nach die&#x017F;en. Wenn ihnen das Wa&#x017F;&#x017F;er, mit vielen fruchtbaren Theilen be&#x017F;chwa&#x0364;n-<lb/>
gert, von den Anho&#x0364;hen zufließt, &#x017F;o geben &#x017F;ie zuweilen einen ungemein reichen<lb/>
Grasertrag, insbe&#x017F;ondere wenn &#x017F;ie immer zureichenden Zufluß von Feuchtigkeit<lb/>
und dabei einen durchla&#x017F;&#x017F;enden Untergrund haben, in welchem &#x017F;ich die u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige<lb/>
Feuchtigkeit &#x017F;enken und abziehen kann. Zu die&#x017F;er Art geho&#x0364;rt die beru&#x0364;hmte Wie&#x017F;e<lb/>
in Wilt&#x017F;hire, deren ich im dritten Bande meiner engli&#x017F;chen Landwirth&#x017F;chaft,<lb/>
S. 532., erwa&#x0364;hnt habe, und deren Fruchtbarkeit unglaublich &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, wenn<lb/>
&#x017F;ie nicht &#x017F;chon &#x017F;eit Jahrhunderten durch &#x017F;o viele Zeugen be&#x017F;ta&#x0364;tigt wa&#x0364;re. Wenn<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0248] Der Wieſenbau. auch reichhaltige Wieſen in den Niederungen hoher Geduͤrge, die ihre Feuchtigkeit von dem an Bergen ſtaͤrkern Niederſchlag aus der Atmoſphaͤre erhalten. 4) Quellgruͤndige oder quellige Wieſen, wo das unter der Erde ſich herzie- hende Waſſer zu Tage kommt, und feuchte Stellen gebildet hat, die dadurch zur Beackerung untauglich werden. 5) Moorige Wieſen, welche ſich wohl auf dieſelbe Art gebildet, aber durch eine halbe Verweſung der erzeugten Waſſerpflanzen erhoben, und eine moorige Subſtanz unter ſich haben. §. 313. Nach der Verſchiedenheit dieſer Lage iſt gewoͤhnlich der Boden der Wieſen auch verſchieden. Die der erſten Art haben entweder einen thonigen, mit vielem Humus durchdrungenen, oder aber einen groͤßtentheils humoſen Boden. Letzte- rer iſt in dem Falle, daß ſie keine uͤberfluͤſſige Feuchtigkeit haben, und nicht moraſtig ſind, mehrentheils ein milder, aufloͤslicher Humus. Sind ſie aber moraſtig, ſo naͤhern ſie ſich der fuͤnften Art von Wieſen in ihrer Natur und Bodenart. Die zweite Art pflegt im Durchſchnitt einen mehr ſandigen und nicht ſo humusreichen Boden, wenigſtens nicht bis zu einer betraͤchtlichen Tiefe zu haben. Wenn indeſſen eine gute ſtarke Grasnarbe auf ihnen entſtanden, und ſie mit zurei- chender Feuchtigkeit verſehen ſind, ſo kommt es auf die unter der Grasnarbe lie- gende Erde wenig an, ja es iſt ſogar bei zureichender Feuchtigkeit ein ſandiger, durchlaſſender Untergrund vortheilhafter, wie ein thoniger. Die Wieſen dritter Art haben ihre Grunderde mit denen Anhoͤhen, wovon ſie umgeben ſind, gemein, und richten ſich in ihrer Fruchtbarkeit auch mehrentheils nach dieſen. Wenn ihnen das Waſſer, mit vielen fruchtbaren Theilen beſchwaͤn- gert, von den Anhoͤhen zufließt, ſo geben ſie zuweilen einen ungemein reichen Grasertrag, insbeſondere wenn ſie immer zureichenden Zufluß von Feuchtigkeit und dabei einen durchlaſſenden Untergrund haben, in welchem ſich die uͤberfluͤſſige Feuchtigkeit ſenken und abziehen kann. Zu dieſer Art gehoͤrt die beruͤhmte Wieſe in Wiltſhire, deren ich im dritten Bande meiner engliſchen Landwirthſchaft, S. 532., erwaͤhnt habe, und deren Fruchtbarkeit unglaublich ſeyn wuͤrde, wenn ſie nicht ſchon ſeit Jahrhunderten durch ſo viele Zeugen beſtaͤtigt waͤre. Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/248
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/248>, abgerufen am 23.11.2024.