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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Landwirthschaftliche Buchhaltung.
weis und keine Sicherheit, daß er erreicht worden sey, und folglich auch keine Nach-
weisung, wie er vollkommener eingerichtet werden könne.

§. 233.

Mannigfal-
tige Formen.
Die Formen dieser Buchführung können mannigfaltig seyn. Bis jetzt ist es
wohl noch nicht entschieden, welche die zweckmäßigste und vollkommenste sey, ver-
muthlich, weil wir diese noch nicht besitzen. Es läßt sich daher bis jetzt noch keine
ganz allgemein und unbedingt anempfehlen, sondern man kann zureichende Gründe
haben, nach den Verhältnissen der Wirthschaft und des Wirthes eine andere zu wäh-
len, als man für die bessere erkennt. Wir haben der Vorschläge und Formeln dazu
seit einiger Zeit viele erhalten, deren Kritik uns hier zu weit abführen würde, in wel-
chen ich aber neben vielem Zweckmäßigen und Scharfsinnigen doch immer noch Lücken,
Schwierigkeiten und Unbestimmtheiten antreffe. Dies muß uns nicht wundern,
wenn wir bedenken, wie viel Fleiß und Scharfsinn darauf verwandt worden, die
kaufmännische Buchführung zu ihrer jetzigen Vollkommenheit zu bringen, und daß
dennoch auch darüber die Meinungen noch getheilt sind. Die vollständige landwirth-
schaftliche Buchführung hat aber Schwierigkeiten, die sich bei der kaufmännischen
nicht finden, weil sich bei dieser alles leichter auf einen gemeinschaftlichen Maaßstab,
nämlich das Geld, reduziren läßt. Uebrigens ist es nicht zu verlangen, daß ein mit
der Landwirthschaft sich praktisch beschäftigender und zugleich wissenschaftlicher Mann
das Studium hierauf verwenden solle, welches diese Angelegenheit nothwendig erfor-
dern würde, wenn man zur Erfindung des möglich zweckmäßigsten und vollkommen-
sten darin gelangen wollte. Andere aber, die ihre Zeit und Kräfte insbesondere dem
Rechnungswesen gewidmet haben, besitzen -- wenigstens ist mir bis jetzt noch kein
Fall bekannt -- nicht die allgemein umfassende Kenntniß und klare Ansicht von dem
höhern und rationellen Betriebe der Landwirthschaft, oder üben sie doch nicht praktisch
aus. Das letztere aber scheint mir nöthig zu seyn, um die Methode wirklich an ver-
schiedenen komplizirten Wirthschaften versuchen zu können, weil sich bei der Ausfüh-
rung oft Schwierigkeiten ergeben, die man sich bei der Theorie nicht denkt.

Da es uns also an einer vollkommenen Methode noch fehlt, so werde ich hier
eine Uebersicht von mehreren und von den verschiedenen Theilen, woraus sie zusam-
mengesetzt sind, geben; woraus sich nun ein jeder diejenige, welche seinen individuel-

Landwirthſchaftliche Buchhaltung.
weis und keine Sicherheit, daß er erreicht worden ſey, und folglich auch keine Nach-
weiſung, wie er vollkommener eingerichtet werden koͤnne.

§. 233.

Mannigfal-
tige Formen.
Die Formen dieſer Buchfuͤhrung koͤnnen mannigfaltig ſeyn. Bis jetzt iſt es
wohl noch nicht entſchieden, welche die zweckmaͤßigſte und vollkommenſte ſey, ver-
muthlich, weil wir dieſe noch nicht beſitzen. Es laͤßt ſich daher bis jetzt noch keine
ganz allgemein und unbedingt anempfehlen, ſondern man kann zureichende Gruͤnde
haben, nach den Verhaͤltniſſen der Wirthſchaft und des Wirthes eine andere zu waͤh-
len, als man fuͤr die beſſere erkennt. Wir haben der Vorſchlaͤge und Formeln dazu
ſeit einiger Zeit viele erhalten, deren Kritik uns hier zu weit abfuͤhren wuͤrde, in wel-
chen ich aber neben vielem Zweckmaͤßigen und Scharfſinnigen doch immer noch Luͤcken,
Schwierigkeiten und Unbeſtimmtheiten antreffe. Dies muß uns nicht wundern,
wenn wir bedenken, wie viel Fleiß und Scharfſinn darauf verwandt worden, die
kaufmaͤnniſche Buchfuͤhrung zu ihrer jetzigen Vollkommenheit zu bringen, und daß
dennoch auch daruͤber die Meinungen noch getheilt ſind. Die vollſtaͤndige landwirth-
ſchaftliche Buchfuͤhrung hat aber Schwierigkeiten, die ſich bei der kaufmaͤnniſchen
nicht finden, weil ſich bei dieſer alles leichter auf einen gemeinſchaftlichen Maaßſtab,
naͤmlich das Geld, reduziren laͤßt. Uebrigens iſt es nicht zu verlangen, daß ein mit
der Landwirthſchaft ſich praktiſch beſchaͤftigender und zugleich wiſſenſchaftlicher Mann
das Studium hierauf verwenden ſolle, welches dieſe Angelegenheit nothwendig erfor-
dern wuͤrde, wenn man zur Erfindung des moͤglich zweckmaͤßigſten und vollkommen-
ſten darin gelangen wollte. Andere aber, die ihre Zeit und Kraͤfte insbeſondere dem
Rechnungsweſen gewidmet haben, beſitzen — wenigſtens iſt mir bis jetzt noch kein
Fall bekannt — nicht die allgemein umfaſſende Kenntniß und klare Anſicht von dem
hoͤhern und rationellen Betriebe der Landwirthſchaft, oder uͤben ſie doch nicht praktiſch
aus. Das letztere aber ſcheint mir noͤthig zu ſeyn, um die Methode wirklich an ver-
ſchiedenen komplizirten Wirthſchaften verſuchen zu koͤnnen, weil ſich bei der Ausfuͤh-
rung oft Schwierigkeiten ergeben, die man ſich bei der Theorie nicht denkt.

