vor mir; ich vergleiche sie, und finde die eine angeneh- mer, als die andere; oftmals ist es auch das Angeneh- me des Weges, die Art der Bewegung, die ich im Hin- gehen habe, was den Entschluß auf eine Seite hinlen- ket. Allein in jedem Falle, auch in dem ersten, be- stimme ich mich nicht selbst, wenn das Gefallen, was der Vorstellung von dem Objekt anklebet, unmittelbar das Wollen und die Aktion nach sich ziehet; oder in der neuern Sprache zu reden, wenn die angenehme Schwin- gung in der Empfindungsfiber sogleich die Aktionsfiber zu ihrer vollen Bewegung bestimmet. Dieß letztere geschieht wohl zuweilen, allein das Selbstgefühl lehret, daß es da nicht so sey, wo ich mich selbst zu der Aktion bestimme. Jn diesem Fall finde ich jedesmal eine vor- hergehende jetzo gegenwärtige Vorstellung von der Aktion selbst in mir, ehe ich diese will. Die Empfindung des Angenehmen mag aus der Jdee von dem Objekt ent- stehen, und diese Jdee mir näher bringen; aber dieß ist noch nicht der Entschluß, oder die Selbstbestimmung des Willens. Dieß letztere ist, so zu sagen, ein neuer Andruck auf die Vorstellung von der Aktion, wodurch diese mehr und völliger reproduciret wird.
Aus diesem Charakter unserer Selbstbestimmungen folget, was wiederum unmittelbar durch die Beobach- tung bestätiget wird, "daß wir nichts wollen, und uns "zu keiner Kraftanwendung selbst bestimmen, als nur "zu solchen, von welchen wir Vorstellungen besitzen, "und die also schon vorher instinktartig erfolget sind, "ohne sie damals gewollt, oder uns selbst dazu bestim- "met zu haben." Jedoch setze ich dabey voraus, daß man sich bey diesem Satze zugleich auch an diejenige Einschränkung erinnern werde, welche ich ihm oben *) schon beygefügt habe.
3. Dritte
*) Zehnter Versuch II.
XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
vor mir; ich vergleiche ſie, und finde die eine angeneh- mer, als die andere; oftmals iſt es auch das Angeneh- me des Weges, die Art der Bewegung, die ich im Hin- gehen habe, was den Entſchluß auf eine Seite hinlen- ket. Allein in jedem Falle, auch in dem erſten, be- ſtimme ich mich nicht ſelbſt, wenn das Gefallen, was der Vorſtellung von dem Objekt anklebet, unmittelbar das Wollen und die Aktion nach ſich ziehet; oder in der neuern Sprache zu reden, wenn die angenehme Schwin- gung in der Empfindungsfiber ſogleich die Aktionsfiber zu ihrer vollen Bewegung beſtimmet. Dieß letztere geſchieht wohl zuweilen, allein das Selbſtgefuͤhl lehret, daß es da nicht ſo ſey, wo ich mich ſelbſt zu der Aktion beſtimme. Jn dieſem Fall finde ich jedesmal eine vor- hergehende jetzo gegenwaͤrtige Vorſtellung von der Aktion ſelbſt in mir, ehe ich dieſe will. Die Empfindung des Angenehmen mag aus der Jdee von dem Objekt ent- ſtehen, und dieſe Jdee mir naͤher bringen; aber dieß iſt noch nicht der Entſchluß, oder die Selbſtbeſtimmung des Willens. Dieß letztere iſt, ſo zu ſagen, ein neuer Andruck auf die Vorſtellung von der Aktion, wodurch dieſe mehr und voͤlliger reproduciret wird.
Aus dieſem Charakter unſerer Selbſtbeſtimmungen folget, was wiederum unmittelbar durch die Beobach- tung beſtaͤtiget wird, „daß wir nichts wollen, und uns „zu keiner Kraftanwendung ſelbſt beſtimmen, als nur „zu ſolchen, von welchen wir Vorſtellungen beſitzen, „und die alſo ſchon vorher inſtinktartig erfolget ſind, „ohne ſie damals gewollt, oder uns ſelbſt dazu beſtim- „met zu haben.‟ Jedoch ſetze ich dabey voraus, daß man ſich bey dieſem Satze zugleich auch an diejenige Einſchraͤnkung erinnern werde, welche ich ihm oben *) ſchon beygefuͤgt habe.
3. Dritte
*) Zehnter Verſuch II.
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XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
vor mir; ich vergleiche ſie, und finde die eine angeneh-
mer, als die andere; oftmals iſt es auch das Angeneh-
me des Weges, die Art der Bewegung, die ich im Hin-
gehen habe, was den Entſchluß auf eine Seite hinlen-
ket. Allein in jedem Falle, auch in dem erſten, be-
ſtimme ich mich nicht ſelbſt, wenn das Gefallen, was
der Vorſtellung von dem Objekt anklebet, unmittelbar
das Wollen und die Aktion nach ſich ziehet; oder in der
neuern Sprache zu reden, wenn die angenehme Schwin-
gung in der Empfindungsfiber ſogleich die Aktionsfiber
zu ihrer vollen Bewegung beſtimmet. Dieß letztere
geſchieht wohl zuweilen, allein das Selbſtgefuͤhl lehret,
daß es da nicht ſo ſey, wo ich mich ſelbſt zu der Aktion
beſtimme. Jn dieſem Fall finde ich jedesmal eine vor-
hergehende jetzo gegenwaͤrtige Vorſtellung von der Aktion
ſelbſt in mir, ehe ich dieſe will. Die Empfindung des
Angenehmen mag aus der Jdee von dem Objekt ent-
ſtehen, und dieſe Jdee mir naͤher bringen; aber dieß
iſt noch nicht der Entſchluß, oder die Selbſtbeſtimmung
des Willens. Dieß letztere iſt, ſo zu ſagen, ein neuer
Andruck auf die Vorſtellung von der Aktion,
wodurch dieſe mehr und voͤlliger reproduciret
wird.
Aus dieſem Charakter unſerer Selbſtbeſtimmungen
folget, was wiederum unmittelbar durch die Beobach-
tung beſtaͤtiget wird, „daß wir nichts wollen, und uns
„zu keiner Kraftanwendung ſelbſt beſtimmen, als nur
„zu ſolchen, von welchen wir Vorſtellungen beſitzen,
„und die alſo ſchon vorher inſtinktartig erfolget ſind,
„ohne ſie damals gewollt, oder uns ſelbſt dazu beſtim-
„met zu haben.‟ Jedoch ſetze ich dabey voraus, daß
man ſich bey dieſem Satze zugleich auch an diejenige
Einſchraͤnkung erinnern werde, welche ich ihm oben *)
ſchon beygefuͤgt habe.
3. Dritte
*) Zehnter Verſuch II.
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/118>, abgerufen am 23.11.2024.
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