Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.Das Kapital. als Landwirth um so besser fahren, je mehr er davon als Betriebskapital zurückhält,und deshalb die Anlage des Grund-, und selbst des stehenden Kapitals nicht zu hoch macht. Denn der reine Ertrag des Gewerbes richtet sich weniger nach dem Umfange der Wirthschaft, als nach der Summe der auf ihren Betrieb verwandten Kosten. Es versteht sich jedoch von selbst, daß diese Anlage ihre Grenzen habe, die aber Ich sage als Landwirth, denn der Güterhändler hat ganz andere Regeln In England, wo merkantilischer Kalkul und Scharfsinn sich am meisten über Selbst das stehende Kapital -- obwohl dessen verstärkte Anlage zum Ertrage Das Kapital. als Landwirth um ſo beſſer fahren, je mehr er davon als Betriebskapital zuruͤckhaͤlt,und deshalb die Anlage des Grund-, und ſelbſt des ſtehenden Kapitals nicht zu hoch macht. Denn der reine Ertrag des Gewerbes richtet ſich weniger nach dem Umfange der Wirthſchaft, als nach der Summe der auf ihren Betrieb verwandten Koſten. Es verſteht ſich jedoch von ſelbſt, daß dieſe Anlage ihre Grenzen habe, die aber Ich ſage als Landwirth, denn der Guͤterhaͤndler hat ganz andere Regeln In England, wo merkantiliſcher Kalkul und Scharfſinn ſich am meiſten uͤber Selbſt das ſtehende Kapital — obwohl deſſen verſtaͤrkte Anlage zum Ertrage <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0058" n="28"/><fw place="top" type="header">Das Kapital.</fw><lb/> als Landwirth um ſo beſſer fahren, je mehr er davon als Betriebskapital zuruͤckhaͤlt,<lb/> und deshalb die Anlage des Grund-, und ſelbſt des ſtehenden Kapitals nicht zu hoch<lb/> macht. Denn der reine Ertrag des Gewerbes richtet ſich weniger nach dem Umfange<lb/> der Wirthſchaft, als nach der Summe der auf ihren Betrieb verwandten Koſten.</p><lb/> <p>Es verſteht ſich jedoch von ſelbſt, daß dieſe Anlage ihre Grenzen habe, die aber<lb/> viel weiter hinausliegen, als man waͤhnt.</p><lb/> <p>Ich ſage <hi rendition="#g">als Landwirth</hi>, denn der Guͤterhaͤndler hat ganz andere Regeln<lb/> in ſeinem Gewerbe zu befolgen, welches zu gewiſſen Zeiten und unter gewiſſen<lb/> Konjunkturen allerdings noch vortheilhafter, als der Betrieb der Landwirth-<lb/> ſchaft war.</p><lb/> <p>In <placeName>England</placeName>, wo merkantiliſcher Kalkul und Scharfſinn ſich am meiſten uͤber<lb/> alle Gewerbe verbreitet hat, nimmt man an, daß das Betriebskapital, worunter<lb/> man aber daſelbſt das ſtehende Kapital immer mit begreift, ſieben bis neunmal ſo<lb/> ſtark ſeyn muͤſſe, als die Zinſen des Grundkapitals oder die Landrente. Wer ein<lb/> Gut von jaͤhrlich 1000 Rthlr. pachtet, muß 7 bis 9000 Rthlr. disponibles Vermoͤgen<lb/> haben. Man berechnet dann den Gewinn ſeines Gewerbes nicht nach der Pacht,<lb/> ſondern nach dieſem Betriebskapitale, und nimmt an, daß man 12 Prozent davon<lb/> haben muͤſſe, von 9000 Rthlr. alſo 1080 Rthlr. uͤber die Pacht. Iſt er Eigenthuͤ-<lb/> mer, ſo zieht er vom reinen Ertrage erſt jene Pacht oder Landrente ab, die er, ohne<lb/> Wirthſchaft zu betreiben, auch haben koͤnnte, und das Uebrige rechnet er als Ge-<lb/> winn des Gewerbes. Er wird aber nie ſo fehlerhaft ſchließen: Weil mir die <choice><sic>Wirth-<lb/> ſchaſt</sic><corr>Wirth-<lb/> ſchaft</corr></choice> auf dieſem Gute 2080 Rthlr. eintraͤgt, ſo iſt der Kapitalwerth des Guts gleich<lb/> der Summe, die ich durch Multiplikation mit 25 aus jenem Wirthſchaftsertrage<lb/> erhalte. Und hieraus erhellt, wie fehlerhaft es ſey, aus dem Ertrage eines Guts<lb/> direkte auf deſſen Werth zu ſchließen, wie dennoch bei den gewoͤhnlichen Anſchlaͤgen<lb/> geſchieht. Man ſucht den Fehler zwar durch einen andern Fehler wieder auszuglei-<lb/> chen, indem man den Ertrag weit geringer annimmt, als er bei einer gehoͤrigen<lb/> Bewirthſchaftung ſeyn koͤnnte. Nichts deſtoweniger aber bleibt dieſe Veranſchla-<lb/> gung unbeſtimmt, verleitend und von den nachtheiligſten Folgen fuͤr das Gewerbe.</p><lb/> <p>Selbſt das ſtehende Kapital — obwohl deſſen verſtaͤrkte Anlage zum Ertrage<lb/> der Wirthſchaft vieles beitraͤgt — kann doch bei beſchraͤnktem Vermoͤgen zu groß<lb/> gemacht werden, wenn dadurch das umlaufende Kapital zu ſehr geſchwaͤcht wird.<lb/> Durch eine zu große Verwendung auf den Ankauf des Viehes hat ſich mancher außer<lb/> Stand geſetzt, gehoͤriges Futter fuͤr ſelbiges bauen zu koͤnnen.</p> </div><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0058]
Das Kapital.
