Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Die Abschwemmung oder Anlage der Schwemmwiesen.
Jedoch muß man in diesem Falle unterhalb keine Versandungen und keine Zuschwem-
mungen von Mühlen- oder andern Teichen zu besorgen haben. Wäre dies, so darf
natürlicher Weise gar keine Erde in den Fluß kommen, und man muß deshalb, wenn
er sein Bette behalten soll, sein Ufer verwallen, und mit Faschinen, die nur dem
Wasser, nicht der Erde Durchgang verstatten, belegen. Oftmals wird man es aber
gerathener finden, das alte Bette des Flusses zuzuschwemmen, und einen neuen
geraden Kanal herdurch zu ziehen. In dem Falle legt man eine starke Verzäunung
in diesem Flusse an, welche keine Erde weiter, als die Anlage gehen soll, durchläßt.

Es darf aber auch nicht an zureichender Erde fehlen, um die Niederung genug-
sam erhöhen zu können.

Um nun diese gerechte Quantität von Erde genau zu bestimmen, würde es erfor-
derlich seyn, das Profil der Anhöhe und der Niederung an jeder Stelle zu nehmen,
und zu berechnen, ob jenes mit diesem in gehörigem Verhältnisse stehe. Da sich aber
die Höhe und Breite so häufig ändert, so würde dies in der Praxis kaum ausführbar
seyn, und man muß sich dabei am meisten auf sein Augenmaaß verlassen. Dazu
kommt, daß man die Masse der abzusetzenden Erde doch oft nicht nach der Masse der
abzuschwemmenden berechnen kann; denn die thonigen und schlammigen Theile gehen
mit dem Wasser unaufhaltbar fort, und setzen sich, da man den Wasserlauf doch nicht
ganz sperren kann, durchaus nicht ab. Sie waren bei einer Abschwemmung von ei-
nem thonigt merglichten Boden, ungeachtet man mehrere Verzäunungen gemacht hatte,
und das Wasser sehr sanft und seicht über Ebenen floß, dennoch eine Meile weit so stark
fortgeführt, daß die Ufer des Baches daselbst noch damit beschlammt waren. Dieser
Boden füllt also da, wo er es thun sollte, die Niederung viel zu wenig aus. Wenn
ferner die Erde, wie mehrentheils der Fall ist, auf einen moorigen und sumpfigen
Grund abgesetzt werden soll, so senkt sich dieser, nachdem er, wie sich versteht, ab-
gewässert worden, durch den Druck der aufgeschwemmten Erde um so stärker, und es
entsteht daselbst ein Absatz, wenn auch die Fläche vorher völlig eben war. Endlich
kann auch eine beträchtliche Masse großer Steine, welche man oft in der Anhöhe fin-
det, und die herausgeschafft werden müssen, die Berechnung der abzuschwemmenden
Erde sehr trüglich machen.

Man kann sich jedoch während der Operation immer helfen, wenn man findet,
daß die abgeschwemmte Erde an einer Stelle entweder nicht zureiche, um die Niede-

Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.
Jedoch muß man in dieſem Falle unterhalb keine Verſandungen und keine Zuſchwem-
mungen von Muͤhlen- oder andern Teichen zu beſorgen haben. Waͤre dies, ſo darf
natuͤrlicher Weiſe gar keine Erde in den Fluß kommen, und man muß deshalb, wenn
er ſein Bette behalten ſoll, ſein Ufer verwallen, und mit Faſchinen, die nur dem
Waſſer, nicht der Erde Durchgang verſtatten, belegen. Oftmals wird man es aber
gerathener finden, das alte Bette des Fluſſes zuzuſchwemmen, und einen neuen
geraden Kanal herdurch zu ziehen. In dem Falle legt man eine ſtarke Verzaͤunung
in dieſem Fluſſe an, welche keine Erde weiter, als die Anlage gehen ſoll, durchlaͤßt.

Es darf aber auch nicht an zureichender Erde fehlen, um die Niederung genug-
ſam erhoͤhen zu koͤnnen.

