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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.

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im Menschen.
ten zugleich Feuer giebt, und ein Schall entstehet, der
von jedem einzelnen Menschen gehört wird, so ist zwar
jeder Soldat für sich das hörende Wesen, aber man
kann nicht sagen, daß jeder allein diesen hörbaren
Knall würde hervorgebracht, und sich die Empfindung
davon verschafft haben. Jn diesem Beyspiel treffen
wir zuerst etwas objektivisches an, nämlich, die Bewe-
gungen in der Luft, die auf einmal durch alle Schüsse
hervorgebracht werden. Diese machen eigentlich das
Objekt aus, das kollektive in jedem einzelnen Gehör ge-
nommen der ganze Knall ist, der nur ein subjektivisches
Daseyn in den empfindenden Jndividuen hat.

Kann nicht jedes einfache Gefühl eine ganze Men-
ge anderer Aktus in sich enthalten, die noch keine Ge-
fühle sind, die in Reaktionen des zusammengesetzten
Seelenwesens auf den Körper bestehen, und die also auch
Aktionen des Körpers auf das Seelenwesen voraus-
setzen? Aber diese Aktus vereinigen sich in jedem ein-
fachen Theil des Ganzen. Daher geht ihre Kollektion
in jedem einzelnen einfachen Theil vor sich, und das
ist es, was nun diese Seelenäußerung zu einem Ge-
fühl
macht. Allein die letztere Vereinigung kann
nicht Statt finden, wenn nicht die sich vereinigenden
Aktus des Ganzen vorhanden sind, das ist, wenn nicht
alle Theile des Ganzen gewirkt haben.

Nun ist es zugleich offenbar, da es unter dieser Vor-
aussetzung mehrere Wesen geben muß, in denen die
Kollektionen der gesammten Gefühlsaktus vor sich
gehen, und da jene Kollektion diese letztern Aktus erst
zum Gefühl machet, oder doch zu einem Gefühl subjekti-
visch betrachtet, zu einem Schein des Gefühls; so wür-
de es auch eben so viele fühlende Wesen geben, als es
hörende Soldaten giebt, die den Knall des ganzen Re-
giments hören. Es ist nicht nur ein Haufe von We-
sen vorhanden, die solche Gefühlshandlungen her-

vor-

im Menſchen.
ten zugleich Feuer giebt, und ein Schall entſtehet, der
von jedem einzelnen Menſchen gehoͤrt wird, ſo iſt zwar
jeder Soldat fuͤr ſich das hoͤrende Weſen, aber man
kann nicht ſagen, daß jeder allein dieſen hoͤrbaren
Knall wuͤrde hervorgebracht, und ſich die Empfindung
davon verſchafft haben. Jn dieſem Beyſpiel treffen
wir zuerſt etwas objektiviſches an, naͤmlich, die Bewe-
gungen in der Luft, die auf einmal durch alle Schuͤſſe
hervorgebracht werden. Dieſe machen eigentlich das
Objekt aus, das kollektive in jedem einzelnen Gehoͤr ge-
nommen der ganze Knall iſt, der nur ein ſubjektiviſches
Daſeyn in den empfindenden Jndividuen hat.

Kann nicht jedes einfache Gefuͤhl eine ganze Men-
ge anderer Aktus in ſich enthalten, die noch keine Ge-
fuͤhle ſind, die in Reaktionen des zuſammengeſetzten
Seelenweſens auf den Koͤrper beſtehen, und die alſo auch
Aktionen des Koͤrpers auf das Seelenweſen voraus-
ſetzen? Aber dieſe Aktus vereinigen ſich in jedem ein-
fachen Theil des Ganzen. Daher geht ihre Kollektion
in jedem einzelnen einfachen Theil vor ſich, und das
iſt es, was nun dieſe Seelenaͤußerung zu einem Ge-
fuͤhl
macht. Allein die letztere Vereinigung kann
nicht Statt finden, wenn nicht die ſich vereinigenden
Aktus des Ganzen vorhanden ſind, das iſt, wenn nicht
alle Theile des Ganzen gewirkt haben.

Nun iſt es zugleich offenbar, da es unter dieſer Vor-
ausſetzung mehrere Weſen geben muß, in denen die
Kollektionen der geſammten Gefuͤhlsaktus vor ſich
gehen, und da jene Kollektion dieſe letztern Aktus erſt
zum Gefuͤhl machet, oder doch zu einem Gefuͤhl ſubjekti-
viſch betrachtet, zu einem Schein des Gefuͤhls; ſo wuͤr-
de es auch eben ſo viele fuͤhlende Weſen geben, als es
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giments hoͤren. Es iſt nicht nur ein Haufe von We-
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[207/0237] im Menſchen. ten zugleich Feuer giebt, und ein Schall entſtehet, der von jedem einzelnen Menſchen gehoͤrt wird, ſo iſt zwar jeder Soldat fuͤr ſich das hoͤrende Weſen, aber man kann nicht ſagen, daß jeder allein dieſen hoͤrbaren Knall wuͤrde hervorgebracht, und ſich die Empfindung davon verſchafft haben. Jn dieſem Beyſpiel treffen wir zuerſt etwas objektiviſches an, naͤmlich, die Bewe- gungen in der Luft, die auf einmal durch alle Schuͤſſe hervorgebracht werden. Dieſe machen eigentlich das Objekt aus, das kollektive in jedem einzelnen Gehoͤr ge- nommen der ganze Knall iſt, der nur ein ſubjektiviſches Daſeyn in den empfindenden Jndividuen hat. Kann nicht jedes einfache Gefuͤhl eine ganze Men- ge anderer Aktus in ſich enthalten, die noch keine Ge- fuͤhle ſind, die in Reaktionen des zuſammengeſetzten Seelenweſens auf den Koͤrper beſtehen, und die alſo auch Aktionen des Koͤrpers auf das Seelenweſen voraus- ſetzen? Aber dieſe Aktus vereinigen ſich in jedem ein- fachen Theil des Ganzen. Daher geht ihre Kollektion in jedem einzelnen einfachen Theil vor ſich, und das iſt es, was nun dieſe Seelenaͤußerung zu einem Ge- fuͤhl macht. Allein die letztere Vereinigung kann nicht Statt finden, wenn nicht die ſich vereinigenden Aktus des Ganzen vorhanden ſind, das iſt, wenn nicht alle Theile des Ganzen gewirkt haben. Nun iſt es zugleich offenbar, da es unter dieſer Vor- ausſetzung mehrere Weſen geben muß, in denen die Kollektionen der geſammten Gefuͤhlsaktus vor ſich gehen, und da jene Kollektion dieſe letztern Aktus erſt zum Gefuͤhl machet, oder doch zu einem Gefuͤhl ſubjekti- viſch betrachtet, zu einem Schein des Gefuͤhls; ſo wuͤr- de es auch eben ſo viele fuͤhlende Weſen geben, als es hoͤrende Soldaten giebt, die den Knall des ganzen Re- giments hoͤren. Es iſt nicht nur ein Haufe von We- ſen vorhanden, die ſolche Gefuͤhlshandlungen her- vor-

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/237>, abgerufen am 23.11.2024.