Da es uns alſo an einer vollkommenen Methode noch fehlt, ſo werde ich hier
eine Ueberſicht von mehreren und von den verſchiedenen Theilen, woraus ſie zuſam-
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[212/0244] Landwirthſchaftliche Buchhaltung. weis und keine Sicherheit, daß er erreicht worden ſey, und folglich auch keine Nach- weiſung, wie er vollkommener eingerichtet werden koͤnne. §. 233. Die Formen dieſer Buchfuͤhrung koͤnnen mannigfaltig ſeyn. Bis jetzt iſt es wohl noch nicht entſchieden, welche die zweckmaͤßigſte und vollkommenſte ſey, ver- muthlich, weil wir dieſe noch nicht beſitzen. Es laͤßt ſich daher bis jetzt noch keine ganz allgemein und unbedingt anempfehlen, ſondern man kann zureichende Gruͤnde haben, nach den Verhaͤltniſſen der Wirthſchaft und des Wirthes eine andere zu waͤh- len, als man fuͤr die beſſere erkennt. Wir haben der Vorſchlaͤge und Formeln dazu ſeit einiger Zeit viele erhalten, deren Kritik uns hier zu weit abfuͤhren wuͤrde, in wel- chen ich aber neben vielem Zweckmaͤßigen und Scharfſinnigen doch immer noch Luͤcken, Schwierigkeiten und Unbeſtimmtheiten antreffe. Dies muß uns nicht wundern, wenn wir bedenken, wie viel Fleiß und Scharfſinn darauf verwandt worden, die kaufmaͤnniſche Buchfuͤhrung zu ihrer jetzigen Vollkommenheit zu bringen, und daß dennoch auch daruͤber die Meinungen noch getheilt ſind. Die vollſtaͤndige landwirth- ſchaftliche Buchfuͤhrung hat aber Schwierigkeiten, die ſich bei der kaufmaͤnniſchen nicht finden, weil ſich bei dieſer alles leichter auf einen gemeinſchaftlichen Maaßſtab, naͤmlich das Geld, reduziren laͤßt. Uebrigens iſt es nicht zu verlangen, daß ein mit der Landwirthſchaft ſich praktiſch beſchaͤftigender und zugleich wiſſenſchaftlicher Mann das Studium hierauf verwenden ſolle, welches dieſe Angelegenheit nothwendig erfor- dern wuͤrde, wenn man zur Erfindung des moͤglich zweckmaͤßigſten und vollkommen- ſten darin gelangen wollte. Andere aber, die ihre Zeit und Kraͤfte insbeſondere dem Rechnungsweſen gewidmet haben, beſitzen — wenigſtens iſt mir bis jetzt noch kein Fall bekannt — nicht die allgemein umfaſſende Kenntniß und klare Anſicht von dem hoͤhern und rationellen Betriebe der Landwirthſchaft, oder uͤben ſie doch nicht praktiſch aus. Das letztere aber ſcheint mir noͤthig zu ſeyn, um die Methode wirklich an ver- ſchiedenen komplizirten Wirthſchaften verſuchen zu koͤnnen, weil ſich bei der Ausfuͤh- rung oft Schwierigkeiten ergeben, die man ſich bei der Theorie nicht denkt. Mannigfal- tige Formen. Da es uns alſo an einer vollkommenen Methode noch fehlt, ſo werde ich hier eine Ueberſicht von mehreren und von den verſchiedenen Theilen, woraus ſie zuſam- mengeſetzt ſind, geben; woraus ſich nun ein jeder diejenige, welche ſeinen individuel-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/244>, abgerufen am 28.03.2024.