Um nun dieſe gerechte Quantitaͤt von Erde genau zu beſtimmen, wuͤrde es erfor-
derlich ſeyn, das Profil der Anhoͤhe und der Niederung an jeder Stelle zu nehmen,
und zu berechnen, ob jenes mit dieſem in gehoͤrigem Verhaͤltniſſe ſtehe. Da ſich aber
die Hoͤhe und Breite ſo haͤufig aͤndert, ſo wuͤrde dies in der Praxis kaum ausfuͤhrbar
ſeyn, und man muß ſich dabei am meiſten auf ſein Augenmaaß verlaſſen. Dazu
kommt, daß man die Maſſe der abzuſetzenden Erde doch oft nicht nach der Maſſe der
abzuſchwemmenden berechnen kann; denn die thonigen und ſchlammigen Theile gehen
mit dem Waſſer unaufhaltbar fort, und ſetzen ſich, da man den Waſſerlauf doch nicht
ganz ſperren kann, durchaus nicht ab. Sie waren bei einer Abſchwemmung von ei-
nem thonigt merglichten Boden, ungeachtet man mehrere Verzaͤunungen gemacht hatte,
und das Waſſer ſehr ſanft und ſeicht uͤber Ebenen floß, dennoch eine Meile weit ſo ſtark
fortgefuͤhrt, daß die Ufer des Baches daſelbſt noch damit beſchlammt waren. Dieſer
Boden fuͤllt alſo da, wo er es thun ſollte, die Niederung viel zu wenig aus. Wenn
ferner die Erde, wie mehrentheils der Fall iſt, auf einen moorigen und ſumpfigen
Grund abgeſetzt werden ſoll, ſo ſenkt ſich dieſer, nachdem er, wie ſich verſteht, ab-
gewaͤſſert worden, durch den Druck der aufgeſchwemmten Erde um ſo ſtaͤrker, und es
entſteht daſelbſt ein Abſatz, wenn auch die Flaͤche vorher voͤllig eben war. Endlich
kann auch eine betraͤchtliche Maſſe großer Steine, welche man oft in der Anhoͤhe fin-
det, und die herausgeſchafft werden muͤſſen, die Berechnung der abzuſchwemmenden
Erde ſehr truͤglich machen.

