Wassers, der ihn labet, derzeit wichtiger seyn, als der Besitz einer Quelle. Aber im Durchschnitt die Sache genommen, können wir den einzelnen Genuß eines Ver- mögens nicht höher schätzen, als den Trunk, den wir genießen; dagegen das Vermögen selbst für uns den Werth einer ganzen Quelle hat, aus der man immer schöpfen kann. Man muß außerordentlich durstig seyn, um diese für jenen hinzugeben. Das Gefühl aus dem Besitz ist ein anhaltendes Gefühl einer innern vielseitigen Wirksamkeit, wenn die letztere gleich nicht deutlich wahr- genommen wird. Das Gefühl aus der einzelnen An- wendung ist ein Gefühl aus einer zwar stärkern aber einseitigen Kraftäußerung. Jenes tragen wir allent- halben mit uns herum, und wissen es, daß es nicht so von Zufällen abhängt, wie das letztere. Es hat sich tief in uns festgesetzet, und ist zum Mittelpunkt von unzählig vielen Jdeenreihen geworden, die bey jeder Gelegenheit darauf zurückführen und es erneuern.
Diese Empfindung seines eigenen Werths ist bey dem Menschen eine Folge seines seinern Selbstge- fühls, seiner Thätigkeit und seines Bewußtseyns. Man kann ein Analogon davon einigen Thieren zuschreiben, die ein gewisses Zutrauen auf sich und ihre Kräfte, Muth, Stolz und Eitelkeit auf eine ähnliche Art durch Geberden anzeigen, als der Mensch. Aber dazu ist ihr Gefühl zu körperlich, zu grob und zu sehr nur bloß Ge- fühl der einzelnen Wirkungen ihrer Kräfte, als daß es, wie bey dem Menschen, abgesondert und in ein allge- meines Bild von dem Besitz eines Vermögens vereini- get werden könnte. Daher ist es auch nicht möglich, daß es bey dem Thier zu einem eigentlichen vorgestell- ten Zweck werde, sich Vermögen zu erwerben. Jn dem Menschen wird es dazu leicht und natürlich. Wir
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XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
Waſſers, der ihn labet, derzeit wichtiger ſeyn, als der Beſitz einer Quelle. Aber im Durchſchnitt die Sache genommen, koͤnnen wir den einzelnen Genuß eines Ver- moͤgens nicht hoͤher ſchaͤtzen, als den Trunk, den wir genießen; dagegen das Vermoͤgen ſelbſt fuͤr uns den Werth einer ganzen Quelle hat, aus der man immer ſchoͤpfen kann. Man muß außerordentlich durſtig ſeyn, um dieſe fuͤr jenen hinzugeben. Das Gefuͤhl aus dem Beſitz iſt ein anhaltendes Gefuͤhl einer innern vielſeitigen Wirkſamkeit, wenn die letztere gleich nicht deutlich wahr- genommen wird. Das Gefuͤhl aus der einzelnen An- wendung iſt ein Gefuͤhl aus einer zwar ſtaͤrkern aber einſeitigen Kraftaͤußerung. Jenes tragen wir allent- halben mit uns herum, und wiſſen es, daß es nicht ſo von Zufaͤllen abhaͤngt, wie das letztere. Es hat ſich tief in uns feſtgeſetzet, und iſt zum Mittelpunkt von unzaͤhlig vielen Jdeenreihen geworden, die bey jeder Gelegenheit darauf zuruͤckfuͤhren und es erneuern.
Dieſe Empfindung ſeines eigenen Werths iſt bey dem Menſchen eine Folge ſeines ſeinern Selbſtge- fuͤhls, ſeiner Thaͤtigkeit und ſeines Bewußtſeyns. Man kann ein Analogon davon einigen Thieren zuſchreiben, die ein gewiſſes Zutrauen auf ſich und ihre Kraͤfte, Muth, Stolz und Eitelkeit auf eine aͤhnliche Art durch Geberden anzeigen, als der Menſch. Aber dazu iſt ihr Gefuͤhl zu koͤrperlich, zu grob und zu ſehr nur bloß Ge- fuͤhl der einzelnen Wirkungen ihrer Kraͤfte, als daß es, wie bey dem Menſchen, abgeſondert und in ein allge- meines Bild von dem Beſitz eines Vermoͤgens vereini- get werden koͤnnte. Daher iſt es auch nicht moͤglich, daß es bey dem Thier zu einem eigentlichen vorgeſtell- ten Zweck werde, ſich Vermoͤgen zu erwerben. Jn dem Menſchen wird es dazu leicht und natuͤrlich. Wir
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XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
Waſſers, der ihn labet, derzeit wichtiger ſeyn, als der
Beſitz einer Quelle. Aber im Durchſchnitt die Sache
genommen, koͤnnen wir den einzelnen Genuß eines Ver-
moͤgens nicht hoͤher ſchaͤtzen, als den Trunk, den wir
genießen; dagegen das Vermoͤgen ſelbſt fuͤr uns den
Werth einer ganzen Quelle hat, aus der man immer
ſchoͤpfen kann. Man muß außerordentlich durſtig ſeyn,
um dieſe fuͤr jenen hinzugeben. Das Gefuͤhl aus dem
Beſitz iſt ein anhaltendes Gefuͤhl einer innern vielſeitigen
Wirkſamkeit, wenn die letztere gleich nicht deutlich wahr-
genommen wird. Das Gefuͤhl aus der einzelnen An-
wendung iſt ein Gefuͤhl aus einer zwar ſtaͤrkern aber
einſeitigen Kraftaͤußerung. Jenes tragen wir allent-
halben mit uns herum, und wiſſen es, daß es nicht ſo
von Zufaͤllen abhaͤngt, wie das letztere. Es hat ſich
tief in uns feſtgeſetzet, und iſt zum Mittelpunkt von
unzaͤhlig vielen Jdeenreihen geworden, die bey jeder
Gelegenheit darauf zuruͤckfuͤhren und es erneuern.
Dieſe Empfindung ſeines eigenen Werths
iſt bey dem Menſchen eine Folge ſeines ſeinern Selbſtge-
fuͤhls, ſeiner Thaͤtigkeit und ſeines Bewußtſeyns. Man
kann ein Analogon davon einigen Thieren zuſchreiben,
die ein gewiſſes Zutrauen auf ſich und ihre Kraͤfte,
Muth, Stolz und Eitelkeit auf eine aͤhnliche Art durch
Geberden anzeigen, als der Menſch. Aber dazu iſt ihr
Gefuͤhl zu koͤrperlich, zu grob und zu ſehr nur bloß Ge-
fuͤhl der einzelnen Wirkungen ihrer Kraͤfte, als daß es,
wie bey dem Menſchen, abgeſondert und in ein allge-
meines Bild von dem Beſitz eines Vermoͤgens vereini-
get werden koͤnnte. Daher iſt es auch nicht moͤglich,
daß es bey dem Thier zu einem eigentlichen vorgeſtell-
ten Zweck werde, ſich Vermoͤgen zu erwerben. Jn
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 830. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/860>, abgerufen am 22.11.2024.
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