Jch führe diese seine Erklärung hier besonders an, weil ich glaube, er sey im Begriffe gewesen, in dieser einen Art von Fällen den Knoten aufzulösen. Aber er hat ihn nicht aufgelöset. Denn die Antwort, die er gab, war unzureichend. Das Mittel genüget zur Absicht. Wohl, aber die übrigen Mittel, die nicht gewählet werden, genügen auch. Bey diesen war also derselbige Grund, wie bey jenen. Warum wurde denn jenes, nicht diese, genommen? Mich deucht, es sey sehr auf- fallend, daß die Antwort so lauten müsse: es werde darum gewählet, weil es unserer sich bestimmenden Kraft jetzo vorlieget; nicht aber darum, weil es unserer innern wollenden Kraft eine eigne Bestimmung bey- bringet, und solche nun erst zu einer eigenen Handlung geschickt machet; sondern darum, weil es sich nun eben als ein Objekt darstellet, uns in diesem Augenblicke eben in den Sinn kommt, oder lebhafter und klärer uns gegenwärtig wird, als die übrigen. Es war die Ku- gel, die man der elastischen Feder eben vorlegte, da sie sich ausdehnte. Wie, wenn ein anderes Mittel statt des gewählten genommen worden wäre, würde alsdenn eine andere Aktion, eine andere Selbstbestimmung er- folget seyn? Nichts weniger; es würde dieselbige Aktion erfolget seyn, nur auf ein anderes Objekt verwendet. Da ist also nichts vorhanden, was außer dem innern wirksamen Princip einen zureichenden Grund erfo- dert, als nur der äußere Umstand, daß die Kraft auf dieses Objekt besonders appliciret ward; denn weiter ist nichts Eigenes in dem, was hiebey wirklich geschieht. Also war es die Gegenwart dieses Objekts, was hinzu kam; und nun hat alles das Jnnere und das Aeußere der erfolgten Aktion seinen völlig zureichenden Grund, warum es so, und nicht anders ist.
Lasset uns annehmen, die Fälle dieser Art, worinn wir uns zu Einem von mehrern gleichgültigen Dingen
ent-
IITheil. E
und Freyheit.
Jch fuͤhre dieſe ſeine Erklaͤrung hier beſonders an, weil ich glaube, er ſey im Begriffe geweſen, in dieſer einen Art von Faͤllen den Knoten aufzuloͤſen. Aber er hat ihn nicht aufgeloͤſet. Denn die Antwort, die er gab, war unzureichend. Das Mittel genuͤget zur Abſicht. Wohl, aber die uͤbrigen Mittel, die nicht gewaͤhlet werden, genuͤgen auch. Bey dieſen war alſo derſelbige Grund, wie bey jenen. Warum wurde denn jenes, nicht dieſe, genommen? Mich deucht, es ſey ſehr auf- fallend, daß die Antwort ſo lauten muͤſſe: es werde darum gewaͤhlet, weil es unſerer ſich beſtimmenden Kraft jetzo vorlieget; nicht aber darum, weil es unſerer innern wollenden Kraft eine eigne Beſtimmung bey- bringet, und ſolche nun erſt zu einer eigenen Handlung geſchickt machet; ſondern darum, weil es ſich nun eben als ein Objekt darſtellet, uns in dieſem Augenblicke eben in den Sinn kommt, oder lebhafter und klaͤrer uns gegenwaͤrtig wird, als die uͤbrigen. Es war die Ku- gel, die man der elaſtiſchen Feder eben vorlegte, da ſie ſich ausdehnte. Wie, wenn ein anderes Mittel ſtatt des gewaͤhlten genommen worden waͤre, wuͤrde alsdenn eine andere Aktion, eine andere Selbſtbeſtimmung er- folget ſeyn? Nichts weniger; es wuͤrde dieſelbige Aktion erfolget ſeyn, nur auf ein anderes Objekt verwendet. Da iſt alſo nichts vorhanden, was außer dem innern wirkſamen Princip einen zureichenden Grund erfo- dert, als nur der aͤußere Umſtand, daß die Kraft auf dieſes Objekt beſonders appliciret ward; denn weiter iſt nichts Eigenes in dem, was hiebey wirklich geſchieht. Alſo war es die Gegenwart dieſes Objekts, was hinzu kam; und nun hat alles das Jnnere und das Aeußere der erfolgten Aktion ſeinen voͤllig zureichenden Grund, warum es ſo, und nicht anders iſt.
Laſſet uns annehmen, die Faͤlle dieſer Art, worinn wir uns zu Einem von mehrern gleichguͤltigen Dingen
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IITheil. E
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und Freyheit.
Jch fuͤhre dieſe ſeine Erklaͤrung hier beſonders an, weil
ich glaube, er ſey im Begriffe geweſen, in dieſer einen
Art von Faͤllen den Knoten aufzuloͤſen. Aber er hat
ihn nicht aufgeloͤſet. Denn die Antwort, die er gab,
war unzureichend. Das Mittel genuͤget zur Abſicht.
Wohl, aber die uͤbrigen Mittel, die nicht gewaͤhlet
werden, genuͤgen auch. Bey dieſen war alſo derſelbige
Grund, wie bey jenen. Warum wurde denn jenes,
nicht dieſe, genommen? Mich deucht, es ſey ſehr auf-
fallend, daß die Antwort ſo lauten muͤſſe: es werde
darum gewaͤhlet, weil es unſerer ſich beſtimmenden
Kraft jetzo vorlieget; nicht aber darum, weil es unſerer
innern wollenden Kraft eine eigne Beſtimmung bey-
bringet, und ſolche nun erſt zu einer eigenen Handlung
geſchickt machet; ſondern darum, weil es ſich nun eben
als ein Objekt darſtellet, uns in dieſem Augenblicke
eben in den Sinn kommt, oder lebhafter und klaͤrer uns
gegenwaͤrtig wird, als die uͤbrigen. Es war die Ku-
gel, die man der elaſtiſchen Feder eben vorlegte, da ſie
ſich ausdehnte. Wie, wenn ein anderes Mittel ſtatt des
gewaͤhlten genommen worden waͤre, wuͤrde alsdenn
eine andere Aktion, eine andere Selbſtbeſtimmung er-
folget ſeyn? Nichts weniger; es wuͤrde dieſelbige Aktion
erfolget ſeyn, nur auf ein anderes Objekt verwendet.
Da iſt alſo nichts vorhanden, was außer dem innern
wirkſamen Princip einen zureichenden Grund erfo-
dert, als nur der aͤußere Umſtand, daß die Kraft auf
dieſes Objekt beſonders appliciret ward; denn weiter iſt
nichts Eigenes in dem, was hiebey wirklich geſchieht.
Alſo war es die Gegenwart dieſes Objekts, was hinzu
kam; und nun hat alles das Jnnere und das Aeußere
der erfolgten Aktion ſeinen voͤllig zureichenden Grund,
warum es ſo, und nicht anders iſt.
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wir uns zu Einem von mehrern gleichguͤltigen Dingen
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/95>, abgerufen am 16.02.2025.
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