Man kann ſich jedoch waͤhrend der Operation immer helfen, wenn man findet,
daß die abgeſchwemmte Erde an einer Stelle entweder nicht zureiche, um die Niede-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0232" n="210"/><fw place="top" type="header">Die Ab&#x017F;chwemmung oder Anlage der Schwemmwie&#x017F;en.</fw><lb/>
Jedoch muß man in die&#x017F;em Falle unterhalb keine Ver&#x017F;andungen und keine Zu&#x017F;chwem-<lb/>
mungen von Mu&#x0364;hlen- oder andern Teichen zu be&#x017F;orgen haben. Wa&#x0364;re dies, &#x017F;o darf<lb/>
natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e gar keine Erde in den Fluß kommen, und man muß deshalb, wenn<lb/>
er &#x017F;ein Bette behalten &#x017F;oll, &#x017F;ein Ufer verwallen, und mit Fa&#x017F;chinen, die nur dem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er, nicht der Erde Durchgang ver&#x017F;tatten, belegen. Oftmals wird man es aber<lb/>
gerathener finden, das alte Bette des Flu&#x017F;&#x017F;es zuzu&#x017F;chwemmen, und einen neuen<lb/>
geraden Kanal herdurch zu ziehen. In dem Falle legt man eine &#x017F;tarke Verza&#x0364;unung<lb/>
in die&#x017F;em Flu&#x017F;&#x017F;e an, welche keine Erde weiter, als die Anlage gehen &#x017F;oll, durchla&#x0364;ßt.</p><lb/>
              <p>Es darf aber auch nicht an zureichender Erde fehlen, um die Niederung genug-<lb/>
&#x017F;am erho&#x0364;hen zu ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
              <p>Um nun die&#x017F;e gerechte Quantita&#x0364;t von Erde genau zu be&#x017F;timmen, wu&#x0364;rde es erfor-<lb/>
derlich &#x017F;eyn, das Profil der Anho&#x0364;he und der Niederung an jeder Stelle zu nehmen,<lb/>
und zu berechnen, ob jenes mit die&#x017F;em in geho&#x0364;rigem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tehe. Da &#x017F;ich aber<lb/>
die Ho&#x0364;he und Breite &#x017F;o ha&#x0364;ufig a&#x0364;ndert, &#x017F;o wu&#x0364;rde dies in der Praxis kaum ausfu&#x0364;hrbar<lb/>
&#x017F;eyn, und man muß &#x017F;ich dabei am mei&#x017F;ten auf &#x017F;ein Augenmaaß verla&#x017F;&#x017F;en. Dazu<lb/>
kommt, daß man die Ma&#x017F;&#x017F;e der abzu&#x017F;etzenden Erde doch oft nicht nach der Ma&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
abzu&#x017F;chwemmenden berechnen kann; denn die thonigen und &#x017F;chlammigen Theile gehen<lb/>
mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er unaufhaltbar fort, und &#x017F;etzen &#x017F;ich, da man den Wa&#x017F;&#x017F;erlauf doch nicht<lb/>
ganz &#x017F;perren kann, durchaus nicht ab. Sie waren bei einer Ab&#x017F;chwemmung von ei-<lb/>
nem thonigt merglichten Boden, ungeachtet man mehrere Verza&#x0364;unungen gemacht hatte,<lb/>
und das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ehr &#x017F;anft und &#x017F;eicht u&#x0364;ber Ebenen floß, dennoch eine Meile weit &#x017F;o &#x017F;tark<lb/>
fortgefu&#x0364;hrt, daß die Ufer des Baches da&#x017F;elb&#x017F;t noch damit be&#x017F;chlammt waren. Die&#x017F;er<lb/>
Boden fu&#x0364;llt al&#x017F;o da, wo er es thun &#x017F;ollte, die Niederung viel zu wenig aus. Wenn<lb/>
ferner die Erde, wie mehrentheils der Fall i&#x017F;t, auf einen moorigen und &#x017F;umpfigen<lb/>
Grund abge&#x017F;etzt werden &#x017F;oll, &#x017F;o &#x017F;enkt &#x017F;ich die&#x017F;er, nachdem er, wie &#x017F;ich ver&#x017F;teht, ab-<lb/>
gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert worden, durch den Druck der aufge&#x017F;chwemmten Erde um &#x017F;o &#x017F;ta&#x0364;rker, und es<lb/>
ent&#x017F;teht da&#x017F;elb&#x017F;t ein Ab&#x017F;atz, wenn auch die Fla&#x0364;che vorher vo&#x0364;llig eben war. Endlich<lb/>
kann auch eine betra&#x0364;chtliche Ma&#x017F;&#x017F;e großer Steine, welche man oft in der Anho&#x0364;he fin-<lb/>
det, und die herausge&#x017F;chafft werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, die Berechnung der abzu&#x017F;chwemmenden<lb/>
Erde &#x017F;ehr tru&#x0364;glich machen.</p><lb/>
              <p>Man kann &#x017F;ich jedoch wa&#x0364;hrend der Operation immer helfen, wenn man findet,<lb/>
daß die abge&#x017F;chwemmte Erde an einer Stelle entweder nicht zureiche, um die Niede-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0232] Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen. Jedoch muß man in dieſem Falle unterhalb keine Verſandungen und keine Zuſchwem- mungen von Muͤhlen- oder andern Teichen zu beſorgen haben. Waͤre dies, ſo darf natuͤrlicher Weiſe gar keine Erde in den Fluß kommen, und man muß deshalb, wenn er ſein Bette behalten ſoll, ſein Ufer verwallen, und mit Faſchinen, die nur dem Waſſer, nicht der Erde Durchgang verſtatten, belegen. Oftmals wird man es aber gerathener finden, das alte Bette des Fluſſes zuzuſchwemmen, und einen neuen geraden Kanal herdurch zu ziehen. In dem Falle legt man eine ſtarke Verzaͤunung in dieſem Fluſſe an, welche keine Erde weiter, als die Anlage gehen ſoll, durchlaͤßt. Es darf aber auch nicht an zureichender Erde fehlen, um die Niederung genug- ſam erhoͤhen zu koͤnnen. Um nun dieſe gerechte Quantitaͤt von Erde genau zu beſtimmen, wuͤrde es erfor- derlich ſeyn, das Profil der Anhoͤhe und der Niederung an jeder Stelle zu nehmen, und zu berechnen, ob jenes mit dieſem in gehoͤrigem Verhaͤltniſſe ſtehe. Da ſich aber die Hoͤhe und Breite ſo haͤufig aͤndert, ſo wuͤrde dies in der Praxis kaum ausfuͤhrbar ſeyn, und man muß ſich dabei am meiſten auf ſein Augenmaaß verlaſſen. Dazu kommt, daß man die Maſſe der abzuſetzenden Erde doch oft nicht nach der Maſſe der abzuſchwemmenden berechnen kann; denn die thonigen und ſchlammigen Theile gehen mit dem Waſſer unaufhaltbar fort, und ſetzen ſich, da man den Waſſerlauf doch nicht ganz ſperren kann, durchaus nicht ab. Sie waren bei einer Abſchwemmung von ei- nem thonigt merglichten Boden, ungeachtet man mehrere Verzaͤunungen gemacht hatte, und das Waſſer ſehr ſanft und ſeicht uͤber Ebenen floß, dennoch eine Meile weit ſo ſtark fortgefuͤhrt, daß die Ufer des Baches daſelbſt noch damit beſchlammt waren. Dieſer Boden fuͤllt alſo da, wo er es thun ſollte, die Niederung viel zu wenig aus. Wenn ferner die Erde, wie mehrentheils der Fall iſt, auf einen moorigen und ſumpfigen Grund abgeſetzt werden ſoll, ſo ſenkt ſich dieſer, nachdem er, wie ſich verſteht, ab- gewaͤſſert worden, durch den Druck der aufgeſchwemmten Erde um ſo ſtaͤrker, und es entſteht daſelbſt ein Abſatz, wenn auch die Flaͤche vorher voͤllig eben war. Endlich kann auch eine betraͤchtliche Maſſe großer Steine, welche man oft in der Anhoͤhe fin- det, und die herausgeſchafft werden muͤſſen, die Berechnung der abzuſchwemmenden Erde ſehr truͤglich machen. Man kann ſich jedoch waͤhrend der Operation immer helfen, wenn man findet, daß die abgeſchwemmte Erde an einer Stelle entweder nicht zureiche, um die Niede-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/232
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/232>, abgerufen am 05.05.2024.