als Landwirth um ſo beſſer fahren, je mehr er davon als Betriebskapital zuruͤckhaͤlt,
und deshalb die Anlage des Grund-, und ſelbſt des ſtehenden Kapitals nicht zu hoch
macht. Denn der reine Ertrag des Gewerbes richtet ſich weniger nach dem Umfange
der Wirthſchaft, als nach der Summe der auf ihren Betrieb verwandten Koſten.
Es verſteht ſich jedoch von ſelbſt, daß dieſe Anlage ihre Grenzen habe, die aber
viel weiter hinausliegen, als man waͤhnt.
Ich ſage als Landwirth, denn der Guͤterhaͤndler hat ganz andere Regeln
in ſeinem Gewerbe zu befolgen, welches zu gewiſſen Zeiten und unter gewiſſen
Konjunkturen allerdings noch vortheilhafter, als der Betrieb der Landwirth-
ſchaft war.
In England, wo merkantiliſcher Kalkul und Scharfſinn ſich am meiſten uͤber
alle Gewerbe verbreitet hat, nimmt man an, daß das Betriebskapital, worunter
man aber daſelbſt das ſtehende Kapital immer mit begreift, ſieben bis neunmal ſo
ſtark ſeyn muͤſſe, als die Zinſen des Grundkapitals oder die Landrente. Wer ein
Gut von jaͤhrlich 1000 Rthlr. pachtet, muß 7 bis 9000 Rthlr. disponibles Vermoͤgen
haben. Man berechnet dann den Gewinn ſeines Gewerbes nicht nach der Pacht,
ſondern nach dieſem Betriebskapitale, und nimmt an, daß man 12 Prozent davon
haben muͤſſe, von 9000 Rthlr. alſo 1080 Rthlr. uͤber die Pacht. Iſt er Eigenthuͤ-
mer, ſo zieht er vom reinen Ertrage erſt jene Pacht oder Landrente ab, die er, ohne
Wirthſchaft zu betreiben, auch haben koͤnnte, und das Uebrige rechnet er als Ge-
winn des Gewerbes. Er wird aber nie ſo fehlerhaft ſchließen: Weil mir die Wirth-
ſchaft auf dieſem Gute 2080 Rthlr. eintraͤgt, ſo iſt der Kapitalwerth des Guts gleich
der Summe, die ich durch Multiplikation mit 25 aus jenem Wirthſchaftsertrage
erhalte. Und hieraus erhellt, wie fehlerhaft es ſey, aus dem Ertrage eines Guts
direkte auf deſſen Werth zu ſchließen, wie dennoch bei den gewoͤhnlichen Anſchlaͤgen
geſchieht. Man ſucht den Fehler zwar durch einen andern Fehler wieder auszuglei-
chen, indem man den Ertrag weit geringer annimmt, als er bei einer gehoͤrigen
Bewirthſchaftung ſeyn koͤnnte. Nichts deſtoweniger aber bleibt dieſe Veranſchla-
gung unbeſtimmt, verleitend und von den nachtheiligſten Folgen fuͤr das Gewerbe.
Selbſt das ſtehende Kapital — obwohl deſſen verſtaͤrkte Anlage zum Ertrage
der Wirthſchaft vieles beitraͤgt — kann doch bei beſchraͤnktem Vermoͤgen zu groß
gemacht werden, wenn dadurch das umlaufende Kapital zu ſehr geſchwaͤcht wird.
Durch eine zu große Verwendung auf den Ankauf des Viehes hat ſich mancher außer
Stand geſetzt, gehoͤriges Futter fuͤr ſelbiges bauen zu koͤnnen.
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